BundesratStenographisches Protokoll872. Sitzung / Seite 107

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Herr Kollege Köll, du hast zwar eine Zahl angesprochen. Ein bisschen etwas hat man gehört, nämlich dass die Zahl der Fälle stark angestiegen ist. Es ist aber schon wieder typisch ÖVP, typisch Bundesregierung, dass man halt nicht die ganze Wahrheit sagt, dass man nicht alles ausspricht.

Es stimmt, der Verwaltungsgerichtshof hatte im Jahr 2016 über 10 Prozent mehr Fälle zu bearbeiten. Man fragt sich natürlich, warum das so ist, weil 10 Prozent – gerade in absoluten Zahlen – nicht so wenig sind. Liegt es daran, dass die Österreicher so gerne streiten? Liegt es daran, dass möglicherweise so viele Häuselbauer um ihre Baugeneh­migung kämpfen und alle Instanzen durchmarschieren? – Nein, die Frage ist ganz an­ders, liegt ganz woanders begraben, und die Antwort ist auch mit Hausverstand zu fin­den.

Dazu müsste man – wenn man nicht will – auch gar nicht in den Bericht reinschauen, denn da braucht man sich nur an das Jahr 2015 zurückzuerinnern. Im Jahr 2015 haben rund hunderttausend Menschen aus aller Herren Länder den Weg zu uns nach Öster­reich gesucht.

Im Jahr 2015 haben natürlich bei Weitem nicht alle hunderttausend, aber doch viele Zehntausende Menschen zwar gewusst, was sie bei uns wollen – nämlich neben Schutz Sozialleistungen, Frauen, Autos –, sie haben aber damals nicht gewusst, woher sie kom­men und wie sie heißen. Viele Menschen haben zwar ein hochmodernes Handy mit­gehabt, aber gleichzeitig keinen Reisepass, kein einziges behördliches Dokument.

Bei diesen Menschen bedarf es natürlich der Klärung durch österreichische Behörden, durch österreichische Gerichte. Das hat auch im Jahr 2016 – nicht nur, aber zu einem großen Teil – dazu geführt, dass die Zahl der Verfahren am Verwaltungsgerichtshof so ra­sant angestiegen ist, und wenn man in den Bericht hineinschaut, sieht man, dass die Tendenz stark steigend ist. (Vizepräsident Gödl übernimmt den Vorsitz.)

Dieses Vorkommen hat zu dreierlei Ergebnissen geführt: Erstens hat diese Überzahl an Asylverfahren mit verursacht, dass wir teilweise in diesen Verfahren extrem lange Ver­fahrensdauern haben. Zweitens hat es dazu geführt, dass wir dann aufgrund dieser langen Verfahrensdauern oftmals oder manchmal Sonderfälle – auch genannt Einzelfäl­le – haben, wo durchaus gut integrierte Asylwerber – die aber zu Unrecht zu uns ins Land hereingekommen sind, die zu Unrecht hier geblieben sind – dann vor dem Problem stehen und sagen: Ich bin gut integriert, ich bin nun seit fünf Jahren da, was macht man jetzt mit mir?

Nun, da kann ich nur eines dazu sagen: Es gibt schon Gründe, warum das so ist, wa­rum diese Verfahren so lange dauern. Viele dieser Herrschaften sind nämlich einfach nicht willig, ordentlich zum Verfahren beizutragen. Und sehr viele Herrschaften aus der Anwaltschaft, die von sogenannten NGOs beschäftigt und bezahlt werden, sind durch­aus gewillt, immer ein paar Sachen herauszufinden, wie man das Verfahren noch in die Länge ziehen könnte. Ich muss schon sagen, dass da derjenige, der zu uns reinkommt, wirklich dumm ist, wenn er die Wahrheit sagt und dann aber einen negative Bescheid bekommt. Daher meine ich: Man sollte dieses System einmal insgesamt überdenken, ob man da nicht etwas verbessern kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Das dritte Ergebnis – und da sind wir wieder beim Bericht des Verwaltungsgerichts­hofes – ist, dass diese Verfahren Steuergeld kosten und viele Ressourcen benötigen. Man kann auch aus dem Bericht herauslesen – das hat man aber heute noch so gut wie gar nicht gehört –, und auch in einer Mitteilung der Parlamentskorrespondenz wird das deutlich, dass der Verwaltungsgerichtshof unter der Aktenlast schon buchstäblich stöhnt, man braucht mehr Ressourcen, man braucht mehr Geld.

Es finden sich zu dieser problematischen Situation im Bericht leider – und das ist wirk­lich ein Anliegen, das ich im Namen unserer Fraktion an Sie herantrage – keine kon-


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