9.36.20

Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im Bundeskanzleramt Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseher und Zuseherinnen! Es wurde schon sehr vieles gesagt, und was mich dabei positiv stimmt, ist die Tatsache, dass alle Fraktionen eigentlich das Gleiche für Frauen tun wollen: Wir wollen Frauen stärken, wir wollen Frauen fördern und wir wissen, dass Frauenpolitik noch immer im Fokus stehen muss, obwohl es, wie auch heute schon gesagt wurde, seit 100 Jahren ein Frauenwahlrecht in Österreich gibt und wir im Jahr 2018 eigentlich annehmen können sollten, dass wir bei Gleich­stellung, Chancengleichheit und Gleichberechtigung angekommen sind – wir sind aber leider noch weit davon entfernt.

Frauen sollen die Möglichkeit haben, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Frauen übernehmen Verantwortung in allen Lebensbereichen, in gesellschaftlichen, in wirt­schaftlichen. Da geht es nicht nur um Anerkennung, da geht es vor allem um Rah­menbedingungen, die sich Frauen schaffen, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Ich glaube, da braucht es eine extreme Stärkung der Frauen und auch Unter­stützung für Frauen. Ich möchte das gemeinsam mit Ihnen allen in den nächsten Jahren umsetzen. Ich habe heute hier schon ganz tolle Ideen gehört, Ideen, bei deren Umsetzung wir vielleicht alle unterschiedliche Wege gehen wollen, aber im Endeffekt verfolgen wir alle das gleiche Ziel. Ich denke, das ist ganz wichtig, um zu sehen, dass wir in den nächsten Jahren gemeinsam etwas für die Frauen in Österreich bewegen können.

Es wurde auch schon erwähnt, dass es nicht viele Seiten im Regierungsprogramm sind, wo man sich mit dem Thema Frauen befasst, aber ich glaube, da geht es eher um die Qualität in Bezug auf die Frage: Was wollen wir für Frauen machen? und nicht um die Quantität der sich damit befassten Seiten in einem Regierungsprogramm. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wenn es um das Thema Frauen geht, ist Gewalt gegen Frauen noch ein zentrales Thema. Es ist erschreckend: Gewalt gegen Frauen wird in Österreich nicht weniger – weder die körperliche Gewalt noch die sexuelle Gewalt. Warum gibt es so viel Gewalt? – Gewalt ist die extremste Ausdrucksform von ungleichen Machtverhältnissen, sowohl zwischen Männern und Frauen als auch zwischen Männern. Was braucht es, um Gewalt zu reduzieren? – Es braucht eine Gleichstellung. Es braucht Gleich­berechtigung zwischen Männern und Frauen und zwischen Männern.

Es gibt daher auch eine diesbezügliche EU-Konvention. Österreich hat zu den ersten 13 Staaten gehört, die diese EU-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt unterschrieben haben, ratifiziert haben; 2014 ist sie in Kraft getreten. Mit dieser sogenannten Istanbulkonvention gibt es diesbezüglich auch ein Druckmittel. Es gibt eine Überwachung, wenn man das so sagen darf, der Staaten, die diese Konvention unterschrieben haben, dahin gehend, ob sie etwas gegen Gewalt gegen Frauen tun. Wir können also nachvollziehen, was wir machen.

Österreich steht eigentlich ganz gut da, aber auch in Österreich gibt es noch immer Kritikpunkte und noch immer viel zu tun. Also: Was können wir tun, um Gewalt gegen Frauen zu verringern? – Wir müssen Gleichberechtigung schaffen. Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit ist ganz wichtig. Gerechter Lohn macht Frauen unabhängig, und Unabhängigkeit führt zu weniger Gewalt.

Es wurden hier schon die Einkommensberichte angesprochen. Die Einkommens­berichte wurden evaluiert. Studien zeigen uns, dass leider nur 25 Prozent der Frauen in den Betrieben, in denen es Einkommensberichte gibt, von diesen Einkommens­berichten wissen. Das heißt, wir müssen mehr Bewusstsein dafür schaffen. Wir müssen Maßnahmen ergreifen, um das Wissen darüber zu erhöhen, denn die Frauen, die davon wissen, profitieren extrem davon.

Wir müssen Frauen auch darin bestärken, öfter zu Lohnverhandlungen zu gehen, denn wir wissen, dass Frauen bei Lohnverhandlungen gleich erfolgreich sind wie Männer, sie gehen nur nicht so oft zu Lohnverhandlungen wie Männer. Es gilt also, wirklich viele Maßnahmen zu setzen, was die Bewusstseinsschärfung angeht.

Fehlende finanzielle Eigenständigkeit trifft oft vor allem Frauen mit Migrations­hinter­grund. Daher haben wir es uns auch zum Ziel gesetzt, vor allem Frauen mit Migra­tionshintergrund dabei zu unterstützen, eine entsprechende Arbeitsstelle zu finden, damit sie mit einem gerechten Lohn ein selbstbestimmtes Leben führen können und damit aus der Gewaltspirale herauskommen.

