BundesratStenographisches Protokoll873. Sitzung / Seite 70

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

gern über das Gesamtsystem diskutieren (Bundesrätin Mühlwerth: Das tun Sie eh schon seit 40 Jahren!), über das Arbeitslosengeld, über die Notstandshilfe, über die Mindestsi­cherung, aber ich würde mir wünschen, dass wir keine Einzelmaßnahmen mehr disku­tieren.

Die Aufgaben verantwortungsvoller Sozialpolitik sind, auf aktuelle Entwicklungen recht­zeitig einzugehen, der Überlastung des Sozialsystems entgegenzuwirken, Menschen zu motivieren, rasch wieder in den Arbeitsprozess zurückzukehren.

Und worum geht es bei der Notstandshilfe? – Nach dem Bezug des Arbeitslosenent­gelts besteht Anspruch auf Notstandshilfe, de facto unbefristet. Diese Leistung ist für Personen in Notlage nach dem Bezug des Arbeitslosenentgelts vorgesehen. Beziehe­rinnen und Bezieher erhalten 95 Prozent des Arbeitslosengeldes für eine Dauer von 52 Wochen. Der Antrag kann immer wieder gestellt werden. Wesentlich ist aber, dass die Bezieher dem Arbeitsmarkt weiter zur Verfügung stehen.

Der Staat hat beim Bezug der Notstandshilfe die Anrechnung des Partnereinkommens festgeschrieben, und ich finde, das war auch ein richtiger Schritt, denn worum geht es in der Sozialpolitik? – Das Ziel ist es, Menschen so rasch wie möglich wieder in den Ar­beitsprozess zu integrieren.

Unsere Erfahrungen und alle Erfahrungen von Experten zeigen, dass es bereits nach zwei Jahren Arbeitslosigkeit und Notstandshilfe immer schwieriger wird, in den Arbeits­prozess zurückzukehren. Wenn wir uns den Arbeitsmarkt anschauen, dann sehen wir positive Entwicklungen und auch viel Potenzial für Menschen, wieder in Beschäftigung zu kommen. Österreichweit ist die Zahl der offenen Stellen um 47 Prozent auf 62 445 gestiegen. Das zeigt, das Potenzial für Beschäftigung steigt und die Politik muss nur auf die richtigen Maßnahmen setzen, damit die Betroffenen wieder rasch Arbeit finden. (Bundesrat Stögmüller: Das ist Teilzeit, oder?) Von gemeinnütziger Beschäftigung, ver­schiedenen Fördermaßnahmen bis zur Aktion 20 000 gibt es mittlerweile zahlreiche Ini­tiativen, die den Fokus auf Beschäftigung legen.

Arbeit ist mehr als nur Geldverdienen: Arbeit stiftet Sinn und gibt Halt, Arbeit schafft soziale Kontakte, Arbeit gibt Selbstwert und Selbstbewusstsein, Arbeit motiviert Men­schen und schafft eine Struktur im Tagesablauf. Wenn wir Arbeit so betrachten, dann ist auch klar, warum wir uns so stark für eine neue Gerechtigkeit einsetzen. Der Wert von Arbeit muss in unserer Gesellschaft immer ein hohes Gut sein. Gerade die letzten Reformen in Niederösterreich legen einen starken Fokus auf den Wert von Arbeit. Die Reform der Mindestsicherung zeigt in Niederösterreich Wirkung: Wegen der Deckelung der Leistung für Bedarfsgemeinschaften bei 1 500 € ist die Zahl der Bezieher in Nieder­österreich von 18 400 im Jänner 2017 auf aktuell rund 17 000 Personen zurückgegan­gen. Unser Ziel ist es, Österreich wieder an die Spitze zurückzubringen, auch in der Be­schäftigung.

Es braucht österreichweit mehr Anreize zur Selbsthilfe und zur Leistung, ein System, das diejenigen, die täglich arbeiten gehen, nicht bestraft. Wir brauchen eine neue Ge­rechtigkeit. (Bundesrätin Posch-Gruska: Notstandshilfe, keine Arbeitsdebatte! – Zwi­schenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Unser Landesobmann hat bereits im Frühjahr vorgeschlagen, die Möglichkeit des ge­ringfügigen Zuverdienstes bei Arbeitslosengeld und Notstandshilfe einzuschränken. Wa­rum? – Weil mit der Zuverdienstmöglichkeit der Anreiz für eine Vollbeschäftigung sinkt. Geringfügige Beschäftigung bei Arbeitslosigkeit und Notstandshilfe hält Menschen da­von ab, rasch wieder eine Vollzeitstelle anzunehmen, weil es sich für sie einfach nicht lohnt. Es geht um 3,7 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das System erhalten. Sie haben es sich verdient, dass mit ihren Steuern und Abgaben fair und ge­recht umgegangen wird. Diese Fairness und Gerechtigkeit wünsche ich uns in den kom-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite