BundesratStenographisches Protokoll872. Sitzung / Seite 102

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Das, was für mich hier vielleicht auch noch relevant zu erwähnen ist, ist, dass in der österreichischen Bundesverfassung keine Urteilsverfassungsbeschwerde gegen die Ent­scheidungen der ordentlichen Gerichte vorgesehen ist. Laut Präsident Holzinger ist das rechtspolitisch eher bedauerlich, denn man könnte damit eine einheitliche Interpreta­tion der Verfassung beziehungsweise der Grundrechte ermöglichen.

Meine Damen und Herren! An dieser Stelle sei auch kurz daran erinnert: Es passiert in vielen Staaten der Welt, auch in Österreich, dass die Demokratie und der Rechtsstaat manchmal gegeneinander ausgespielt werden. Ich erinnere an den Kontrollverlust des Staates im Zuge der Migrationskrise 2015, als die Menschen das Vertrauen in den Rechts­staat verloren haben.

Meine Damen und Herren! Man hört das oft, auch hier in diesem Saal oder in ver­schiedenen Vorträgen: Wir leben in sehr volatilen Zeiten, in unsicheren Zeiten, wir er­leben Schwankungen der Wirtschaft. Jedem ist es ein Begriff: Wirtschaftskrise, Euro­krise, Fluchtbewegung, Migration, Terrorismus, verschärfte wirtschaftliche Rahmenbe­dingungen. Ich sage das deswegen im Zusammenhang mit dem Tätigkeitsbericht des Verfassungsgerichtshofes, weil es eine gesellschaftspolitische Entwicklung ist, bei der es sehr viele Verlierer gibt – das muss uns klar sein –, und weil dort, wo es sehr viele Verlierer gibt, die Gefahr, dass versucht wird, Populisten zu glauben oder auch an den Grundfesten der Demokratie zu rütteln, sehr groß ist.

Meine Damen und Herren! Das Modell einer liberalen Demokratie, wie es der Präsident des Verfassungsgerichtshofes ausdrückt, ist der Garant für Freiheit, Frieden und wirt­schaftlichen Wohlstand – und ich meine das im Sinne von: nachhaltig und auf Dauer. Ich bin auch als Wirtschaftstreibender und Unternehmer hundertprozentig dieser Mei­nung und kann sie voll und ganz unterstützen. Es kommt darauf an, dass in Krisenzei­ten Demokratie gelebt werden muss und bewahrt werden muss, und da kommt uns al­len eine Vorbildwirkung zu. Es ist mir ein Bedürfnis, dies hier zu erwähnen.

Ich möchte auch an dieser Stelle die Gelegenheit ergreifen und dem langjährigen Prä­sidenten Holzinger – er verlässt ja mit Jahresende den Verfassungsgerichtshof – für sei­ne langjährige Arbeit, begleitet von wissenschaftlicher Exzellenz, danken. Der Tätigkeits­bericht des vorangegangenen Jahres legt ein sehr gutes Zeugnis davon ab, darum bit­te ich, dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen und den Bericht zur Kenntnis zu neh­men. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Reiter.)

13.41


Vizepräsidentin Ingrid Winkler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Raml. – Bitte, Herr Kollege.

 


13.42.06

Bundesrat Mag. Dr. Michael Raml (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Da­men und Herren hier auf der Zuschauergalerie – es ist gerade niemand anwesend; dann zu Hause vor den Bildschirmen!

Kollege Seeber, das wird deinen Parteiobmann Kurz aber nicht freuen, dass du ihn hier noch einmal in deiner Rede erwähnst, denn du hast gerade von Populismus gespro­chen und hast vor Populisten gewarnt. – Ja, davor kann man wirklich warnen, nur muss man sich dabei schon eines vor Augen halten: Populistisch ist es, wenn man im Jahr 2015 in die linke Richtung rennt und dann 2017, in einem Wahljahr, plötzlich Richtung ganz rechts abbiegt. Davor muss man den Wähler draußen wirklich warnen, da hast du völ­lig recht. Danke, dass du das angesprochen hast! (Beifall bei der FPÖ sowie der Bun­desrätin Ebner.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt aber wieder zurück zum Bericht des Verfassungsgerichtshofes: Der Bericht stellt den Behörden und auch dem Gesetzgeber


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