11.19.37

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehr­ter Herr Bürgermeister, Herr Landeshauptmann, Herr Altbundesrat! Ich hoffe, es in dieser Reihenfolge richtig gesagt zu haben. Zuerst möchte ich mich einer guten alten Gepflogenheit folgend beim Präsidenten des Bundesrates Reinhard Todt für seine Aktivitäten im letzten halben Jahr bedanken: Du hast den Bundesrat nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland bei Konferenzen, Veranstaltungen und sehr vielen Begegnungen hervorragend vertreten – dafür ein herzliches Dankeschön auch im Namen meiner Fraktion! (Allgemeiner Beifall.)

Es war auch wichtig, dass du den Schwerpunkt des Bundesrates, den wir jetzt bereits über mehrere Jahre bearbeiten, nämlich die Digitalisierung, fortgesetzt und nochmals auch die soziale Komponente beleuchtet hast: die digitale Zukunft „sozial gerecht ge­stalten“. Im Rahmen des Symposiums hast du einiges aufgezeigt, was sehr wichtig für den Bundesrat war, der Herr Bürgermeister hat das ja auch lobend hervorgestrichen und erwähnt. – Dafür also nochmals ein herzliches Dankeschön!

Außerdem verweise ich auf den Tätigkeitsbericht des Bundesrates über das letzte Jahr, der dann im Juli aufliegen wird und in dem wir unsere gemeinsamen Aktivitäten aufgelistet haben. Ein Dankeschön auch für die Gemeinsamkeiten von Vorarlberg und Wien, die wir nicht nur bei den Übergaben, sondern auch sonst gepflogen haben! Das ist vielleicht auch eine Überleitung zur Frage, warum jetzt der Vorarlberger hier steht, denn Wiener Bundesrat haben wir ja keinen mehr, den hat uns der Koalitionspartner weggenommen.(Heiterkeit der Bundesrätin Posch-Gruska.) Irgendwann wird das Mandat vielleicht wieder zurückkommen. (Bundesrat Längle: Entscheidung von Wahlen, oder?!) So ist eben Politik und, ja, so muss man das auch zur Kenntnis nehmen.

Es gibt viele Gemeinsamkeiten, das habe ich schon angesprochen und das werde ich im Zuge meines Redebeitrags auch noch wiederholen. Wenn man jetzt von mir er­wartet, dass ich als Vorarlberger die Wiener Innenpolitik aufs Tapet bringe, dann muss ich die Leute enttäuschen. Das überlasse ich anderen, beziehungsweise es findet ja im Wiener Landtag immer wieder statt; das maße ich mir als Vorarlberger nicht an. Man könnte schon einige Schmerzpunkte aufs Tapet bringen, die sind ja allen bekannt: Krankenhaus Nord und so weiter, wo es ja auch eine Untersuchungskommission geben wird, Stichwort Energetiker, Kostenexplosion et cetera – aber das erwähne ich jetzt überhaupt gar nicht. (Heiterkeit bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.)

Es gibt aber schon Tatsachen und Gemeinsamkeiten mit den Ländern, Herr Bürger­meister: was Migration anbelangt, was Integration anbelangt, Zuzug in die Mindest­sicherung, Probleme mit der Wohnsituation. Das Thema leistbares Wohnen hat Kolle­gin Grimling schon angesprochen. Das ist inzwischen auch bei uns ein großes Problem, denn das Vorarlberger Häuslebauen oder dass sich jeder eine Eigentums­wohnung kauft, ist inzwischen auch nicht mehr leistbar. Ihr habt das inzwischen mit eigenem Wohnbau aktiviert, es gibt wieder den Gemeindewohnbau. In Vorarlberg gibt es auch eine riesige Wohnbauinitiative. Das, denke ich, ist länderübergreifend so, denn das sind soziale Herausforderungen, die die Länder allgemein tangieren, und da ist Wien sicher auch vorbildlich.

