BundesratStenographisches Protokoll867. Sitzung / Seite 114

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wollen? Was haben sich auch manche Angehörige gedacht? – Ich glaube nicht, dass dort nie jemand hineingekommen ist.

Sie haben vorhin auch gesagt, Psychopharmaka und sedierende Medikamente bedür­fen der Verschreibung der Ärzte. Wohin haben die betreuenden Ärzte aus der Umge­bung geschaut? Gibt es da wirklich Listen, die in die Arztpraxis geschickt werden, und dann werden die Medikamente verpackt und abgeliefert? Ich würde davon ausgehen, dass doch auch hin und wieder ein Arzt dort auftaucht und nachschaut, ob das noch notwendig ist, ob man vielleicht etwas verbessern kann oder ob der zu Pflegende wirk­lich 24 Tabletten am Tag nehmen muss – was gar nicht so ungewöhnlich ist.

Noch etwas fällt auf, nämlich Probleme in der Gesundheitsversorgung generell. Der Be­richt stellt auf Seite 31 fest, dass es Bezirke in Österreich gibt, zum Beispiel Tamsweg im Lungau, in denen nach wie vor keine Psychiaterinnen und Psychiater als Vertrags­partner der Krankenkassen tätig und daher auch nicht als Konsiliar-Fachärztinnen
und -Fachärzte vor Ort für Heime verfügbar sind. Wie sollen denn da eine neurologi­sche oder psychiatrische Diagnostik und Behandlung gewährleistet werden? (Bundes­rätin Kurz: Das versucht die SPÖ in Salzburg seit Jahren!) Und das betrifft auch die An­stellung von PhysiotherapeutInnen für die Mobilitätsförderung und -erhaltung, die gera­de bei der älteren Generation sehr notwendig ist. Aber woher nehmen?

Das betrifft aber auch die gesamte Bevölkerung vor Ort, nicht nur die zu Pflegenden in den Alten- und Pflegeheimen. Weichen dort alle auf Wahlärzte aus? Ist das gewollt, hat das System? – Diese Frage stellt sich schon, denn schließlich und endlich bezahlen wir alle genügend Sozialversicherungsbeiträge, sodass wir in dieser Hinsicht auch versorgt werden wollen.

Wir haben schon gehört, Riesenprobleme im Pflegebereich sind Überlastung, die Opti­mierung – ich bin auch im Prüfungsausschuss des Sozialhilfeverbandes, und Optimieren ist auch dort immer ein Thema –, fehlendes Pflegepersonal, Finanzierungsdiskussionen. Und daher ist vieles, das den Lebensabend lebenswert macht, nicht mehr möglich.

Wir haben in meinem Bezirk ein neues Altenheim gebaut, ein sogenanntes Seniorium, schön, sonnendurchflutet, mit großen Aufenthaltsbereichen, also wirklich lebenswert kon­zipiert, nur hat das Personal dort auch nicht die Zeit, sich jeden Nachmittag hinzuset­zen, mit den älteren Herrschaften ein Bilderbuch anzuschauen, Zeitschriften durchzu­blättern, sich jeden Tag zehnmal dieselben Geschichten anzuhören. Das wäre aber enorm wichtig.

Wie Monika Mühlwerth heute schon gesagt hat: Das ist keine Pauschalverurteilung der Branche, darum geht es überhaupt nicht, aber wenn im Zuge des Berichtes über eine Untersuchung derart entwürdigende Zustände sichtbar werden, dann, denke ich, muss man auch andere Einrichtungen, die jetzt nicht begutachtet wurden, wertfrei betrach­ten. Seien wir doch ehrlich, wir wissen, dass es so ist, dass einfach geschaut wird, dass die Küchen in den Heimen um 18 Uhr Schluss machen können, das heißt, das Essen wird irgendwann um 17 Uhr ausgegeben. Beim Nachtdienst ist keine volle Belegschaft da, das heißt, man schaut, dass die Leute vorher im Nachtgewand sind.

Ich habe das bei meiner Mutter erlebt. Man muss dazusagen, die ältere Generation ist eine sehr dankbare Generation. Meine Mutter war nach einer Knieoperation drei Wo­chen lang in einer Übergangspflege, bis zur Reha, und war wirklich sehr dankbar und hat sich sehr gefreut, weil sich alle so um sie gekümmert haben. Aber es war dort ganz klar, um 17 Uhr waren alle im Nachtgewand, und wenn das Wetter schön war, konnte man noch auf die Terrasse gehen, aber es wäre nachher niemand mehr dagewesen, der sich adäquat darum hätte kümmern können. Aber das ist der älteren Generation gar nicht be­wusst. Sie hat das – auch gestern wieder im Gespräch mit ihr – überhaupt nicht negativ zur Kenntnis genommen, sondern hatte vollstes Verständnis, weil sich das Pflegeper­sonal um sie wirklich gut gekümmert hat. Aber es waren einfach keine Ressourcen da.

 


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