BundesratStenographisches Protokoll878. Sitzung, 878. Sitzung des Bundesrates am 5. April 2018 / Seite 69

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Lassen Sie mich dazu etwas in die Geschichte ausschweifen: Wir hatten einmal ein Toronto-Ziel, daran werden sich manche noch erinnern. Wir als Österreich haben uns dazu bekannt und wir haben versucht, Berichte und so weiter zu machen, um dieses Ziel zu erreichen.

Dann gab es das Kyoto-Ziel, das auch international verbindlich war. Umweltministerin Flemming – die Ressortverantwortung für diesen Bereich ist schon relativ lange bei der ÖVP – hat damals, im Mai 1990, eine Kommission entsprechend der deutschen Enquete-Kommission gegründet. Die Verpflichtung war, minus 20 Prozent CO2 bis 2005 zu erreichen, bezogen auf das Referenzjahr 1988.

Es wurde das Interministerielle Komitee Klima gegründet und es hätten alle Alarm­glocken schrillen müssen, als das Finanzministerium in dieses Komitee gar keinen Vertreter gesandt hat; man ist da ziemlich steckengeblieben. Jahrelang hat man dann ergebnislos einen 15a-Vertrag verhandelt, um zu schauen, wen – Gemeinden, Länder oder Bund – man belastet oder wen man dafür verantwortlich macht, dass nichts weitergeht. Jährliche Emissionsbilanzen hat man für andere Klimagase wie CH4 und N2O gar nicht gezogen, dazu gab es nur Abschätzungen. Quantifizierende Pläne zur Reduktion fehlten.

Man muss dazu rückblickend sagen: Die Bekenntnisse waren immer ambitioniert, die Maßnahmen völlig ungenügend. Seit 2000 ist die wissenschaftliche Beratung der Bundesregierung und der zuständigen Ministerien zur Klimaproblematik zum Erliegen gekommen. Der Wissenschaftliche Beirat für Umweltfragen ist nach 25 Jahren sanft entschlafen. Kyoto ist bis 2013 und dann in die Verlängerung gegangen. Es wurde Bilanz gezogen: Wir hatten 2013 um 60 Prozent höhere Treibhausgasemissionen als in den 1990er-Jahren – von Sparen also gar keine Rede. Die Industriestaaten insgesamt übrigens haben die Ziele erfüllt und auch die EU. Österreich hat sie krachend verfehlt, was 400 Millionen Euro für den Zukauf der entsprechenden Emissionsrechte gekostet hat. (Bundesrat Samt: Das war mehr, Frau Kollegin, das war mehr!)

Auch für die zweite Periode: minus 16 Prozent bezogen auf 2005. Dabei ist 2005 ein für uns tolles Referenzjahr, denn da waren die Emissionen so hoch wie nie. Also auch für diese Periode sind wir nicht on track. Wir haben de facto um keine Tonne reduziert, wir haben die Emissionen mühsamst stabilisiert, und seit den letzten dreieinhalb Jahren sind sie wieder im Steigen.

Das heißt, Österreich hält sehr hartnäckig am mangelnden Umsetzungswillen fest. Dabei wäre Kyoto eigentlich nur eine Aufwärmübung, ein Aufwärmtraining für das, was uns bevorsteht, wenn das 2-Grad-Ziel erreicht werden soll. Es steht uns ein Marathon­lauf bevor. Kyoto hat uns gezeigt, dass wir nicht einmal für ein leichtes morgendliches Training aus dem Bett kommen. – Das ist die Situation.

Sieht man sich im Lichte dessen den Bericht an, so ist zum Thema Umwelt von An­gleichung von Zeitplänen bestimmter Berichterstattungspflichten die Rede. Im Bereich Fahrzeugemissionen zum Beispiel – unser größtes Problem, der Verkehr – kommt es dazu, dass wir Subsidiaritätsrügen im EU-Ausschuss aussprechen, aber nicht, was wir tatsächlich hier in Österreich tun wollen, um zu Senkungen zu kommen.

Meine Damen und Herren, wir müssen bis 2050 in unserer Wirtschaft komplett dekarbonisiert haben, als Industrienation 2030. Das ist das internationale Ziel. Da ist sehr viel weniger Platz, als ich meiner Rückschau hier dargestellt habe.

Es sitzt jetzt eine Partei in der Regierung, die ernsthaft darüber diskutiert, Tempo 140 auf den Autobahnen einzuführen. Wir haben Tempo 80 eingeführt, weil wir eben die Immissionsgrenzwerte in der Luft nicht erreicht haben. (Zwischenruf des Bundesrates Raml.) – Das war der Grund. Die Alternative war, Industriebetriebe nicht mehr


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