BundesratStenographisches Protokoll867. Sitzung / Seite 76

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wenn man die Bestimmungen des § 6 Abs. 2 außer Acht lässt, ganz gut leben: die Fristsetzungen, die hier geändert wurden, die Schutzbestimmungen betreffend Veran­staltungsräume. (Bundesminister Sobotka betritt den Saal.) – Ah, da ist der Herr Bun­desminister! Wir haben schon gedacht, Sie wollen uns heute nicht besuchen.

All das ist grundsätzlich ein guter und richtiger Ansatz. Was es allerdings von unserer Seite zu bemängeln gibt und weswegen wir dieser Vorlage unsere Zustimmung nicht ge­ben können, ist, wie gesagt, die Bestimmung des § 6 Abs. 2.

Warum ist das so? – Darin wird festgelegt, dass eine Versammlung von der Bundesre­gierung untersagt werden kann, wenn sie unter anderem außenpolitischen Interessen zuwiderläuft. – Das ist eine, nett ausgedrückt, demokratiepolitisch höchst bedenkliche For­mulierung. Man könnte es auch schärfer formulieren und sagen: Der Willkür sind Tür und Tor geöffnet, oder auch: Der politische Missbrauch ist damit eröffnet.

Worauf will ich hinaus? – Wenn ich außenpolitische Interessen mit verfassungsmäßig gewährleisteten Grund- und Freiheitsrechten gleichsetze, dann ist das eine Abwägung, die einer ordentlichen verfassungsmäßigen Abwägung nicht standhält. Die außenpoliti­schen Interessen sind kein verfassungsmäßig verbrieftes Grundrecht, und aus diesem Grund finde ich es höchst bedenklich, dass man über eine Umkehr des Gesetzes die außenpolitischen Interessen der Bundesregierung mit den Grundwerten, die unsere Ver­fassung vorgibt, gleichsetzt, um durch die Hintertür unliebsame Versammlungen einfach zu verbieten.

Das ist nicht korrekt und verfassungsmäßig höchst bedenklich. Selbst wenn man hört, dass das so nicht beabsichtigt ist, und man es aufgrund der aktuellen Lage mit türki­schen Problemstellungen in der Vergangenheit einigermaßen zu erklären versucht, bleibt noch immer der schale Beigeschmack, dass man das auch anders anwenden könnte.

Das Beispiel des Besuchs des Dalai Lama, der als Drittstaatsangehöriger in Österreich vielleicht eine Kundgebung besuchen möchte und damit einfach den wirtschaftlichen, ist gleich außenpolitischen, Interessen zuwiderläuft, weil man im internationalen Bereich mit China nicht in einen Konflikt eintreten möchte, bietet sich geradezu an.

Ich könnte es jetzt auch noch ein bisschen spitzer formulieren: Man könnte das natür­lich auch auf EU-kritische Veranstaltungen ausweiten. Man könnte beispielsweise un­ter dieser Bestimmung eine Marine Le Pen ausladen, wenn sie bei einer EU-kritischen Veranstaltung der FPÖ auftreten würde. Das könnte man genauso unter diesen Para­grafen subsumieren und bestimmen, dass das vielleicht wider die außenpolitischen In­teressen der Republik ist oder ein Faktum, dem die Bundesregierung nicht wohlgefällig gegenübersteht.

Und dann wäre es ein Leichtes, mit dieser Bestimmung anlassbezogen das Recht zu biegen, die verfassungsmäßigen Grundsätze außer Kraft zu setzen und die Grundrech­te der Österreicherinnen und Österreicher zu übergehen. Das ist nicht korrekt.

Bei aller Wertschätzung dafür, dass wir das Versammlungsrecht zu Recht modifiziert und auch ein bisschen modernisiert haben: Diese Bestimmung ist der Grund dafür, dass wir in dieser Sache nicht mitgehen können. Wohl mit gutem Recht, wie ich meine! Ich glau­be auch, dass wir uns allgemein als Gesetzgeber keinen guten Dienst erweisen, wenn wir eine derartig fragwürdige und auch in einem derart krassen Widerspruch zur Ver­fassung und den Grundrechten der Verfassung stehende Bestimmung einfach so sa­lopp durchwinken, um ein anlassbezogenes Problem zu lösen, die Lösung selbst jedoch einen durchaus existierenden Problemfaktor in sich trägt.

Ich glaube, wir wären gut beraten, zu den Grundsätzen der Verfassung zurückzukeh­ren, und darin haben solche Bestimmungen wahrlich nichts verloren. – Danke schön. (Bei­fall bei der FPÖ.)

12.41

 


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