BundesratStenographisches Protokoll871. Sitzung / Seite 14

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Kohl hat uns die Chance gegeben, Teil von etwas zu sein, das größer ist als wir selbst, größer als unsere Amtszeiten, größer als unsere vergänglichen Karrieren. Das einzige Geschenk, das wir hinterlassen können, ist eine bessere Welt für unsere Kinder und die Freiheit, ihre eigenen Entscheidungen treffen zu können, inklusive ihrer eigenen Fehler. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie bei Bundesräten der FPÖ.) – Ja, da darf man applaudieren. Danke.

Mich hat tief bewegt, dass ein US-Präsident an das erinnert hat, wofür wir als Man­datare, gerade wir Bundesrätinnen und Bundesräte, da sind, nämlich dafür, Teil von etwas zu sein, das größer ist als wir selbst. Das können wir und das werden wir auch sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Der Vertrag von Lissabon hat vor beinahe acht Jahren einige positive Neuerungen gebracht, die von den Nationalstaaten, insbesondere auch von Österreich, sehr inten­siv genutzt werden. Wir sind jedoch mit dem Brexit, also dem Austritt der Briten aus der Europäischen Union, in eine schwierige Situation geraten: Das europäische Haus hat einen Dachschaden! Es regnet herein, und wir müssen nun speditiv an einer Reparatur arbeiten. Dazu werden wir uns gehörig ins Zeug legen müssen, um den Bürgerinnen und Bürgern der EU bald einen tauglichen Fahrplan für die Zukunft vorlegen zu können. Die Glaubwürdigkeit der EU und das Vertrauen in ihre Institutionen müssen schnell wiederhergestellt werden.

Europa muss an seiner gemeinsamen Zukunft arbeiten, hat Bundespräsident Alexan­der Van der Bellen erst am Montag bei meinem Antrittsbesuch festgehalten. Er hat „arbeiten“ gesagt, nicht nur „darüber nachdenken“.

Der Juncker-Plan, der fünf Szenarien aufzählt, wie sich die EU-27 bis 2025 entwickeln sollen, ist aber auch ein notwendiger Weg des Nachdenkens. Dazu wird, um die Debatte zu fördern, die Europäische Kommission gemeinsam mit dem Europäischen Parlament und interessierten Mitgliedstaaten eine Future of Europe Debate in euro­päischen Städten und Regionen organisieren.

Die Kommission wird dazu weitere Diskussionspapiere zu folgenden Bereichen vorle­gen: Entwicklung einer sozialen Dimension der Europäischen Union, Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion, Profitieren von der Globalisierung, Zukunft der europäischen Verteidigung und Zukunft der EU-Finanzen.

Ein Schwerpunkt meiner Präsidentschaft wird also die Auseinandersetzung mit diesen Themen sein. Es besteht jetzt bereits ein Dialog mit den Bundesländern, sich mit den Thesen und den Zukunftsszenarien des Juncker-Plans auseinanderzusetzen und die Vorstellungen der Bundesländer in einer Enquete am 7. November zu diskutieren und dann auch eine gemeinsame Stellungnahme nach Brüssel zu schicken.

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wird sich ebenfalls mit dieser Thematik befassen und sich mit den Ländern austauschen.

Über die Kompetenz des EU-Ausschusses des Bundesrates gibt es inzwischen eine klare Expertise. Der Ausschuss der Regionen, das Regionalparlament der EU, hat die Zusammenarbeit des EU-Ausschusses des Bundesrates mit den Bundesländern als Best-Practice-Beispiel angeführt. Der österreichische Bundesrat ist, was Subsidiaritäts­prüfungen anlangt, eines der führenden Parlamente in Europa und deshalb in der Europäischen Union auch hoch angesehen.

Liebe Zuseher zu Hause! Das kleine Land Österreich ist dafür in Brüssel hoch ange­sehen, und wir werden immer wieder gefragt: Wie macht ihr das? Wie macht Öster­reich das eigentlich? – Wie machen wir das? – Wir pflegen einen konstruktiven kritischen Dialog mit der Kommission und dem Rat, beschließen begründete Stellung­nahmen und Mitteilungen meistens einstimmig. Obwohl die Fraktionen, sagen wir ein-


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