BundesratStenographisches Protokoll872. Sitzung / Seite 103

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ein durchaus gutes Zeugnis aus. Insgesamt waren nur 5 Prozent der Beschwerden er­folgreich. Jetzt könnte man auf den ersten Blick meinen, das ist für die Rechtsunter­worfenen, für die Bürgerinnen und Bürger ein enttäuschendes Ergebnis, wenn sie qua­si mit ihrem Anliegen in 95 Prozent der Fälle nicht durchgedrungen sind. Die Wahrheit sieht aber anders aus: Der Verfassungsgerichtshof hat festgestellt, dass in 95 Prozent der Fälle, die an ihn herangetragen wurden, die Behörden richtig gehandelt haben, dass in 95 Prozent der Fälle die Menschen, die Bürgerinnen und Bürger rechtlich kor­rekt behandelt wurden.

Der Verfassungsgerichtshof hat auch unterschiedlichste Normen auf ihre Verfassungs­mäßigkeit geprüft. Es waren im letzten Jahr 114 geprüfte Normen, und er hat davon „nur“ – unter Anführungszeichen – 20 aufgehoben. Das heißt, 94 Normen haben der Prüfung standgehalten. Das ist ja doch ein ganz ordentliches Zeugnis, auch wenn natürlich Ver­besserungsbedarf gegeben und Luft nach oben ist – aber nach dem 15. Oktober wird ja ohnedies ein neues Parlament die Möglichkeit haben, dieses Ergebnis zu toppen.

Ein großes Thema im Jahr 2016 – auch das hat Kollege Seeber kurz angerissen – war natürlich die Aufhebung der Bundespräsidentenstichwahl durch den Verfassungsgerichts­hof. Hiezu hat Präsident Holzinger in einer Pressemitteilung gemeint: „Die Aufhebung der Stichwahl war völlig alternativlos.“ Ich möchte an dieser Stelle schon noch einmal kurz daran erinnern, dass es Politikerinnen und Politiker und auch Medienvertreter ge­geben hat, die nicht kritisiert haben, was bei dieser Wahl schiefgelaufen ist, sondern die die FPÖ, die Norbert Hofer, die Heinz-Christian Strache dafür kritisiert haben, dass sie eines eingefordert haben, dass sie gefordert haben, dass dubiose Vorgänge natür­lich lückenlos und restlos aufgeklärt werden müssen, untersucht werden müssen.

Man sieht schon, wer das kritisiert hat. Das waren natürlich auch die Grünen. (Bundes­rat Stögmüller: Wenn es euch ... betrifft, dann schreit ihr!) Ich weiß ja nicht: Was hat euch denn daran gestört, dass der Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit hatte, fest­zustellen, da hat etwas funktioniert oder – wie er eben festgestellt hat – da hat etwas nicht funktioniert? Ich verstehe schon, dass ihr ein bisschen nervös geworden seid, aber ich kann euch beruhigen: Das Ergebnis hat euch ja im Endeffekt dann hoffentlich ohnedies gefallen.

Man merkt aber hier und, meine sehr geehrten Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen, Sie merken es auch: Die Linken predigen immer Meinungsfreiheit und Li­beralismus und so weiter; das geht aber nur so lange, solange sie davon positiv betrof­fen sind. Wenn andere diese Grundrechte – um wieder zum Verfassungsgerichtshof zu kommen – für sich beanspruchen, dann wird mit Steinen auf sie geworfen, wie wir in Wien beim Akademikerball jedes Jahr sehen, und dann wird man dafür kritisiert, wenn man als österreichische Partei ein Wahlergebnis, das nicht korrekt zustande gekommen ist, vor dem Verfassungsgerichtshof anficht. Das kommt da heraus. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Stögmüller: Ihr Armen! – Bundesrat Herbert: Rechtsstaat nennt man das, Herr Kollege! Rechtsstaat!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend wieder etwas Positives – man soll jede Rede positiv beginnen und positiv auch wieder beenden –: Der Verfassungs­gerichtshof hat als Höchstgericht die Aufgabe, den Rechtsstaat objektiv und vor allem unabhängig zu sichern. Er macht das deshalb, denke ich, damit wir unsere österrei­chischen rechtsstaatlichen Verhältnisse beibehalten und damit wir bei uns keine türki­schen, kritischen Verhältnisse bekommen. Für diese Aufgabe gebührt dem Verfassungs­gerichtshof Dank und Anerkennung und damit einhergehend natürlich die positive Kennt­nisnahme des Berichts. – Das werden wir heute gemeinsam sehr gerne machen. (Bei­fall bei der FPÖ sowie der Bundesrätin Ebner.)

13.47

 


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