10.25.50

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister Moser! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim Datenschutz geht es ja nicht nur um den Schutz irgendwelcher abstrakter Zahlen – nein, es geht um den Schutz des Menschen, der hinter diesen Zahlen, hinter diesen Daten steht. Daten­schutz ist damit Menschenschutz. Der Mensch soll in seiner Privatsphäre, in seiner Individualität geschützt werden. Die Rechtsordnung muss da mit den technischen Möglichkeiten Schritt halten und darf es nicht zulassen, dass der Mensch selbst immer mehr zur Ware wird, indem Informationen über seine Lebensverhältnisse, Lebensge­wohnheiten, ja sogar über seinen Gesundheitszustand, den Bildungsstand, das Kauf­verhalten, über vieles mehr immer mehr zur Handelsware werden, was wir leider im­mer öfter beobachten müssen. (Vizepräsident Brunner übernimmt den Vorsitz.)

Diesbezüglich muss es Schutzmechanismen geben. Die Europäische Union hat diese Notwendigkeit erkannt und mit der Datenschutz-Grundverordnung eben einen Mecha­nismus geschaffen, europaweit möglichst einhellige Schutzmechanismen festzumachen. Das erfolgte eben deshalb in einer Verordnung, damit eine gleichförmige Umsetzung in ganz Europa gewährleistet wird, denn wir wissen, die Daten werden europaweit, ja weltweit verarbeitet, gesammelt, weitergeleitet und da braucht es natürlich auch einen breiten, räumlich breiten Schutzmechanismus.

Was aber macht die österreichische Bundesregierung? – Es wird das allerniedrigste Schutzniveau implementiert, wirklich das allerunterste Niveau! Es gibt keine Verbands­klagen, sodass sich jeder Konsument, jede Konsumentin selbst mit den Großkon­zer­nen wie Google, Facebook und so weiter anlegen muss und sich nicht, selbst wenn es gleichgeartete Schädigungen und eine Vielzahl von Geschädigten, viele Einzelfälle gibt, organisiert in Form von Verbandsklagen, in Form von Sammelklagen wehren kann, was ein Gebot der Stunde wäre. Der Konsument, die Konsumentin soll auf der einen Seite kleingehalten werden und sich eben nicht mit gleichermaßen Geschädigten zusammenschließen und organisieren dürfen, während auf der anderen Seite hoch spezialisierte Anwaltskanzleien stehen, die dann vielleicht gerade in Österreich Probefeldzüge starten und eben genau dieses europäische Rechtskonstrukt auf die Probe stellen wollen.

Also was Sie hier anrichten und was Sie den österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten antun, indem Sie sich da schon über Jahre – und in diesem Fall ganz besonders – gegen Verbandsklagen wehren, meine Damen und Herren von den Re­gierungsparteien, das scheint Ihnen offensichtlich selbst gar nicht bewusst zu sein, denn sonst hätten Sie wirklich ein ordentlich schlechtes Gewissen.

Sie befinden sich damit übrigens auch in schlechter Gesellschaft der Trump-Adminis­tration, die ja unlängst auch die Sammelklagen für Arbeitnehmer und Arbeitnehme­rin­nen hat einstampfen lassen. Es ist aber eben nicht nur das: Im Bereich der inneren Sicherheit wurde das Widerspruchsrecht beseitigt, im Bereich der Straßenverkehrs­ordnung und des Kraftfahrwesens wurden die anonymisierten Daten durch sogenannte pseudonymisierte ersetzt. Was es in der Praxis bedeuten könnte, wenn dann das eine oder andere in einem Akt auftaucht, das scheint Ihnen offensichtlich auch nicht so ganz bewusst zu sein.

