BundesratStenographisches Protokoll872. Sitzung / Seite 87

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Ganz große Sorgen macht uns aber, dass manche Menschen durch diesen enormen Anfall – ich verfolge derzeit acht Fälle – seit Jahren im Gefängnis darauf warten, dass ihre Beschwerde aufgegriffen wird, aber aufgrund der Anzahl von fast 70 000 Beschwer­den dauert es. Es kommt noch dazu, dass der Europäische Gerichtshof für Menschen­rechte das einzige Gericht ist – Sie werden sonst kein Gericht auf der Welt finden –, das 365 Tage Tag und Nacht arbeitet. Eine Beschwerde kann um 2 Uhr in der Früh in Straßburg einlangen, aus Nowosibirsk zum Beispiel, und um 4 Uhr kann die Journal­richterin oder der Journalrichter eine Maßnahme direkt nach Russland veranlassen, zum Beispiel die sofortige Enthaftung oder das Nichtdurchführen einer Abschiebung und so weiter und so fort.

Das ist eine Sternstunde der Menschheit für Menschenrechte, für Grundrechte, und des­halb müssen wir alles dazu tun, dass dieser Menschenrechtsgerichtshof auch tätig sein kann. Es gab Staatschefs wie zum Beispiel den nicht mehr im Amt befindlichen briti­schen Premier Cameron – dieser hat alles getan, um zum Beispiel das individuelle Recht der Bürger abzuschneiden –, und es gibt heute Staaten, die sehr viel unternehmen, dass Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht umgesetzt, sondern vor­her noch einmal geprüft werden.

Wir – Österreich – haben ein solches Urteil vor noch nicht allzu langer Zeit bekommen, da ging es um die Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare, und Öster­reich ist dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gefolgt und hat dieses auch umgesetzt – und das ist richtig so! (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb sind diese Maßnahmen, die in dem vorliegenden Protokoll vorgesehen sind, im Sinne der Betroffenen. Wenn hier irrsinnig viele Beschwerden gegen die Abgabe ei­ner Rechtssache von einer Kammer an die Große Kammer eingelegt werden, dann be­deutet das eine Verzögerung für alle anderen, die darauf warten, dass ihre Beschwer­de in Verhandlung genommen wird. Diese Verbesserung, die die FPÖ heute ablehnt, führt dazu, dass vielleicht jemand nicht ein ganzes weiteres Jahr in Haft sitzen muss, sondern dass sein Fall früher drankommt. Deshalb müssen wir das unterstützen, und deshalb ist es wichtig, dass Österreich mit ganzem Herzen hinter diesem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte steht.

Beide Richterinnen, die heutige und die frühere, sind exzellent. Österreich hat nur ex­zellente Richter und Richterinnen dorthin geschickt. Außerdem ist es – vielleicht wissen Sie das nicht – das einzige Gericht, in dem die Richterinnen und Richter von einem Par­lament gewählt werden, nämlich vom Europarat. Es gibt ein eigenes Komitee für die Aus­wahl der Richter und Richterinnen, danach gibt es eine geheime Abstimmung im Ple­num, und das ist eine sehr sorgfältige Vorgangsweise – aber auch die wollte Cameron nicht, auch das wollte Cameron damals abwürgen. Also hier sind einige Dinge zu ver­teidigen, so wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Menschen- und Grundrechte in Europa verteidigt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

12.40


Vizepräsidentin Ingrid Winkler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Dr. Dziedzic. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.40.49

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ein paar Stellungnahmen zu den einzelnen Maßnahmen haben wir schon gehört. Es geht hier um die ausdrückliche Erwähnung des Subsidiaritätsprinzips und des Ermessensspielraumes der Vertrags­parteien oder auch um die Einführung eines Höchstalters für die Kandidaten und Kan­didatinnen.

 


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