BundesratStenographisches Protokoll864. Sitzung / Seite 105

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schungs­zweige weniger gefördert werden beziehungsweise kein Geld mehr be­kommen? Das sind alles Fragen, die offen bleiben. Und wenn wir schon über Ziele und Maßnahmen reden, dann gehört für mich da normalerweise dazu, dass wir festlegen, wer was wann macht.

Ein heute bereits mehrmals angesprochenes zentrales Element dieses Berichts ist die Dekarbonisierung. In der letzten Sitzung des Bundesrates vor der Jahreswende haben wir uns über die fossilfreie Zukunft unterhalten. Ich will hier jetzt nicht wiederholen, was ich damals gesagt habe, und verzichte auf grundsätzliche Anmerkungen zum Thema Klimawandel. Das formulierte Ziel, nämlich bis 2050 die Dekarbonisierung weitgehend erreicht zu haben, ist für mich – ehrlich gesagt – bestenfalls eine Vision. Wie soll das erreicht werden? – Diese Frage bleibt unbeantwortet. Vor allem – und damit beschäf­tigt sich offensichtlich niemand so wirklich –: Was sind die Begleiterscheinungen und, ich wage zu sagen, Kollateralschäden solcher Maßnahmen?

E-Mobilität wurde ja schon als ein zentraler Punkt angesprochen. Es hat ja schon früher einmal Aussagen gerade dieser Institution gegeben, dass man bis 2025 keine fossil betriebenen Fahrzeuge mehr haben will oder es keine mehr geben wird. Die Befürworter berufen sich häufig und gerne auf eine EU-Studie, die besagt, dass es, wenn man mit einem Schlag von heute auf morgen alle Fahrzeuge auf Elektromobilität umstellt, nur einen Strommehrverbrauch von 15 Prozent bedeuten würde. Das ist eine klassische Milchmädchenrechnung! Wenn Sie einen Fachmann für elektrische Netze mit dieser Aussage konfrontieren, dann stellt der die Haare so auf, als würde er die Finger in eine Steckdose stecken, denn in einer solchen Aussage sind der Spitzen­bedarf und die erforderlichen Leitungskapazitäten überhaupt nicht berücksichtigt, also wenn beispielsweise alle am Abend gleichzeitig ihr Auto anstecken.

Man sollte vielleicht auch wieder einmal in Erinnerung rufen, dass eine Schnell­ladestation für einen Tesla 120 kW Anschlussleistung benötigt, während man im Woh­nungsbau im Durchschnitt mit 4 kW für eine Wohneinheit rechnet. Ein einziger Tesla benötigt also so viel Strom wie ein Gebäude mit 30 Wohneinheiten. Was das für den Netzausbau bedeutet und welche Kosten das verursacht, das hat, glaube ich, noch niemand ausgerechnet. Und wer wird diese Kosten dann schlussendlich tragen? Woher wird die Spitzenenergie kommen, die gebraucht werden wird? – Atomstrom soll es ja nicht sein; da sind wir alle einer Meinung – erneuerbare Energien also: Was­serkraft. Frau Kollegin Reiter, die jetzt leider nicht anwesend ist, hat heute in einem vorangegangener Tagesordnungspunkt beklagt, dass wir zu wenig für den Ausbau der erneuerbaren Energien tun. Ich empfinde das schon fast als Hohn, wenn ich mir vor Augen halte, was die Grünen in Graz beim Murkraftwerk aufführen, oder wenn ich an das Kraftwerk an der Sulm denke. Also mit dieser Zurück-auf-die-Bäume-Mentalität werden wir auch bei den erneuerbaren Energien nicht weiterkommen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Bundesrat Stögmüller: Das ist eben nicht überall sinnvoll!)

Es ist im Gespräch, südlich von Graz eine riesige Fotovoltaikanlage zu errichten. Das wäre auch etwas Erneuerbares. Da scheint es völlig egal zu sein, wie viel Ackerland dadurch verlorengeht – bei der dritten Flugpiste in Wien ist das ein Grund zur Ableh­nung. Gerade dieser aktuelle Fall mit der dritten Piste ist für mich ein gutes Beispiel für Kollateralschäden. Kollege Pfister hat das bereits einmal angesprochen. Zuerst wird mit Hurrageschrei der Klimaschutz in den Verfassungsrang erhoben, und dann wun­dern wir uns, wenn Richter das im Rahmen der sogenannten Interessenabwägung auch tatsächlich ernst nehmen. Nach einer Schrecksekunde beginnen dann die Politiker – oder zumindest einige von ihnen – aufzuschreien: Nein, so geht das nicht!

Was da also fehlt, ist eine Folgenabschätzung mit Maß und Ziel, wie das der Herr Vizekanzler heute bereits in einem anderen Zusammenhang gesagt hat. Wir sollten uns dann schon die Frage stellen: Was passiert? – Wir haben alle die Jubelmeldung


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