Was die Mindestsicherung anbelangt – du hast es angesprochen, Herr Bürgermeister –: Ja, da sind wir, die Länder, in Verhandlungen, insbesondere im Westen hat das natür­lich auch mit den Wohnkosten zu tun. Da kommen wir mit dem, was vorgeschlagen wurde und jetzt noch in Diskussion ist, sage ich, auch nicht zurande. Ich denke aber, die Landeshauptleute sind in guten Gesprächen, dass man da noch einiges umsetzen beziehungsweise auch länderspezifische Sachen miteinbauen kann.

Ich bin dir auch für deine lobenden Worte für den Bundesrat dankbar und dafür, dass du aus eigener Erfahrung über den Bundesrat berichtest und auch die verfassungs­mäßigen Möglichkeiten angesprochen hast. Wenn der Bürgermeister oder Landes­hauptmann zu uns kommt, bedeutet das natürlich auch Anerkennung und Akzeptanz – dafür, Herr Bürgermeister, sind wir sehr dankbar. Wir haben jetzt einige Jahre warten müssen, bis wieder ein Landeshauptmann aus Wien in den Bundesrat kommt, aber deine Verbindung ist eine besondere, und dafür auch nochmals ein herzliches Dan­keschön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

Welche besonderen Bezüge gibt es meinerseits zu Wien? – Ich kann anmerken, dass ich in den letzten 45 Jahren immer wieder in Wien war. Ich habe das Militär hier absolviert, die Bundespolizeischule hier absolviert, ich war im Rahmen meiner gewerk­schaftlichen Aktivitäten immer wieder in Wien. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ja, Poli­zei­beamter, ich stehe auch dazu. Das ist ein ganz wichtiger Beruf in Österreich, es wird immer wichtiger, für die Sicherheit da zu sein. Die Expertise kann ich später liefern; das muss ich, glaube ich, nicht extra ausführen. Als Gewerkschafter war ich sehr lange und oft in Wien tätig und jetzt 14 Jahre lang als Bundesrat.

Ich habe auch mitbekommen, wie Wien gewachsen ist, wie Wien sich entwickelt hat, wie daraus wirklich eine lebenswerte, wunderbare Stadt geworden ist. Nicht umsonst wird Wien als lebenswerteste und auch als liebenswerteste Stadt bezeichnet. Ich habe schon ein paar Mal gesagt, für mich persönlich ist es schwierig, immer nach Elisabeth Grimling zu reden, da sie praktisch immer schon wesentliche Teile meiner Rede vorwegnimmt (Heiterkeit der Bundesrätinnen Grimling und Zwazl), zum Beispiel die Mercer-Studie, die sie hier zitiert hat. Das ist schon etwas, was man auch sehr positiv erwähnen kann, denn das ist nicht nur eine Studie für Manager oder Leute, die sich entsprechend etwas leisten können, sondern in dieser Mercer-Studie sind viele Aspekte untergebracht, bei denen es auch um Infrastruktur, Gesundheitsvorsorge, Freizeitangebote, innere Sicherheit geht. Das ist natürlich für alle Menschen relevant, nicht nur für Leute, die in Wien wohnen oder sich hier kurzfristig aufhalten.

Es geht auch um Kommunikationsmittel, wie schon angesprochen, die Digitalisierung, und auch um die Kriminalitätsrate. Das ist, denke ich, schon ein wichtiger Punkt. Das Ergebnis dieser Mercer-Studie ist auch ein wichtiger Ausweis für den hohen Standard, den Wien zu bieten hat, und das darf ich natürlich auch entsprechend erwähnen und dazu darf ich auch recht herzlich gratulieren, Herr Bürgermeister. (Beifall bei ÖVP und SPÖ, bei BundesrätInnen der FPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.) – Da kann man applaudieren, jawohl.

