BundesratStenographisches Protokoll876. Sitzung, 876. Sitzung des Bundesrates am 15. März 2018 / Seite 93

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wie das konkret geschehen soll, ist meiner Meinung nach unklar. Es gibt keine klaren Indikatoren, es sind keine im Gesetz definiert, welche die Maßnahmen zur Verbesse­rung der sozialen Durchmischung bei Studierenden messbar machen sollen.

Es sollen – ich weiß, das habe ich auch im Ausschuss gefragt – projektbezogene Gel­der ausgeschüttet werden. Ja, eh – das heißt, man kennt halt jemanden auf der Uni Graz, und dann macht der halt ein Projekt. Eh schön!

Zusätzlich finde ich es, verzeihen Sie mir jetzt diesen Ausdruck, schon etwas schizo­phren, wenn man auf der einen Seite versucht, nicht-traditionelle Studierende kostenin­tensiv auf die Universitäten zu bringen – das kostet ja auch –, und auf der anderen Sei­te Zugangsbeschränkungen einführt. Es werden jetzt schon bei stark nachgefragten Fächern wie unter anderen Medizin, Psychologie, Informatik, Architektur, Pharmazie, Wirtschaft, Biologie oder Publizistik- und Kommunikationswissenschaft Aufnahmever­fahren durchgeführt. Diese sind natürlich unterschiedlich und reichen von einfachen Anmeldeverfahren bis hin zu schwierigen Aufnahmetests oder sehr umfassenden Zu­lassungsprüfungen. Jeder weiß, Medizin ist solch ein Fach, für das sich viele bewer­ben, aber nur ganz wenige es schaffen.

Die negativen Auswirkungen dieser Zulassungsbeschränkungen sind seit Langem be­kannt; Sie haben das auch im Wissenschaftsausschuss noch einmal erwähnt. Insbe­sondere aus dem Medizinstudium wissen wir, dass seit der Einführung der Zugangsbe­schränkungen im Jahr 2005 der Anteil an Studierenden aus der hohen sozialen Schicht deutlich zugenommen hat – das sind 15 Prozent mehr. Der Anteil Studierender aus der niedrigsten sozialen Schicht hat währenddessen abgenommen – das muss uns zu den­ken geben!

Problematisch ist natürlich auch, dass sich rund um die Aufnahmeverfahren ein regel­rechter, sehr lukrativer Markt entwickelt hat: Der Median bei den Ausgaben von Bewer­berInnen für zugangsbeschränkte Studienfächer liegt im Bereich 101 bis 300 Euro, für Medizin gibt ein Drittel der Befragten sogar mehr als 500 Euro aus – allein für die Vor­bereitungskurse!

Überlegen Sie sich jetzt einmal, wie sich das für BewerberInnen mit wenig Familienein­kommen ausgeht oder für jene, die arbeiten oder Betreuungstätigkeiten haben, denn diese Kurse sind ja auch entsprechend zeitintensiv. Ich sehe das gerade in diesem Be­reich eher sehr skeptisch. (Bundesrätin Mühlwerth: Also was ist der Gegenvor­schlag?) – Du warst vorher nicht da, Monika. Wärst du von Anfang an bei der Debatte hier gewesen, hättest du mitbekommen, ich habe eine Reihe von grünen Vorschlägen beziehungsweise allgemein Vorschläge dazu gebracht, wie man die Unis ausfinanzie­ren könnte. Ich erwähne das jetzt nicht noch einmal, weil die Zeit schon zu Ende geht.

Österreich hat eine der niedrigsten AkademikerInnenquoten Europas und innerhalb der OECD. Anstatt Modelle zu entwickeln, die darauf abzielen, Studieninteressierte vom Studieren abzuhalten, müsste sich die Regierung eigentlich darum bemühen, dass jene, die ein Studium beginnen, dieses auch erfolgreich abschließen können. Das wäre notwendig: nicht Interessierte abzuhalten, sondern sie hin zu einem erfolgreichen Stu­dium zu bringen.

Auch die genaue Höhe der Studienplatzbeschränkungen ist im Gesetz nicht klar gere­gelt. Es entsteht damit der Eindruck, dass die Plätze der Universitäten voneinander ab­hängig gemacht werden – das führt zu einem massiven Eingriff in die Autonomie der Universitäten, und das wollen wir Grüne auf keinen Fall.

Wir Grüne fordern eine adäquate Finanzierung mit mindestens 2 Prozent des BIPs für den tertiären Bildungssektor, eine echte fächer- und hochschulübergreifende Orientie­rungsphase zu Studienbeginn, um die Drop-out-Rate zu reduzieren, eine Verbesse-


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