BundesratStenographisches Protokoll871. Sitzung / Seite 123

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steht es dem Sozialamt zu, auf dieses Vermögen zuzugreifen beziehungsweise es grundbücherlich sicherzustellen. Das ist der sogenannte Eigenregress.

Weil Pflege eben Ländersache ist, gibt es je nach Bundesland unterschiedliche Regelungen. Ich möchte zwei Beispiele bringen, ein Beispiel aus Vorarlberg und ein Beispiel aus Wien.

In Vorarlberg gibt es einen Freibetrag von 10 000 €. Rückgriff: zehn Jahre gegen Hilfsempfänger – also gegen den, der die Hilfe empfangen hat –, sonst drei Jahre bei grundbücherlicher Sicherstellung, und bei grundbücherlicher Sicherstellung ist es unbegrenzt. Ersatz durch die Geschenknehmer oder Geschenknehmerinnen: keine eigenen landesgesetzlichen Regelungen, jedoch vorrangige Geltendmachung zivil­recht­licher Ansprüche insbesondere nach § 947 ABGB. Regress: an den Ehegatten, an die Ehegattin und an die eingetragenen Partner oder Partnerinnen.

In Wien ist es so, dass es 4 000 € als Freibetrag gibt. Rückgriff: drei Jahre gegen den Hilfsempfänger beziehungsweise zehn Jahre gegen Erben. Diese Fristen gelten nicht für sichergestellte Rückersatzansprüche. Ersatz durch die Geschenknehmerinnen oder Geschenknehmer: Forderungen gegen den/die Geschenknehmer werden im Zivil­rechts­weg geltend gemacht, ein Freibetrag von bis zu 3 000 € kann berücksichtigt werden. Der Regress richtet sich an Ehegatten oder eingetragene Partner, jedoch nur für den Fall, dass ein zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch besteht. Kein Zugriff bei den Ehepartnern auf das Vermögen.

Also: Sehr, sehr unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern!

Dieser Eigenregress kommt einer hundertprozentigen Erbschaftssteuer gleich. Das ist eine große Belastung für die Betroffenen und deren Familien, und er gehört daher abgeschafft! (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Der Pflegeregress betrifft auch die Nachkommen, denn: Auch wenn zum Beispiel eine Liegenschaft an Familienmitglieder übertragen wurde, greifen die Länder mit unter­schiedlichen Fristen und unterschiedlich geregelt darauf zurück. Einzige Ausnahme: ein dringendes Wohnbedürfnis des Ehegatten.

Der Pflegeregress führt oft dazu, dass sich Betroffene, die ihr Leben darauf aus­ge­richtet haben, den Kindern und Enkelkindern eine sichere Basis zu schaffen, auch noch schuldig fühlen, die Zukunft der Nachkommen durch die Pflegebedürftigkeit zu gefährden. Als ob die psychische und physische Belastung nicht schon groß genug wären, kommt auch noch die Sorge um die Zukunft der Nachkommen auf die Men­schen zu.

Wir haben auch hier eine klare Position, wenn es um eine Finanzierung darüber hinaus geht, weil uns gerade die Pflege auch in den nächsten Jahren noch stärker heraus­fordern wird. Es geht um zusätzliche Mittel, die aufzubringen sind, weil wir immer älter werden – das ist ein gutes Zeichen – und weil wir in einem schönen Land leben. Es gibt da eine klare Position für eine Erbschaftssteuer, mit der wir von jenen einen Beitrag haben wollen, die es sich wirklich leisten können, nämlich von Menschen, die mehr als 1 Million € erben. Das sind nicht die klassischen Häuslbauer und das sind nicht die Mindestpensionisten, sondern das sind jene, die es sich wirklich leisten kön­nen! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieses Gesetz ist ein Meilenstein, und wir Sozialdemokraten freuen uns im Namen der Betroffenen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.14


Vizepräsidentin Ingrid Winkler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Preineder. – Bitte, Herr Kollege.

 


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