BundesratStenographisches Protokoll864. Sitzung / Seite 52

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abgabenquote. Wir haben zuvor von der Mindestsicherung gesprochen: In der Schweiz wird eine Mindestsicherung von an die 4 000 Schweizer Franken diskutiert, wie du sicher weißt, lieber Kollege Mayer. Bei uns geht es in eine ganz andere Richtung. Daran sieht man das Wohlstandsgefälle zwischen der Schweiz und Österreich, und das ist sicherlich kein Blödsinn, den ich da sage, Herr Finanzminister. So schaut leider die Realität aus, und dieser muss man sich stellen.

Jetzt komme ich zum Außenhandel. Lieber Kollege Mayer, du hast sicher gehört, was der neue WIFO-Chef Badelt gesagt hat: Der Außenhandel stagniert. (Bundesrat Mayer: Ich habe nichts anderes gesagt! – Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig.) Der österreichische Außenhandel stagniert. Der Konsum stimmt schon, der Konsum hat das Jahr 2016 gerettet. Das war aber ein Einmaleffekt, weil die kalte Progression wirkt. Aber jetzt komme ich zur Korrektur: Der Export ist nur ein Drittel des Brutto­inlands­produktes, das wird oft falsch dargestellt. (Bundesrat Mayer: 60 Prozent!) – Das ist mit dem Import, das ist die gesamte Leistungsbilanz, und da haben wir ein Defizit, das jedes Jahr mehr auseinanderklafft und nur durch den Tourismus ausgeglichen wird. (Bundesrat Mayer: Ich habe von der Exportrate gesprochen!)

Deutschland eilt von einem Rekord zum nächsten Rekord im Leistungsbilanz­über­schuss, das sind andere Maßstäbe. Die Unternehmen werden dort von der Politik wesentlich stärker berücksichtigt, als dies in Österreich der Fall ist. (Bundesrat Mayer: Quote und Handelsbilanzdefizit sind zwei Paar Schuhe!)  Da hast du vollkommen recht. Der Außenhandel ist der Träger der österreichischen Wirtschaft. Man muss sich Gedanken machen und die Frage stellen, das ist ja die Pointe der ganzen Geschichte: Warum geht da nichts weiter? Warum – obwohl der Euro in den vergangenen vier, fünf Monaten gegenüber den anderen Währungen, Japanischem Yen und US-Dollar, um die 20 Prozent gefallen ist?

Man sagt ja volkswirtschaftlich vollkommen richtig, eine niedrige Währung kurbelt den Export an. Bei uns tut sich jedoch nichts mehr. Obwohl die Währung um 20 Prozent gefallen ist, wird der Export nicht angekurbelt. Da müssen doch Warnlampen angehen! Da muss man doch sagen: Okay, vielleicht ist es die Kostenstruktur, vielleicht sind es doch die hohen Steuern und Abgaben, die den Unternehmen zu schaffen machen, und darum passiert hier nichts. Allein in den letzten zehn Jahren sind an der Wiener Börse 40 Prozent delistet worden, das heißt, die sind von der Börse weggegangen. Warum? – Weil sie wissen: In Österreich hat der Kapitalmarkt ein Problem, er ist angeschlagen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.)

Sehr geehrter Herr Finanzminister, zu guter Letzt sei Ihnen – ich rede Unsinn? – Fol­gendes gesagt: Sie haben hier in Ihrer Rede gesagt, wir brauchen eine Regulierung des Finanzmarktes. (Bundesminister Schelling: Nächstes Mal sollten Sie zuhören ...!) Welche Regulierung? – Der ist zu Tode reguliert, der erodiert, der ist für die Unter­nehmerschaft eigentlich nicht mehr vorhanden. Woher soll hier noch Kapital kommen? (Bundesminister Schelling: Das ist ein Blödsinn! Er hat nicht zugehört!) Wieso sagen Sie, dass wir den Finanzmarkt regulieren müssen? (Bundesrat Mayer: Das stimmt ein­fach nicht! Das hat er nie gesagt! – Zwischenruf der Bundesrätin Junker.) Nein, wir brauchen eine Deregulierung, wir brauchen eine Stärkung des gesam­ten Unterneh­mertums.

Es kann nicht sein, dass beinahe jeder dritte Steuereuro in der Verwaltung des Staates hängenbleibt und ein Unternehmer 20 Prozent seiner Zeit für buchhalterische Tätig­keiten verwenden muss. Die Kosten des Steuerberaters, die in den letzten Jahren exorbitant gestiegen sind, weil die Steuerberater selbst sich in der Gesetzgebung nicht mehr zurechtfinden, sind hier gar nicht miteingerechnet. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


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