10.40.13

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich)|: Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär Fuchs! Geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen, auf der Galerie! Der Herr Finanzminister hat in der Budgetdebatte im Nationalrat gesagt, wir profitieren alle davon, dass Österreich in besonderer Form eine positive Konjunkturwelle erlebt. – Nur: Dass alle profitieren, das stimmt nicht ganz. Es könnten alle profitieren oder viele profitieren.

Geschätzte Damen und Herren! Alleine bei der Diskussion um die Zerschlagung der AUVA profitiert eine ganz kleine Klientel. Zwei Beispiele: KTM, einer der größten Spon­soren im ÖVP-Wahlkampf, profitiert mit 480 000 Euro. Die Uniqa – wir wissen, wer von der Uniqa kommt – profitiert mit 780 000 Euro von der Zerschlagung der AUVA. Ein ehemaliger Vizekanzler profitiert mit 3,7 Millionen Euro in seinem Konzern. Ein kleiner oder mittlerer Gewerbebetrieb, Frau Kollegin Zwazl (Bundesrätin Zwazl: Ich komm eh noch!), profitiert nur – nur! –, wenn er neun Beschäftigte hat: mit 1 500 Euro. (Bundes­rätin Zwazl: Pro Kopf!) – Nein, nicht pro Kopf, für das gesamte Unternehmen. (Bundes­rat Mayer: Du hast die Wiener Städtische vergessen, Ewald!)

Allein das zeigt, geschätzte Damen und Herren, wo hier die Schwerpunkte gesetzt werden. Was passiert, wenn die geforderten Einsparungen in Höhe von 500 Millionen Euro, die Kürzungen in diesem Bereich vorgenommen werden? Soll man bei den Un­fallrenten kürzen, die 504 Millionen Euro ausmachen? Soll man bei der Heilbehand­lung, bei der Reha mit 441 Millionen Euro kürzen? Soll man bei der Verwaltung 500 Millionen Euro kürzen? Die Verwaltung macht ja nur 92 Millionen Euro aus. Oder soll man gar bei der Prävention kürzen? Da könnte man 72 Millionen Euro sparen.

Geschätzte Damen und Herren! Sie sehen, das sind die Zahlen, auf die sich der Fi­nanzminister stützt, weil er sie aus dem Ministerium der Frau Ministerin Hartinger hat. Ich glaube, das sind so Sonntagsreden, 500 Millionen Euro müssen da gekürzt wer­den, 500 Millionen dort.

Oder: der AMS-Bereich. Im AMS-Bereich gab es die gute Chance, den Menschen eine Arbeit zu geben, die über 50 sind. Viele haben das auch genutzt, es gab die Ak­tion 20 000. Ein Beispiel aus dem Salzkammergut: Im Salzkammergut, in Ebensee, hat ein Trägerverein ein Taxiunternehmen für jene Menschen im ländlichen Raum ge­gründet, die nicht so leicht ins Krankenhaus, zum Arzt, in die Apotheke fahren können, die für Behandlungen wo hinfahren müssen oder einfach einkaufen wollen. Durch die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen, aber auch koordiniert mit der Wirtschaft im Salzkammergut, wurden 15 Langzeitarbeitslose über 50 – über 50! – beschäftigt; drei konnten in der Zwischenzeit schon in Pension gehen, für zwölf ist jetzt wiederum nur mehr das Arbeitsamt, das AMS die Anlaufstelle.

Geschätzte Damen und Herren! Allein das zeigt, dass man mit 100 Euro Mehrkosten im Monat einem Menschen die Würde gibt, dass er einen Arbeitsplatz hat und dass er nicht auf das AMS angewiesen ist, sondern sich das Geld selber verdient und in Würde auch einmal auf einen Kaffee gehen kann, denn er hat sich das Geld selber verdient.

Viele von Ihnen wissen wahrscheinlich nicht, was lange Arbeitslosigkeit bedeutet. Ich hatte mit diesen Menschen zu tun, auch als Bürgermeister macht man sich Sorgen, wenn in der Gemeinde hohe Arbeitslosigkeit herrscht. Und gerade da ist es erschre­ckend, dass man so zwischen Weihnachten und Heilige Drei Könige – ich möchte das Wort heilig ja in diesem Zusammenhang gar nicht erwähnen – diese Aktion runterge­fahren und mit einem Rundlaufbeschluss in der Regierung gesagt hat: Geh, schicken wir einmal schnell eine WhatsApp-Nachricht an alle Regierungsmitglieder! Die werden schon antworten. Wenn sie das lesen, dann nehmen sie es zur Kenntnis. Wenn die zwei Hakerln dort sind, dann haben wir einen Regierungsbeschluss. – So, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ist keine Finanzpolitik zu machen, jedenfalls nicht für die Schwächeren in der Gesellschaft.