Auch die Digitalisierung hat Kollegin Grimling schon angesprochen. Das brauche ich jetzt wirklich nicht mehr zu wiederholen, was es da alles gibt, von Open Government über digitale Verwaltung – wo Wien sehr, sehr führend ist, da können sich andere Städte etwas abpausen – bis zu Smarter Together, wo es gute Städtepartnerschaften mit Lyon und München gibt – da ist schon etwas vorzuweisen –, oder auch, dass man den Menschen Public WLAN näherbringt und somit auch der Allgemeinheit die Digita­lisierungsschritte aufzeigt. Das, finde ich, ist schon eine sehr gute Geschichte und das kann man auch positiv erwähnen.

Herr Bürgermeister, von dir wurde auch die Entwicklung der Ostregion angesprochen. Da spreche ich natürlich auch im Sinne meiner KollegInnen aus dem Burgenland und insbesondere auch aus Niederösterreich. Es ist wichtig, dass sich diese Region weiterentwickelt, dass es sehr viele gute Gemeinsamkeiten gibt, wie zum Beispiel die dritte Piste, die ja von allen vernünftigen Parteien akzeptiert wird, wodurch es sehr viele zusätzliche Arbeitsplätze geben soll. Das ist eine Weiterentwicklung, dass man Wien, Schwechat als internationale Drehscheibe auch weiter forciert und ausbaut. Da muss man dankbar sein, wenn es jetzt nach einem Gerichtsentscheid quasi eine ver­nünf­tige Tendenz gibt. Außerdem, für unsere Sozialdemokraten: Wir wollen natürlich auch den Arbeitsplatz von René Pfister erhalten, obwohl er jetzt nach Niederösterreich in den Landtag gewechselt ist; also da sind wir auch großzügig, glaube ich. (Heiterkeit bei BundesrätInnen von ÖVP, SPÖ und FPÖ. – Beifall und Bravoruf der Bundesrätin Grimling sowie Beifall des Bundesrates Koller.)

Es gibt aber, was Verkehrspolitik und die Ostregion anbelangt, natürlich schon einiges, was man auch kritisch anmerken muss – jetzt nicht in eure oder deine Richtung, aber was den Koalitionspartner anbelangt. Da gibt es natürlich manchmal schon auch Bock­sprünge, wie man so schön alemannisch sagt. Ich denke, in der Verkehrspolitik sollte man darauf schauen, dass man die Infrastruktur ausbaut, dass man diese moder­nisiert, dass man das erweitert, den Verkehr flüssig hält, die Stadt durch moderne Ver­kehrsplanung auch zukunftsfit macht. Da denke ich, dass oft in der Wiener Ver­kehrspolitik schon auch das Umgekehrte geschieht. Ich denke jetzt an den Lobau­tunnel. Der sagt mir insoweit nur so viel, als ich in der Lobau im Militärdienst immer gebuddelt habe und durchmarschiert bin – schön, erhaltungswürdig; aber wenn unten ein Tunnel gebaut wird, wird oben sicher nichts beeinträchtigt.

Wenn dann eure eigenen Kollegen, die sich dafür aussprechen, als Feiglinge bezeich­net werden und dann noch vom Koalitionspartner eine Bürgerinitiative mit dem intelli­genten Namen Nobau gegründet wird, dann muss ich mich schon fragen, was Ver­kehrspolitik so soll – oder wenn man Professor Knoflacher zitiert, der ja meiner Meinung nach kein Straßenexperte, sondern ein Straßentod ist. Wenn ich in Österreich irgendetwas nicht bauen will, rufe ich den Knoflacher an; der Knoflacher gibt natürlich genau in diese Richtung ein Gutachten oder eine Expertise ab. (Heiterkeit der BundesrätInnen Mühlwerth und Pisec.)

