BundesratStenographisches Protokoll872. Sitzung / Seite 19

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Wenn Sie mit einem Unternehmer reden und fragen, was der Wachstumsengpass der Zukunft ist, wo die neuen Arbeitsplätze entstehen und was wir tun müssen, damit es klappt, dann sagt Ihnen jeder: Die Kosten sind wichtig, Steuerpolitik, Abgabenquote, Lohn­nebenkosten, die Arbeitszeit. – Okay, aber wie ein roter Faden zieht es sich durch Ös­terreich: Die Fachkräfte sind entscheidend. Wir brauchen die am besten ausgebildeten Leute.

In Vorarlberg gibt es einen Slogan dazu: Wir wollen das Land der besten Fachkräfte sein. Wir investieren nicht umsonst so viel in die Lehrlingsausbildung, in die duale Aus­bildung, wir wollen dort weltweit an der Spitze bleiben, weil wir gar nicht anders kön­nen. Es ist ein Fehler, Kinder zurückzulassen; das ist ein Fehler.

Die Unternehmer haben in den letzten Jahren gesagt: Eigentlich ist das einfach, da kom­men 100 Bewerber, und die besten zehn nehme ich! Heute aber kommen 20 Bewer­ber, und alle 20 werden genommen, egal, welchen Hintergrund, egal, ob migrantischer Hintergrund oder nicht, egal, welche Ausbildung sie haben, die meisten Unternehmer können gar nicht anders. Und für die kleineren Betriebe ist es noch schwieriger, die sa­gen, sie finden gar keine Bewerber mehr. Darin ist also eine große Aufgabe zu sehen, und es ist mir ein großes Anliegen, zu sagen: Investieren wir weiter in die duale Ausbil­dung! – Ein Thema, das in Österreich unterbelichtet ist. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Die Lehrlingsausbildung ist eine Visitenkarte im europäischen Vergleich. Ich bin im Aus­schuss der Regionen. Ein kleines Beispiel: Neben mir sitzt mittlerweile ein Finne, glau­be ich, der mich immer fragt: Wie geht denn das mit der dualen Ausbildung in Öster­reich? Wie funktioniert das? Ich sage dann: Das ist eigentlich ganz einfach: Wir stellen die Berufsschulen zur Verfügung – öffentliche Investition –, aber die Betriebe selbst bil­den aus, und zwar Jugendliche. Die Antwort meines Kollegen, den ich sehr schätze, war: Bei uns wäre das unmöglich, das wäre Kinderarbeit! – Es gibt also auch völlig andere An­sichten in diesem Zusammenhang.

In Finnland – das hochgelobte System – ist die Jugendarbeitslosigkeit fünfmal höher als bei uns, und es gibt eine Verschulung, Fachschulen, diese mögen auch gut sein, aber keine, fast keine, wirklich kombinierte Ausbildung mit einem Betrieb. Wo auf der Welt gibt es das? – In Deutschland, aber auch nicht in allen Bundesländern, in Öster­reich – in vielen Bundesländern bei uns mit hoher Quote –, in der Schweiz, und dann ist es vorbei! Das System wird jetzt gerade exportiert, nach China und weiß ich wohin, weil es erfolgreich ist. Bleiben wir da also drauf, reden wir nicht immer nur über die ge­meinsame Schule und solche Dinge, so wichtig das auch ist, sondern schauen wir auch dorthin, wo es wirklich wichtig ist!

Ich bitte Sie auch, dafür einzutreten, dass wir mehr Geld in die Volksschulen bringen. Ich sage das jetzt ganz offen: Die Volksschulen, die Frühförderung insgesamt und auch die Volksschulen, sind Bundessache und sie sind finanziell unterbelichtet. Ich halte es für unseriös, wenn Leute einfach hinaustreten und sagen, es stünden ein paar Tau­send Lehrer zur Verfügung – ich weiß gar nicht, wo die sind; das ist unseriös. Immerhin ist aber der Gedanke da, zu sagen, es braucht dort mehr an Unterstützung für die Volks­schulen.

In Vorarlberg müssen wir derzeit, um das System aufrechterhalten zu können – höhere Migrantenanteile, sonderpädagogischer Förderbedarf –, ungefähr 520 Lehrerstellen, das ist eine große Zahl, selbst finanzieren, weil der Bund es nicht tut. Die Stellenplanrichtli­nie des Bundes ist in diesem Zusammenhang eigentlich seit Jahren unterbelichtet. Es ist schon ein bisschen eigenartig, wenn dann Leute kommen und sagen, man hätte 5 000 Lehrer für uns. Dann sage ich: Ihr könnt gerne eine Rechnung für die haben, die wir jetzt schon selbst bezahlen, für die der Bund eigentlich zuständig ist!

 


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