Herr Staatssekretär, wir waren ja zusammen beim Budgethearing, Sie mussten wegge­hen, ich musste auch weggehen, weil zur selben Zeit der Bundesrat hier tagte. Einer der Experten hat beim Budgethearing das Budget als Budget der vergebenen Chancen bezeichnet. Die Chancen sind ja gut, dass die Staatsschulden sinken. Es gab ja eine Zeit zwischen 2009 und 2016/2017, als man auch Banken retten musste, insbesondere die Bank im Süden. (Bundesrat Samt: Das Thema ist schon gegessen!) Dass man sich jetzt schon davon erholt und die Bayern noch einmal etwas nachschießen, das tut dem Staatshaushalt gut. Das sehen wir auch, dass die Bayern wiederum - - (Bundesrat Samt: Haben Sie die Bawag auch schon vergessen?) – Die Bawag, wissen Sie, das war ein Lercherl, sagt man auf gut Wienerisch. Das war ein Lercherl. Das haben sich manche in der Pfeife geraucht, was die Bawag war. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischen­rufe bei der FPÖ.) Gegen die Hypo war das überhaupt nichts. (Bundesrat Rösch: Der ÖGB hat den ganzen Streikfonds verpulvert!)

Wir hatten die Chancen durch das Sinken der Staatsschulden. Die letzten Finanzminis­ter waren ja nicht unklug, dass sie gemeinsam mit den Sozialdemokraten ein ausge­wogenes Budget gestaltet haben – wenn nicht die Bankenkrise dazugekommen wäre. Wir hatten aber schon eine entsprechende Entwicklung, und das schon seit einigen Jahren. Bei den Zahlen 2015 gab es noch keinen türkisen oder blauen Finanzminister, sondern da gab es noch eine sozialdemokratisch geführte Regierung. Da war schon eine positive Entwicklung beim Staatsvermögen vorherrschend, das Staatsvermögen war größer als die Schulden. Wenn man auch noch die Vermögen der Gemeinden, der Städte und der Länder dazugezählt hätte (Ruf bei der SPÖ: Siehe Wien!) – wir wissen, dass die Länder sehr viel Vermögen haben, aber auch die Gemeinden, insbesondere in Tirol, viel Wald und viele Almen besitzen –, wenn man die noch dazugezählt hätte, dann wäre das Staatsvermögen weit, weit über der Maastrichtgrenze.

Geschätzte Damen und Herren! Sie wissen, die Arbeitsmarktentwicklung ist ja auch positiv. In vielen Bereichen ist uns das entgegengekommen, jetzt macht man aber Steuergeschenke, ohne zum Beispiel den Familien etwas zukommen zu lassen. Der Familienbonus ist ja wirklich ein Hohn für die Familien – ein Hohn für jene, die sehr wenig verdienen. Man hätte doch, wenn es ganz gerecht gewesen wäre, jeden Haus­halt mit Kindern mitprofitieren lassen können, aber es hätten dann - - (Bundesrat Rösch: Die wenigen werden auch entlastet!) – Jetzt können nur 36 Prozent aller Haus­halte mit Kindern davon profitieren; das sind jene, die mehr verdienen. Die Alternative wäre gewesen, die Kinderbeihilfe um 72 Euro pro Monat zu erhöhen, und dann hätten alle profitiert – alle! –, auch jene, die weniger verdienen. (Bundesrat Samt: Leichte Themenverfehlung, Herr Kollege!) Man hätte auch die Kindergärtenplätze oder die kindliche Frühförderung ausbauen können, und, und, und. Also in vielen Bereichen hät­te es die Notwendigkeit gegeben, etwas zu tun.

Geschätzte Damen und Herren! Es wird wahrscheinlich heute noch einiges diskutiert werden. Das Budget 2018 und 2019 ist das Budget der vielen vergebenen Chancen. Viele Dinge, die wir heute im Budgetbegleitgesetz beschließen, wären nicht notwendig gewesen, wenn wir das Geld am richtigen Platz verwendet hätten. Es ist das Budget der vergebenen Chancen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Rösch: Deswegen gibt es eine neue Regierung!)

10.50

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich darf auf der Besuchergalerie zwei Gruppen aus dem BRG Krems Ringstraße recht herzlich begrüßen, die heute am Girls’ Day teilnehmen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Peter Oberlehner. Ich erteile es ihm.