BundesratStenographisches Protokoll878. Sitzung, 878. Sitzung des Bundesrates am 5. April 2018 / Seite 25

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auch aus eigener Erfahrung, dass Dinge Zeit brauchen und Schritt für Schritt gemacht werden müssen. Was aber fehlt und die letzten 40 Jahre immer wieder auffällt, ist, dass wir es noch immer nicht geschafft haben, ein gesellschaftliches Klima zu schaffen – ähnlich wie in Skandinavien –, in welchem es selbstverständlich ist, dass ein Mann aus einem Meeting geht, weil er seine Kinder vom Kindergarten abholen muss.

Mir hat eine Ärztin vor einiger Zeit erzählt, sie könne alles sagen, was sie vorhat, sie könne sogar sagen, dass sie shoppen gehen muss, aber sie könne nicht sagen: Ich hole meine Kinder vom Kindergarten ab! Das ist etwas – und das ist ja jetzt nur ein Synonym für das Klima insgesamt –, wo wir es schaffen müssen, dass es auch bei uns eine Selbstverständlichkeit ist, das zu sagen, denn Kinder sind ein wichtiger, ja der wesentliche Bestandteil unserer Familien, und es sollte so sein, dass sich Männer und Frauen gleichermaßen um die Kinder kümmern können. Aber da muss auch die Wirtschaft mitziehen und dafür sorgen, dass das friktionsfrei möglich ist, dass das nicht ein Exotikum ist, sondern eine Selbstverständlichkeit.

Ich bin da durchaus optimistisch, denn es hat ja jetzt alles ganz gut geklungen in der Hinsicht, dass wir uns einigermaßen einig sind bei dem, was wir wollen, und in weiten Bereichen auch bei der Umsetzung. Wenn wir hier alle – vor allem wir Frauen – an einem Strang ziehen, kann es uns durchaus gelingen, in die richtige Richtung voranzuschreiten und dann auch unsere Ziele und unsere Hoffnungen erfüllt zu bekommen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

10.03


Präsident Reinhard Todt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic. – Bitte.


10.03.43

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Ministerin! Werter Herr Präsident! Werte Kollegen und Kolleginnen! Vor 125 Jahren wurde in Österreich der erste Frauenverein gegründet. Vor 121 Jahren durften Frauen zum ersten Mal studieren. Vor 100 Jahren wurde, wie wir heute schon gehört haben, das Frauenwahlrecht in Österreich eingeführt, dann war Krieg, und auf das Mutterkreuz folgte dann die sogenannte Drei-K-Politik, sprich: Kinder, Küche, Kirche. Erst vor 52 Jahren wurde eine Frau Ministerin in Österreich, und zwar für Soziales. Vor 48 Jahren wurde die Stellung des unehelichen Kindes aufgewertet, und vor 43 Jahren kam es schlussendlich zum Kompromiss bei der Fristenlösung.

Im gleichen Jahr, also 1975, gelang es sogar, durchzusetzen, dass Frauen in Öster­reich ohne Zustimmung des Ehemannes arbeiten gehen durften, über den Wohnsitz und sogar über den Familiennamen entscheiden konnten. Vor 40 Jahren schließlich gab es in Österreich das erste Frauenhaus, die väterliche Gewalt wurde abgeschafft und das Ehescheidungsrecht abgeändert. Es dauerte elf weitere Jahre, bis schließlich Vergewaltigung in der Ehe strafbar wurde. Ein Jahr später, also 1990, hatte Österreich schließlich die erste Frauenministerin. Seit 25 Jahren gibt es in Österreich das Gleichbehandlungsgesetz. Vor 20 Jahren haben rund 650 000 Menschen in Österreich das erste Frauenvolksbegehren unterzeichnet.

Heuer ist sicher ein historisches Jahr: Wir feiern nicht nur 100 Jahre Frauenwahlrecht und 100 Jahre Demokratie, wir gedenken nicht nur des „Anschlusses“ Österreichs an Nazi-Deutschland vor 80 Jahren, sondern es gab jetzt auch die Möglichkeit, Unter­stützungserklärungen für das zweite Frauenvolksbegehren abzugeben. Das war deshalb so wichtig, weil von den elf Forderungen im ersten Frauenvolksbegehren bis dato keine einzige erfüllt worden ist. Die Anrechnung des Partnereinkommens bei der


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