BundesratStenographisches Protokoll869. Sitzung / Seite 12

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Straftaten im Zusammenhang mit dem Terrorismus. Seit 2014 gab es insgesamt 1 052 An­zeigen, davon 74 Verurteilungen und 149 Festnahmen. Weiters gehen wir von einer er­höhten Gefährdungslage in Österreich aus, der Grund dafür ist die Etablierung islamis­tisch-extremistischer Strukturen.

Eine große Gefahr geht von den sogenannten Dschihadreisenden aus. Es handelt sich dabei um aus Österreich stammende Personen, die beabsichtigten, daran gehindert wurden oder es geschafft haben, nach Syrien einzureisen, um den IS zu unterstützen. Die Entwicklung von 2012 bis 2017: Von insgesamt 304 Dschihadreisenden sind 94 zurückgekehrt, 53 sind verstorben, 104 noch im Krisengebiet und 53 wurden an der Ausreise gehindert. Bemerkenswert dabei ist, dass die größte Gruppe der Dschihadrei­senden ethnische Tschetschenen sind, nämlich 125, gefolgt von Staatsangehörigen der Türkei, von Bosnien-Herzegowina und von Afghanistan.

Ich möchte an dieser Stelle auch die Altersstruktur hervorheben, weil ich glaube, dass das ein ganz wichtiges Argument bei den noch zu setzenden und schon gesetzten Maß­nahmen ist. Wir haben festgestellt, dass die Radikalisierung in einem Alter von 13, 14 Jah­ren beginnt und mit 25 Jahren die Gefährdungslage am größten ist; danach sinkt die Gefahr, sinkt das Risiko von terroristischen Aktivitäten. Ich sage das deswegen so ein­dringlich, weil wir da auch bei den minderjährigen Asylwerbern sehr, sehr vorsichtig sein müssen, da in diesem Bereich ein sehr hohes Potenzial besteht, in diese Kreise abzu­driften.

Aktuell sind 26 Dschihadisten in Haft, von denen zehn bei der Ausreise angehalten wur­den und 16 aus dem Krisengebiet zurückgekehrt sind. Es handelt sich dabei um 13 Rus­sen, neun Österreicher, zwei Türken, einen Serben und einen bulgarischen Staatsbür­ger. Zu der Zahl der russischen Staatsangehörigen ist zu sagen, dass es sich dabei aus­nahmslos um Tschetschenen handelt.

Derzeit steht die Zahl der Ausreisen nach Syrien und in den Irak praktisch auf null. Eine Verringerung der Gefahr bedeutet das aber auf keinen Fall, weil die Gefahr von Anschlägen im Inland dadurch steigt. Um dieser Gefahr wirksam entgegentreten zu kön­nen, ist es unbedingt notwendig, Maßnahmen gegen diese Gefährder zu setzen: Aus­forschung von Radikalisierungs- und Rekrutierungseinrichtungen, Überwachungsmaß­nahmen zur Risikokontrolle und -minimierung, konsequente strafrechtliche Verfolgung aller Akteure, Schulungen und Sensibilisierung von Exekutivbeamten im Rahmen von Seminaren und – als letzten Punkt – Kontakt mit den relevanten Glaubensgemein­schaften.

Die Maßnahmen gegen die Radikalisierung sind ausgearbeitet und stehen kurz vor der Umsetzung, und auf diese will ich auch etwas genauer eingehen.

Erstens: bundesweites Netzwerk zur Extremismusprävention und Deradikalisierung ab Juli 2017. Es handelt sich dabei um ein ressortübergreifendes Projekt unter Einbindung der NGOs mit Bündelung aller Maßnahmen, unter der federführenden Leitung des BVT.

Zweitens: Programm zum Ausstieg aus dem gewaltbereiten Extremismus ab Herbst 2017. Dieses wird vom bundesweiten Netzwerk koordiniert und von Experten aus der Zivilge­sellschaft, wie zum Beispiel Verein Neustart, Verein Derad, Beratungsstelle Extremis­mus, umgesetzt.

Drittens: Beratungsstelle Extremismus beim Bundesministerium für Justiz, zentrale An­laufstelle für radikalisierte Jugendliche oder deren Angehörige. Seit 2014 gab es dort 2 300 Anrufe und 108 persönliche Beratungen.

Viertens: Schulungsoffensive „Radikalisierung und Rekrutierung“ für Präventionsbeam­te. Bislang wurden 250 Beamte geschult.

 


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