BundesratStenographisches Protokoll876. Sitzung, 876. Sitzung des Bundesrates am 15. März 2018 / Seite 113

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lohnt sich bei Ihnen aber nicht!) – „so spielen Frauen dennoch seit jeher bei uns eine besondere Rolle. Sie sind bei vielen Veranstaltungen eingebunden und stellen immer eine willkommene Bereicherung dar.“ – Wie auch immer diese Bereicherung dann aus­schaut, so schaut, glaube ich, das Verständnis eines Verfassungsrichters im 21. Jahr­hundert in Österreich nicht aus. (Beifall bei der SPÖ.)

Später bei der Abstimmung soll heute der von den Freiheitlichen geförderte Dr. Rami von diesem Bundesrat, von den Regierungsparteien, gewählt werden. Natürlich kön­nen Sie es in der Demokratie so machen, wenn Sie die Mehrheit haben. Wenn Sie es so wollen, dann können Sie das so machen.

Wir von der Sozialdemokratie haben halt andere Zugänge. (Heiterkeit bei BundesrätIn­nen von ÖVP und FPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Ja, das kennen wir eh, eure Zugän­ge!) Wir sehen den Verfassungsgerichtshof als rechtsstaatliche Institution. (Zwischen­rufe bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: ... und ausgrenzen!) – Sie kommen dann eh dran, wenn Sie reden wollen. Lassen Sie mich ausreden! (Ruf bei der FPÖ: Wir hören eh zu!) Zum Teil lebt der Verfassungsgerichtshof von der Ausgewogenheit seiner Zusammensetzung, davon, dass die Gesichtspunkte von Erfahrungen von Uni­versitätsprofessoren, hochrangigen Beamtinnen und Beamten ebenso vertreten sind wie jene aus der Anwaltei oder dem Notariatsbereich. Es gibt aber auch ein mehr als legitimes, demokratisches Interesse daran, dass die Gesellschaft innerhalb dieses Ver­fassungsgerichtshofes abgebildet und widergespiegelt wird. Wenn nur Männer nachbe­setzt werden – das möchte ich auch allen Frauen ans Herz legen –, dann sinkt die Frauenquote im Verfassungsgerichtshof auf unter 30 Prozent.

Im Hinblick darauf, dass die letzte Verfassungsrichterin, die der Bundesrat bestellt hat – Frau Eleonore Berchtold-Ostermann, eine Rechtsanwältin –, eine Frau war und ihren Schwerpunkt im Zivilrecht hatte, wäre unser Vorschlag Frau Dr.in Marcella Prunbauer-Glaser, die auch Zivilrechtlerin und Vizepräsidentin des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages ist. Damit würde auf eine Frau, die der Bundesrat gewählt hat, wieder eine Frau folgen.

Wir unterstützen hier nach eigenen Aussagen (Bundesrätin Mühlwerth: Das haltet ihr ja sonst auch nicht ein!) auch eine parteifreie Kandidatin, die beim Hearing äußerst selbstbewusst aufgetreten ist, die auch die Begleiterscheinungen dieses Hearings of­fen angesprochen hat, die über hohe Kompetenz verfügt – Frau Kollegin Mühlwerth, hören Sie zu! – und die auch offiziell eine qualifizierte und kompetente Frau ist. (Bun­desrätin Mühlwerth: Eine Frau folgt auf eine Frau oder wie ist denn das?) – Sind Sie fertig? (Rufe und Gegenrufe zwischen BundesrätInnen von FPÖ und SPÖ. – Bundes­rätin Mühlwerth: ... ja, wenn es ums Eigene geht, nehmen Sie es dann doch nicht mehr so genau!)

Jetzt bin ich selbst Beamter und komme aus dem Staatsdienst, wo die Vorgangsweise bei Ausschreibungen seit vielen Jahren, nicht nur als gelebte Praxis, sondern vom Ge­setzgeber vorgeschrieben, so ist, dass bei gleicher Qualifikation – wenn sich ein Mann und eine Frau gegenüberstehen – selbstverständlich die Frau genommen wird. (Neuer­licher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Nur jetzt gilt das nicht. Der Gesetzge­ber schreibt das bei Beamten vor, nur in unserem Fall, die wir uns auch Gesetzgeber nennen, gilt das nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Da ich jetzt so oft die Freiheitlichen angesprochen habe: Ich hätte es mir selbst nicht zugetraut, dass ich einmal einen ehemaligen Bundesrat der ÖVP zitieren werde. Es ist ein gewisser Jürgen Weiss, ein ÖVP-Bundesrat aus Vorarlberg. (Rufe bei der ÖVP: Präsident!) – Präsident, sogar!

Das Zitat ist aus dem Stenographischen Protokoll der 621. Sitzung vom 16. Jän­ner 1997, in der die jetzt abgetretene Verfassungsrichterin für diesen Gerichtshof be­stellt worden ist. Er sagt wörtlich, ich zitiere ihn:

 


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