Ich habe in den letzten Monaten auch viele Frauenhäuser besucht, ich war im Orient Express, ich war gestern bei Rosa Logar in der Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie. Es macht mich betroffen, wie viele Frauen und Kinder, aber auch Männer in Österreich noch immer von Gewalt betroffen sind.

Deshalb werden 50 Prozent des Frauenbudgets in meinem Ressort für Gewalt­schutz­maßnahmen ausgegeben, für Prävention, für Beratung. Damit können wir Frauen unterstützen. Wir müssen die Opfer schützen, vor allem möchten wir diese Opfer aber nicht mehr als Opfer dastehen lassen. Sie brauchen Sicherheit, sie brauchen Stabilität, sie müssen in ein selbstbestimmtes Lebensumfeld zurückkehren können. Das ist mir sehr wichtig, und deshalb ist das ein Punkt im Regierungsprogramm, dessen Um­setzung mir besonders wichtig ist. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Wir haben uns auch dazu bekannt: Wir werden 100 neue Betreuungsplätze für Frauen – Notunterkünfte, Übergangswohnungen – schaffen. Frauenhäuser sind Ländersache; natürlich wäre es auch schön, wenn die Länder sich dazu bekennen würden, die Kapazitäten auszubauen. Mir geht es aber vor allem um Notunterkünfte, Interventionsstellen und Übergangswohnungen.

Der Familienbonus Plus wurde auch schon genannt, und ich möchte dazu sagen: Frauen sind, wie wir wissen, noch immer großteils dafür verantwortlich, die unbezahlte Arbeit zu übernehmen. Das ist hauptsächlich Familienarbeit, aber Familienarbeit im erweiterten Sinn. Es geht nicht nur um Kinderbetreuung, es geht auch um die Pflege pflegebedürftiger Menschen; auch das ist Familienarbeit. Wir müssen diese Fami­lienarbeit gerechter verteilen, um Frauen zu entlasten. Eine Möglichkeit zur Entlastung ist vielleicht der Familienbonus. Wir nehmen 1,5 Milliarden Euro in die Hand und entlasten damit Mütter und Väter von 1,6 Millionen Kindern. Auch alleinerziehende Frauen werden dadurch unterstützt. Vor allem alleinerziehende Frauen, die wirklich wenig verdienen, werden unterstützt, sie bekommen pro Kind noch 250 Euro dazu.

Ich möchte hier einfach sagen: Wertschätzen Sie dieses Paket bitte! Es bekommt jeder mehr, als er zuvor bekommen hat. (Bundesrat Schennach: Genau! Die, die mehr haben, kriegen mehr!) Wir haben uns dieses Mal einfach überlegt, bei dieser Steuer­reform steuerzahlende Familien zu entlasten. (Bundesrätin Posch-Gruska: Ja, super!) Das letzte Steuerreformpaket im Jahr 2016 hat die Geringverdiener entlastet. Ich denke, wir müssen auch einmal die mitnehmen, die Steuern zahlen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Steuerzahlende Familien haben eine Mehrbelastung: Oft arbeiten beide Elternteile, die Kindererziehung muss mit erledigt werden. Ich denke, es ist nur fair, dass der Familienbonus steuerzahlende Eltern entlastet, aber – und das ist mir sehr wichtig – ich möchte noch einmal betonen, dass er auch Alleinerzieher und Alleinerzieherinnen, Alleinverdiener und Alleinverdienerinnen berücksichtigt. Wir haben auf sie nicht vergessen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Kinderbetreuung für Frauen extrem wichtig ist. Es ist schade, sagen zu müssen, dass sie für Frauen extrem wichtig ist, denn sie sollte für Eltern extrem wichtig sein. Ich habe es aber schon erwähnt: Meistens sind es Frauen, die sich um die Pflege von Familienmitgliedern kümmern, die sich um die Kinder kümmern. Deshalb geht es darum, Frauen dahin gehend noch stärker zu unterstützen, deswegen wollen wir auch die Kinderbetreuung ausbauen. Wir haben gesagt: Wir werden wieder zweckgebundene Mittel hergeben, um die Kinderbetreuung quantitativ, aber auch qualitativ auszubauen. Heute wurde nämlich schon ange­sprochen, dass man Kinder nur dort in Betreuung geben möchte, wo die Qualität hoch ist. Deshalb ist mir das auch ein großes Anliegen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bravoruf bei der ÖVP.)

Wir haben heute schon von anderen Dingen gehört, die Frauen benachteiligen. Deshalb sage ich: Es ist meine Aufgabe als Frauenministerin, Familienministerin und Jugendministerin, Unterstützung vonseiten der Politik anzubieten. Ich glaube aber, da ist auch die Wirtschaft gefordert, und es ist auch die Gesellschaft gefordert. Alle von uns haben eine Holschuld und eine Bringschuld. Ich denke, Bewusstseinsschaffung, im Dialog mit Ihnen allen arbeiten, um gute Rahmenbedingungen zu schaffen, ist das Wichtigste, um Frauen in Zukunft zu stärken. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

9.47

Präsident Reinhard Todt: Ich danke Ihnen, Frau Bundesministerin.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marianne Hackl. Ich erteile ihr dieses.