BundesratStenographisches Protokoll866. Sitzung / Seite 158

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16.51.01

Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich)|: Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich verrate Ihnen jetzt von dieser Stelle aus wahrscheinlich kein Geheimnis: Wir stehen diesen EU-Berichten eher kritisch ge­genüber.

Ich darf Ihnen versichern: Ich werde Sie auch heute nicht enttäuschen. (Bundesrat Beer: Danke!) Warum – der Herr Bundesminister lächelt –? – Weil sich diese Berichte unse­rer Erfahrung nach inhaltlich zumeist durch eine sehr hohe Absichtserklärungslastigkeit auszeichnen (Bundesrat Todt: ... schweres Wort!), die dann in der Realität, in der re­alen Betrachtung einerseits meist den tatsächlichen Notwendigkeiten, auf der anderen Seite aber auch den faktischen Umsetzungsmöglichkeiten eher diametral entgegenste­hen.

So ist es auch in diesem Fall: ein – ich würde einmal sagen – politisches Ankündigungs­programm der Europäischen Union mit durchaus kritischen Anmerkungen des Justiz­ministeriums, wofür ich mich beim Herrn Bundesminister auch durchaus bedanken darf, nämlich dafür, dass man hier nicht alles eins zu eins übernimmt – in einem Land, das ja von einer sehr großen EU-Hörigkeit geprägt ist und in dem die Bundesregierung in der Regel einen eher unterschwelligen Widerspruchsgeist zeigt, wenn es um Angele­genheiten der Europäischen Union geht. Aber in diesem Bericht kann man durchaus den einen oder anderen kritischen Widerspruch erkennen, und da darf ich auch auf den ei­nen oder anderen Punkt zurückkommen.

Bevor ich ins Detail gehe und ein paar Dinge herausgreife, die mir aufgefallen sind oder, sagen wir, am Herzen liegen: Alles in allem ist dieser Bericht – so wie viele Be­richte, die wir in den letzten Jahren in diesem Hohen Haus, zum Beispiel hier im Bun­desrat, gesehen haben – viel heiße Luft.

Ich darf gleich einmal in die Tiefe dieses Berichtes gehen: Er gliedert sich in einen straf­rechtlichen Bereich, einen zivilrechtlichen Bereich und den Justizbereich, wobei beim strafrechtlichen Bereich die Schaffung der Europäischen Staatsanwaltschaft besonders hervorsticht.

Die Frage ist, wofür wir Österreicher das brauchen. Selbst das Justizministerium sieht die Schaffung dieser Europäischen Staatsanwaltschaft höchst kritisch, das ist auch in diesem Bericht so dargelegt. Auch ich meine, wir haben in Österreich ein hohes straf­rechtliches Niveau und haben uns in den wichtigen Belangen, wo es internationale Ab­stimmungen gibt, bilateralen Zugängen, bilateralen Abkommen oder bilateralen vertrag­lichen Verpflichtungen nicht entzogen.

Dass wir nunmehr heimisches Recht gänzlich in eine große EU-Staatsanwaltschaft le­gen sollen, das ist doch etwas völlig anderes, nämlich eine neue Form negativer Quali­tät in Bezug auf die Enteignung der Staaten. (Bundesrätin Kurz: Das gibt’s da nicht wirklich!) Ich denke, aus diesem Ansatz heraus lohnt es sich, diesen Bericht und die­ses Vorhaben generell abzulehnen.

Interessant ist im Zusammenhang mit dieser Europäischen Staatsanwaltschaft der Um­stand, dass das Justizministerium dazu zwar kritische Anmerkungen macht – nämlich zur Schaffung dieser Europäischen Staatsanwaltschaft und zu den Problemen, die da­mit einhergehen –, dem aber schlussendlich trotzdem zustimmt.

Darf ich vielleicht Sie, Herr Bundesminister Brandstetter, ersuchen, uns ein bisschen da­rüber aufzuklären, denn entweder hält man das für in Ordnung und kann dem zustim­men, oder man hat eine Position, in der man sagt, das geht gar nicht und da kann man auch nicht zustimmen. Zu sagen: Ich bin damit nicht einverstanden und stimme aber trotzdem zu!, das ist eine Qualität, die ich nicht als gut erachte. Vielleicht können Sie uns darüber aufklären, vor allem auch deshalb, weil ja nicht alle Mitgliedstaaten der Eu-


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