BundesratStenographisches Protokoll867. Sitzung / Seite 119

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Wieso passieren denen – Menschen, die sich dagegen nicht wehren können – men­schenunwürdige Behandlungen? Und was können wir alle machen, um in Zukunft die­se Dinge zu verhindern? Ich will sie im Einzelnen gar nicht aufzählen; wir haben sie schon gehört, wir haben sie alle gelesen.

Wir wissen, es geht um die Generation unserer Eltern und Großeltern. Wir alle haben Eltern und Großeltern oder hatten welche. Die einen oder anderen Erlebnisse hatten wir selbst mit Eltern oder Großeltern oder anderen Verwandten, die in Einrichtungen wa­ren. Manche waren gut, manche weniger. Eines muss uns wohl klar und auch ein Be­dürfnis sein: In einem Sozialstaat wie Österreich muss es möglich sein, allen Men­schen – ich betone: wirklich allen Menschen – einen würdigen Lebensabend zu ermög­lichen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätinnen Zwazl und Schreyer.)

Ich muss sagen, ich bin froh, dass die Volksanwaltschaft diese Missstände dieses Mal so deutlich aufgezeigt hat. Es ist ja nicht das erste Mal, dass es einen Bericht der Volksanwaltschaft zu den Missständen in manchen Einrichtungen gibt, aber durch die­se heftige Reaktion aller ist es vielleicht auch möglich, dass endlich einmal alle gemein­sam an einem Strang ziehen. Ich muss ehrlich sagen, ich stimme dir zu, ich erwarte jetzt auch von den Ländern – wenngleich ich wirklich auch Föderalistin bin und das schon in vielen meiner Reden bewiesen habe – einmal Bewegung, was bundeseinheitliche ver­bindliche Qualitätskriterien betrifft. Es kann ja wohl nicht wahr sein, dass das nicht mög­lich ist! Ich verstehe das irgendwie nicht. Denn: Welcher Unterschied bitte besteht zwi­schen einer demenzkranken alten Frau im Burgenland und einer in Niederösterreich oder in Vorarlberg? Wieso muss die in einem anderen Bundesland anders behandelt werden? Ich verstehe das nicht, und ich sage euch etwas: Niemand in der Bevölkerung versteht das! (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Es ist schon angeführt worden, worum es da alles geht, das brauche ich nicht zu wie­derholen. Es ist natürlich auch im Sinne der über 45 000 Beschäftigten, dass die öffent­liche Hand nicht nur das Geld hergibt – das Geld spielt natürlich immer eine große Rol­le –, sondern auch Zielsteuerung betreibt. Es hat ja einige erste Ansätze gegeben – der Herr Bundesminister hat es schon erwähnt –: In der letzten Novelle zum Pflegefonds­gesetz sind erstmals personelle Mindeststandards festgelegt worden, der Ausbau von Qualitätssicherungssystemen, die Erhöhung des Versorgungsgrades professioneller Pfle­gedienste sind vereinbart worden, aber eben nicht ganz so verbindlich, wie wir uns das eigentlich wünschen.

Es ist schon betont worden, es geht auch um Aufsicht, es geht um Kontrolle, und es geht natürlich, damit beaufsichtigt und kontrolliert werden kann, auch um die dafür notwen­digen Dokumentationen. Wenn nichts aufgeschrieben wird, wie soll man dann kontrol­lieren?

Das sollen die Länder weiterhin machen – davon bin ich auch überzeugt –, aber es darf nicht nur um diese strukturellen Gegebenheiten gehen, also um Zahlen und Fakten. Was man wirklich braucht, ist eine transparente und valide Pflegeergebnisqualitätsbeurtei­lung, denn nur so können wir schlussendlich wissen: Was passiert denn wirklich in den Heimen? Und wie geht es den dort Arbeitenden, und wie geht es den dort Lebenden?

Wir haben es gehört, wir wissen es allerdings nicht erst seit heute, dass das Pflege­personal oft überlastet wird und dass es oft hin- und hergerissen ist zwischen dem, was es in seiner Ausbildung gelernt hat – hohe Standards, Leistungsbereitschaft, Berufsethos –, und dem, womit es in der Praxis konfrontiert wird, nämlich mit Zeit- und Kostendruck, vor allem bei der Betreuung einer ständig steigenden Anzahl von Menschen mit Demenz und anderen kognitiven Beeinträchtigungen. Hier steht sehr oft nicht das nötige Per­sonal zur Verfügung, denn gerade diese Menschen brauchen besondere persönliche Auf­merksamkeit und Wertschätzung.

 


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