BundesratStenographisches Protokoll866. Sitzung / Seite 164

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ten wir vielleicht andere Dinge dringender gebraucht als das, was damals gerade als prioritär angesehen wurde. Daher ist Kritik an der Prioritätensetzung der Europäischen Union, auch im legistischen Bereich – und den kann ich beurteilen –, sicherlich durch­aus berechtigt, und die soll man auch wirklich diskutieren – keine Frage!

Ja, auch ich bin der Meinung, dass, wenn man schon vom gemeinsamen Haus Europa spricht und feststellt, das Dach ist undicht, es regnet herein, die Außenhaut ist undicht, das dann das wichtigste Problem und viel wichtiger als die Frage, welche Glühbirnen darunter verwendet werden, ist. Ja, das ist alles richtig, grundsätzlich, generell, wenn Sie wollen, der grundsätzlich emotional geprägten Kritik muss man sich stellen.

Unabhängig davon muss man aber schon auch sagen, in den einzelnen Punkten, die hier angesprochen wurden, geht es um wirklich sachliche Auseinandersetzung, geht es um Argumente. Dazu muss man einiges klarstellen. Erster Punkt: die Europäische Staats­anwaltschaft. Herr Bundesrat, du hast das erwähnt, da geht es bitte nicht darum, dass europäische Staatsanwälte den Job unserer Staatsanwälte im Inland übernehmen sol­len – überhaupt nicht! –, sondern da geht es nur darum, dass europäische Staatsanwalt­schaften oder eine europäische Staatsanwaltschaft die Möglichkeit haben soll, den Be­trug zum Nachteil der Europäischen Union als solchen zu bekämpfen – inkludierend auch den Mehrwertsteuerbetrug –, und das geht nur grenzüberschreitend.

Da ist auch der Mehrwert, den du zu Recht eingefordert hast. Der Mehrwert ist, dass wir etwas bekämpfen können, das wir bisher einzelstaatlich kaum bekämpfen konnten. Das heißt, da können wir eigentlich alle miteinander nur gewinnen, daher macht das durch­aus Sinn. Unsere Kritik bezog sich auf die praktische Umsetzung. Ja, ich habe auch im Justizministerrat gesagt: Das ist so wie bei einem Flugzeug, eine große Idee braucht Flügel und ein Fahrgestell. Uns geht es um das Fahrgestell. Es gibt da Regelungen, von denen wir meinen, dass man sie im Sinn von mehr Praktikabilität noch verbessern kann.

Grundsätzlich ist das richtig und kann es nur einen Mehrwert darstellen, wenn wir end­lich auch grenzüberschreitende Betrugshandlungen zum Nachteil des Budgets der Eu­ropäischen Union – in das wir als Nettozahler selbst einzahlen – besser bekämpfen kön­nen. Deshalb bin ich auch dafür, dass wir da mitmachen. Ich kann es nur noch nicht de­klarieren, einfach deshalb, weil sich zuletzt auch gezeigt hat, dass Kosten damit ver­bunden sein könnten. Daher muss ich das mit dem Finanzressort abstimmen – und das tun wir gerade.

Grundsätzlich würde ich aber meinen, es macht auch für Österreich Sinn, bei der kürz­lich begonnenen verstärkten Zusammenarbeit mitzutun; und es wäre schön, wenn wir Mitgliedsland Nummer zwölf werden könnten, das da mitmacht – vorausgesetzt, das Fi­nanzressort stimmt dem zu. Unter dem Strich, wie gesagt, kann es ja eigentlich nur ei­nen Mehrwert darstellen, durchaus auch im ökonomischen Sinn.

Was die beiden anderen Punkte betrifft, die hier Gegenstand einer Frage waren: Eine Ein-Mann-GesmbH gibt es auch jetzt in unserem Recht; aber in einem Punkt muss ich Ihnen auch durchaus recht geben, wir werden natürlich – und das ist auch unsere Li­nie – schon darauf schauen, dass auch der Gläubigerschutz in diesem Bereich nicht zu kurz kommt. Das ist uns wichtig. Und insofern ist das auch etwas, was wir uns immer sehr genau anschauen werden, auch unter dem Aspekt, wie weit man da überhaupt im Sinn einer Vereinheitlichung gehen kann und soll.

Der letzte Punkt, der von Frau Bundesrätin Dr. Dziedzic angesprochen worden ist, ist ein sehr vielschichtiges Problem: Strafbarkeit im Internetbereich. Da geht es einerseits darum, dass Sicherheitsbehörden und Justizbehörden auf Daten im Netz – unter rechts­staatlicher Kontrolle – besser zugreifen können sollen, andererseits geht es auch da­rum, dass man Internetkonzerne möglichst dazu zwingen können sollte, illegale Inhalte schnell wieder aus dem Netz zu entfernen.

 


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