BundesratStenographisches Protokoll864. Sitzung / Seite 131

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

17.09.16

Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hass im Internet ist wahrlich ein wichtiges und er­schrecken­des Thema, in dessen Zusammenhang es durchaus Regulationsmechanismen bedarf und wo wir auch erkennen, dass einiges im Argen liegt, das auch nachhaltig beseitigt gehört.

Allerdings ist der vorliegende Entschließungsantrag in zweierlei Hinsicht hinterfragens­wert.

Zum einen denke ich, dass es schon jetzt ausreichende rechtliche Vorgaben gibt, sowohl im Strafrecht als auch im Zivilrecht. Ich denke dabei an die Bestimmungen betreffend Verhetzung, Herabwürdigung religiöser Lehren, aber auch Verleumdung, und gleichgelagerte rechtliche Bestimmungen in Bezug auf die Wahrung der per­sön­lichen Integrität gibt es auch im Zivilrecht.

Es gibt also genügend Rechtsbestimmungen, die schon gegenwärtig vorliegen, und die man einfach anwenden kann und auch anwenden sollte – das geschieht ja vielfach nicht. (Bundesrat Schennach: Wovor habt ihr denn so Angst?!) Diese sollten ange­wendet werden, um diesen Auswüchsen, speziell in den sozialen Medien, aber auch auf anderen Internetplattformen – darauf komme ich später noch ein wenig zurück –, entgegenwirken zu können.

Zum anderen stellt sich doch schon die Frage, wo die Freiheit der Meinung, des Gedankengutes, aber auch der Darstellung in einer Demokratie endet und wann es legitim ist, zensorisch einzugreifen. (Bundesrat Schennach: Es gibt so viele Auffälligkeiten, das ist bei euch ein hausgemachtes Problem!) Die Demokratie ist ein wichtiges und wertvolles Gut. Auch unsere Freiheit ist ein wichtiges und wertvolles Gut. Und das bin nicht ich, der das behauptet, sondern ich darf etwas zitieren: Man muss ein bisschen mehr aushalten können und sollte nicht gleich bei jedem kleinsten Aufschrei nach rechtlichen Sanktionen schreien. Insbesondere in der Kunstszene nimmt man sich oft viele Freiheiten heraus, und das hat auch durchaus seine Legitimation. (Bundesrat Schennach: Eure Homepage nimmt sich viele Freiheiten heraus!)

Ich denke daher, wir sollten uns bei aller kritischen Betrachtung der ausufernden und wirklich manchmal abscheulichen und verachtungswürdigen Postings oder anderen Verschriftlichungen oder auch Verbildlichungen in sozialen Netzwerken im Internet oder auf anderen Ebenen im Netz, die es zu verabscheuen gilt, trotzdem darauf besinnen, einen möglichst großen Toleranzbereich zu wahren.

Warum? – Ich erinnere an Zeiten, nicht nur in unserer früheren Geschichte, aber auch später in anderen Regimen, DDR, UdSSR, wo diese Freiheit in einer Art Meinungs­zensur nicht mehr gegeben war. Das Internet hat es damals zwar nicht gegeben, aber diese verabscheuungswürdigen Geschichten wären damals auch nicht möglich ge­wesen, und darüber hinaus auch sonst vieles nicht. Und genau das ist das Problem, das ich in diesem Zusammenhang orte. Das Problem ist: Wo fängt die Zensur an und wo hört sie auf?

Es ist schon so, dass auch die Frage, wer das Opfer und wer der Täter ist, eine Frage ist, die durchaus verschwimmen kann. Wenn ich Ihnen Beispiele geben darf: Hass­posting auf Kerns-FB-Seite: Dritter Nationalratspräsident wird verunglimpft. – Oder: „Kanzlerberater ruft zum Militärputsch gegen Trump auf.“ – Auch eine interessante Sache. (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.)

Ist das verabscheuungswürdig? Das muss ja nicht jedem gefallen, das gebe ich schon zu – ist auch nicht meine Meinung –, aber die Frage ist schon: Wollen wir das wirklich


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite