11.33.40

Bundesrat Martin Weber (SPÖ, Steiermark)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Wertes Regierungsmitglied! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 8. September 2008 werden im Mutterland des Kapitalismus, in den Vereinigten Staaten, zwei angeschlagene Hypo­thekenbanken notverstaatlicht. Am 14. September 2008 wird die US-Investmentbank Lehman Brothers für pleite erklärt. Dies löst einen Börsencrash und in weiterer Folge die größte Finanz- und Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit aus. Auch in Österreich mussten damals einzelne Banken und vor allem deren Sparer gerettet werden. Jene, die den Slogan: Weniger Staat, mehr privat!, plakatiert haben, werden auch bei uns plötzlich sehr, sehr leise und klein.

Die Lehman-Pleite jährt sich nun bald zum zehnten Mal. Die Gründe für die damalige Finanzkrise waren übermäßige Risiken und mangelnde Kontrolle. Noch immer ziehen wir Lehren aus dieser Finanz- und Bankenkrise. Die nächste Finanzkrise kommt be­stimmt (Bundesrat Samt: Jawohl, Ängste schüren!), war die Aussage eines Vorstandes der Finanzmarktaufsicht, um darauf hinzuweisen, dass wir jetzt, in Zeiten der Hoch­kon­junktur und in einem stabilen Finanzmarktumfeld, die richtigen Instrumente einrichten müssen, die uns in Zukunft in solchen Fällen entsprechend helfen werden. (Bundes­rätin Mühlwerth: Da hat ja die SPÖ Erfahrung damit, nicht?)

Es stellt sich also die Frage: Ziehen wir in ausreichendem Maße die richtigen Leh­ren? Eine der Lehren, die man gezogen hat, ist, dass das wichtigste Aufsichtsorgan jeder Bank, das Kontrollorgan, der Aufsichtsrat, unabhängig vom Vorstand sein sollte, denn Kontrolle findet ja meistens erst nachher statt. Das, was wir zum Beispiel bei der Hypo-Pleite mit der Freiheitlichen Partei in Kärnten gesehen haben (Bundesrätin Mühlwerth: Da habt ihr zugestimmt!), nämlich dass der Vorstandsvorsitzende von einem Tag auf den anderen - - (Bundesrätin Mühlwerth: Mit Zustimmung der SPÖ! Das wollen wir nicht vergessen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Regt euch nicht auf! Das ist euer Skandal, den werdet ihr in diesem Leben nicht mehr los! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mayer: Ihr aber die Bawag auch nicht!) – Ihr (in Richtung ÖVP) wart auch dabei! Es war, glaube ich, der Eurige, der im Gefängnis war! (Bun­des­rätin Mühlwerth: Oder der Konsum!)

Dass der Vorstandsvorsitzende von einem Tag auf den anderen in den Aufsichtsrat wechselt und sogar dessen Vorsitzender wird, war sehr, sehr schlecht. Im Nachhinein wissen wir – es wurde ja aufgedeckt –, dass es dabei nur um die Verlängerung des Systems FPÖ in Kärnten, des Systems Haider mit den bekannten Machenschaften ging. (Bundesrat Samt: Das ist schon die zweite Märchenstunde heute, Herr Kollege! Unglaublich! – Bundesrat Schuster: Auf die Toten kann man immer schimpfen!) Dies hatte einen nicht unwesentlichen Anteil daran, dass die Pleite dieser Bank, die eben die Kärntner Freiheitlichen zu verantworten hatten, derart groß wurde. (Bundesrätin Mühlwerth: Mithilfe der SPÖ!)

Heute wäre es gar nicht mehr möglich, dass ein Vorstandsmitglied einer Bank unmit­telbar in den Aufsichtsrat wechselt. Dafür gibt es die sogenannten Leitlinien europä­i­scher Aufsichtsbehörden. Die sind jetzt verändert und in den wichtigsten Fragen rich­ti­gerweise auch verschärft worden. Dabei geht es zum Beispiel um die Zusam­men­setzung des sogenannten Vergütungsausschusses, eines Teils des Aufsichtsrates, der regelt, wie viel der Vorstand verdient, wie hoch die Grundgehälter, wie hoch die Boni und dergleichen sind. In diesen neuen Leitlinien wird jetzt klargelegt, dass in diesem Ausschuss unabhängige Aufsichtsräte sitzen müssen.

Die ursprüngliche Regierungsvorlage hat die europäischen Leitlinien sehr vorbildhaft umgesetzt, allerdings wurde diese durch einen späteren Abänderungsantrag von ÖVP und FPÖ leider wieder stark verwässert, was dazu führt, dass in gewissen Banken im Vergütungsausschuss nicht eine ausreichende Anzahl an unabhängigen Aufsichtsräten sitzen wird. (Oh-Ruf des Bundesrates Schennach.) Wer da wohl interveniert haben wird? – Das wäre eigentlich sehr interessant. (Beifall bei der SPÖ.) Das Giebelkreuz lässt wahrscheinlich grüßen.

Österreich wird gegenüber den europäischen Aufsichtsbehörden Farbe bekennen und sagen müssen: Wir erfüllen diese genauen Leitlinien nur zum Teil. Sogar der Minister und einzelne Mandatare der Regierungsparteien haben dieses Manko bereits in der Nationalratssitzung zugegeben. Deswegen werden wir auch heute nicht zustimmen, so wie wir es auch am Montag im Ausschuss nicht getan haben. In Wahrheit ist es Öster­reichs unwürdig, wenn wir diese europäischen Leitlinien nicht vollständig umsetzen.

Wir meinen, dass diejenigen, die eine Bank kontrollieren, weitestgehende Unabhän­gig­keit von dieser Bank haben sollen. Diejenigen, die festlegen, wie hoch die Boni sind, wie hoch die Vergütungen des Vorstandes sind, sollen weitestgehend unabhängig von der Bank sein. Leider wird das in Österreich nicht der Fall sein. Das ist schade oder in Wahrheit eine Schande. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.39

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sonja Zwazl. Ich erteile es ihr.