BundesratStenographisches Protokoll873. Sitzung / Seite 44

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das, was derzeit der Fall ist, ist eindeutig eine Diskriminierung zwischen zwei Berufs­gruppen. Mit diesem Gesetz kommt es ja nicht nur zu einer Angleichung bei der Ent­geltfortzahlung, sondern auch zu Verbesserungen, weil den Beschäftigten bereits nach einem Arbeitsjahr Entgeltfortzahlung bis zu einer Dauer von acht Wochen gebührt und nicht, wie bisher, erst nach fünf Jahren.

Da der Aufschrei der Wirtschaft ja immer in die Richtung geht, was das alles koste und dass man sich das gut überlegen solle, möchte ich auch nicht unerwähnt lassen, dass dieser Prozess betreffend Entgeltfortzahlung lange wissenschaftlich begleitet wurde, und zwar von L&R Sozialforschung, deren Berechnungen – nicht unsere – eindeutig be­stätigen, dass diese Änderung bei der Entgeltfortzahlung kostenneutral ist. Es leuchtet ebenso wenig ein, dass ArbeiterInnen in einigen Fällen – man muss sich das wirklich auf der Zunge zergehen lassen – von einem Tag auf den anderen auf die Straße ge­setzt werden können, während Angestellte Kündigungsfristen zwischen sechs Wochen und fünf Monaten haben.

Liebe Präsidentin Zwazl, da geht es schon um soziale Absicherung. Wenn ich etwa an einen Bäcker denke – weit weg vom Tourismusbetrieb –: Ein Bäcker hat derzeit eine Kündigungsfrist von einem Tag. Das bedeutet, der Chef kann zu Herrn Maier oder Mül­ler, wie auch immer, am Freitag sagen: Am Montag brauche ich Sie nicht mehr! – Das hat sehr wohl etwas mit sozialer Absicherung zu tun. (Beifall bei der SPÖ, bei Bun­desräten der FPÖ sowie der Bundesräte Schreyer und Stögmüller.)

Ich möchte da jetzt aber auch nicht unerwähnt lassen, wenn wir immer von Kosten sprechen, dass parallel dazu auch die Wirtschaft eine Entlastung zu verzeichnen hat, nur: Die kehren wir sehr gerne unter den Teppich. Das möchte ich jetzt auch einmal sagen: Durch die Übernahme der Internatskosten durch den IEF und die Abschaffung der Auflösungsabgabe, die ja auch im Parlament beschlossen worden ist, erspart sich die Wirtschaft einige Millionen, kann man sagen. Bei den Internatskosten sind es ab 2018 ungefähr 45 oder 46 Millionen €; bei der Auflösungsabgabe, auch wenn das erst ab 1. Jänner 2020 wirkt, sind es fast 70 Millionen €.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Heute hat Präsidentin Zwazl ja schon in einem anderen Statement darauf hingewiesen, dass wir die Wirtschaft nicht schlechtreden sollen. – Ja, das unterstütze ich; und ich habe die Bitte: Reden wir Österreich nicht schlecht! Österreich steht sehr gut da, die Konjunktur springt an, wir haben die Krise gut bewältigt. Wir sind nach wie vor eines der reichsten Länder dieser Welt. Unseren Beschäftigten, den Arbeitern und Angestellten, verschaffen wir Sicherheit durch unser Kollektivvertragssystem.

Angesichts der Stimmen, die in der letzten Zeit laut werden, frage ich mich: Woher kommt dieses Bedürfnis, ein gut funktionierendes System, das Wohlstand für uns alle sichert und bis heute gesichert hat, zerschlagen zu wollen? Meiner Meinung nach ist das in Zeiten wie diesen, in modernen Zeiten, ein wichtiges Signal, wir brauchen einen modernen ArbeitnehmerInnenbegriff mit einheitlichen Regelungen, und es ist für mich absolut nicht nachvollziehbar, dass die ÖVP da nicht mitstimmen kann; es wäre Ihnen anscheinend lieber, dass es weiterhin Diskriminierung zwischen zwei Beschäftigten­gruppen gibt.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! ArbeiterInnen zu benachteiligen ist der Arbeitswelt im 21. Jahrhundert unwürdig, daher verstehe ich nicht, dass es hier nicht zu einem ein­stimmigen Beschluss kommt. Ich werde beziehungsweise meine Fraktion wird diesen Beschluss sehr, sehr gerne mittragen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der FPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

11.05


Vizepräsidentin Ingrid Winkler: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Ing. Rösch. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


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