Besonders dramatisch ist aber: Sie werfen hoheitlich gesammelte Daten über faden­scheinige Umwege einfach auf den Markt. Gesundheitsdaten, Bildungsdaten können von Institutionen genutzt werden, wenn sie sich vom Verkehrsminister, vom Infra­strukturministerium den Stempel Forschungseinrichtung holen. Das genügt. Die Daten können dann kursieren. Sie entwerten damit grundsätzlich sinnvolle Einrichtungen wie Elga oder auch die Bildungsstandarderhebungen.

Und noch mehr: Sie erschüttern das Vertrauen der Bevölkerung in diese wichtigen und sinnvollen Einrichtungen. Man muss auch dazusagen, Sie verankern ja nicht nur den Datenschutz in Österreich auf im Europavergleich niedrigstem Niveau, Sie unter­schreiten auch die Mindeststandards, sodass die EU-Kommission – vielleicht können Sie dazu noch Stellung nehmen, Herr Minister – schon Interventionen in Aussicht ge­stellt hat. Sie setzen damit übrigens auch Österreich dem Risiko eines EU-Vertrags­ver­letzungsverfahrens mit entsprechenden Folgen, vor allem Kostenfolgen aus. Wir wis­sen, dass das sehr teuer sein kann. Das scheint Ihnen aber wurscht zu sein, denn es ist ja nicht Ihr persönliches Geld, sondern das Geld der Steuerzahlerinnen und Steu­erzahler.

Sie setzen übrigens auch die Österreicherinnen und Österreicher dem Risiko aus, als Versuchskaninchen von Konzernen gebraucht oder teilweise auch missbraucht zu werden, eben wenn es darum geht, das neue Datenschutzrecht auf niedrigstem Niveau auszutesten, weil einfach die Rechtsschutzmechanismen nicht im vollen Umfang ausgestaltet sind. Darauf hat auch Max Schrems, der Datenschützer, der Ihnen ja allen bekannt ist, hingewiesen, indem er davor gewarnt hat, dass von diesem niedrigen Schutzniveau eine Sogwirkung ausgehen könnte – und das bitte ich auch zu beachten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Schluss auch noch etwas Positives: Es ist gelungen, dem – Allmachtswahn, sage ich jetzt nicht – Allmachtsstreben, sage ich, des derzeit amtierenden Bundeskanzlers Sebastian Kurz Einhalt zu gebieten. (Wider­spruch bei der ÖVP.) – Ich habe Allmachtsstreben gesagt. – Er hat nämlich offensicht­lich ein Sammelgesetz bestellt und da allerhand sachfremde Materiengesetze hinein­verpacken lassen, die eigentlich mit dem Datenschutz dem Grunde nach nichts zu tun haben. Das ist dem Vorsitzenden des Verfassungsausschusses Peter Wittmann aufgefallen und das hat auch – erfreulicherweise – bei Vertreterinnen und Vertretern der Regierungsparteien die Alarmglocken läuten lassen, aber auch bei Ihnen, Herr Minister Moser. Das rechne ich Ihnen wirklich sehr hoch an, denn da haben Sie Ihre bewährte Courage, die wir aus dem Rechnungshof kennen, kurzzeitig – ich hoffe, nicht nur kurzzeitig – wieder aufleben lassen und haben hier sozusagen die Notbremse ge­zogen, sodass diese Sammelgesetze und diese Ziffern, die darauf hinweisen, ge­strichen wurden.

Da meine ich schon, diese Alarmbereitschaft sollte auch weiter anhalten, diese Alarmbereitschaft ist bezüglich dieser Bundesregierung auch dringend geboten, denn es geht immerhin um die Grundrechte, um die Rechte der Österreicherinnen und Österreicher. – In diesem Sinne: Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Dziedzic.)

10.34

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich darf auf der Zuschauergalerie ganz herzlich die Teilnehmerinnen des Politiklehrganges der ÖVP-Frauen Oberösterreich begrüßen. Herzlich willkommen im Bundesrat! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Robert Seeber. Ich erteile es ihm. (Bundesrat Lindinger: Jetzt redest du vor eigenem Publikum!)