BundesratStenographisches Protokoll871. Sitzung / Seite 18

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einheitlicher Auftritt nach außen wird und muss in der Wahrnehmung der Bevölkerung eine echte Alternative zur Spitalsambulanz sein. Das Angebot vor Ort ist dabei herauszustreichen.

Ja, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wir müssen den Beruf des Allgemein­medi­ziners wieder attraktiver gestalten, denn wir brauchen gute Ärztinnen und Ärzte, die sich Zeit für ihre Patientinnen und Patienten nehmen und sich mit viel Empathie und Einfühlungsvermögen um sie kümmern.

Ich denke, dass die mit dem Primärversorgungsgesetz geplanten Primärversor­gungs­zentren ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sind, denn damit wird die Möglich­keit geboten, dass mit anderen Gesundheitsberufen zusammengearbeitet wird, wo­durch auch das Versorgungsangebot für die Patienten verbessert wird. Es tut auch immer wieder gut, sich interdisziplinär austauschen zu können, weil der Patient einfach ganzheitlich gesehen wird.

Bis Ende 2021 sind bis zu 75 Primärversorgungsnetzwerke beziehungsweise -zentren geplant. Das bedeutet für Wien 16, für Niederösterreich 14, für Oberösterreich 13, für die Steiermark elf, für Tirol sechs, für Kärnten und Salzburg je fünf und für das Burgen­land und Vorarlberg je drei. Diese Werte wurden bereits im Bundes-Zielsteuerungs­vertrag mit den Ländern festgelegt. Werden mehr Primärversorgungseinheiten benö­tigt, dann ist dies im Einvernehmen zwischen Ärztekammer und Sozialversiche­rung möglich.

Wie gesagt, ganz deutlich sei hervorgehoben: Primärversorgung ist ein Schritt, den Arztberuf zu attraktivieren. Es werden neue Formen der Zusammenarbeit zugelassen. Wir als ÖVP bekennen uns zum freiberuflichen Hausarzt wie in Deutschland und in der Schweiz. Jeder Mensch muss einen Zugang zur Hausarztversorgung haben, unabhän­gig von Alter, Wohnort oder chronischen Krankheiten. Ältere Menschen besitzen oft kein Auto. Schon allein deshalb soll weiterhin eine hausärztliche Betreuung zur Verfügung stehen.

Die Menschen werden immer älter. Jedes zweite Kind, das heute geboren wird, wird vermutlich 100 Jahre alt werden. Um diesen Anforderungen einer älter werdenden Gesellschaft Rechnung zu tragen, müssen neben dem Primärversorgungsgesetz viele weitere Maßnahmen gesetzt werden, um die hausärztliche Versorgung weiterhin flächendeckend und wohnortnahe sichern zu können.

Was meine ich da konkret? – Ich denke da an eine attraktivere und verstärkte allge­meinmedizinische Ausbildung im Medizinstudium und in den Spitälern. Ich denke an eine bedarfsgerechte Zahl an Ausbildungsplätzen auf landesgesetzlicher Basis, an eine gesicherte Finanzierung von Lehrpraxen, an eine bessere Entlohnung, denn es kann nicht sein, dass Hausärzte 30 bis 40 Prozent weniger verdienen als Fachärzte. Wir brauchen mehr und flexiblere Kassenverträge. Wir brauchen eine Entlastung von Bürokratie. Wir brauchen erweiterte Ordinationszeiten und last but not least rechtlich abgesicherte Kooperationsmodelle mit anderen Gesundheitsberufen.

Ein weiterer Aspekt, den ich erwähnen möchte, ist, dass laut Umfrage 15 bis 20 Pro­zent der Medizinabsolventen anfangs lieber in einem Team als sofort eigenverant­wortlich in einer Einzelordination arbeiten wollen. Jungmediziner schätzen den Erfah­rungsaustausch mit den Kollegen, und – das kann ich aus eigener Erfahrung sagen; ich arbeite in einem Therapeutenteam im Pflege- und Betreuungszentrum Mödling – es tut immer wieder gut, sich in einem Team austauschen zu können und voneinander zu lernen. Deshalb wurde bereits vielfach eine Liberalisierung bei der Anstellung von Ärzten in Primärversorgungseinheiten, in Ordinationen und Gruppenpraxen gefordert. In diesem Punkt besteht noch Handlungsbedarf seitens der Politik, aber ich denke, dass das Problem bis 2018 gelöst werden soll.

 


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