Es sagt zum Beispiel der Verkehrsexperte Werner Rosinak – das schon euch ins Stammbuch, liebe Kollegen von den Grünen! –: Beim Streit um den Lobautunnel scha­det Knoflacher der Stadt Wien. „Entscheidend sei die Abwägung von Risiken des Tun­nelprojekts für Wien – in Punkten wie Wirtschaft, Ökologie, Verkehrsentlastung oder Lebensqualität.“ „Das Risiko“, so Rosinak, „der Unterlassung ist größer als das Risiko des Tunnels.“ Und jetzt gut zuhören: „Wird der Tunnel nicht gebaut, sei ein Verkehrs­kollaps unvermeidlich.“

„Ein Verkehrskollaps unvermeidlich“ – na, klar, darum gründet ihr eine Bürgerinitiative, denn ohne dass - - (Bundesrätin Dziedzic: Das stimmt nicht! Glauben Sie uns, wir haben uns das genauer angesehen als Sie!) – Ja, ja, der Rosinak hat sich das genauer angesehen, noch genauer als der Knoflacher, denn der Knoflacher hat immer nur eine Expertise: Keine Straße! (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Das ist immer seine Rede: Mehr Straßen erzeugen mehr Verkehr – dann erzeugen mehr Waschmaschinen schmutzige Wäsche, dann produzieren Krankenhäuser Kranke. (Heiterkeit bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.) Das ist die Logik von Herrn Knoflacher und von euch Grünen. (Beifall bei BundesrätInnen von ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe des Bundesrates Stögmüller.– Herr Kollege, ich habe mit einem Taxifahrer gesprochen, der sagt, der Lobautunnel würde insgesamt etwa 25 Minuten Fahrzeit vom Süden in den Norden von Wien – und dann weiter nach Nieder­öster­reich – bedeuten. Das sind weniger Abgase, weniger Umweltbelastung, weniger Stau.

Das dann auch noch mit der Citymaut zu vermischen schlägt dem Fass schon den Boden aus, das muss ich euch schon sagen, denn das betrifft 200 000 arbeitende Men­schen, die nach Wien einpendeln und die auch für Wien sehr viel an wirt­schaftlicher Entwicklung, an Wertschöpfung, dazu, dass es Wien gut geht und so weiter, beitragen. Die dann schlussendlich auch noch zu bestrafen und das noch mit dem Tunnel zu verquicken, das ist eine abstruse Idee, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Den Abtausch mit diesem 365-Euro-Ticket wollte ich eigentlich auch gar nicht erwäh­nen (Heiterkeit der Bundesrätin Zwazl), denn das kostet eh nur 500 Millionen Euro. (Zwischenruf der Bundesrätin Dziedzic.) Das kostet insgesamt nur 500 Millionen, und das drücken wir dann den Burgenländern und den Niederösterreichern aufs Auge – na nett, sehr angenehm! (Bundesrat Stögmüller: Und in Tirol?!) So geht man mit Kollegen aus den Bundesländern um.

Man kann schon darüber reden, wie beim Jugendticket zum Beispiel. Da gibt es das Jugendticket Burgenland, Wien, Niederösterreich – hervorragend. Die Jugendlichen, Lehrlinge können um 70 Euro fahren, auch in den Ferien natürlich. Das ist ein hervor­ragendes Projekt. (Bundesrat Stögmüller: ... Koalitionspartner ...!) Das ist es eben: Wenn man sich mit den Bundesländern zusammensetzt und gemeinsame Projekte ausarbeitet, dann gibt es auch einen entsprechenden Erfolg, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Bundesrat Stögmüller: Es ist ja schön, dass ihr den Todesfeind Grüne gefunden habt! Das Einzige ...!) – Nein, nein, Herr Kollege ... (Bundesrat Stögmüller: Hau her! – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Ich sage euch eines, liebe KollegInnen von den Grünen: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit! Das ist ein Faktum, ich sage euch das. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Präsident Reinhard Todt: Herr Bundesrat, bitte zum Schluss kommen, Sie haben die Redezeit überzogen.

Bundesrat Edgar Mayer (fortsetzend): Ich komme zum Schluss. Es war natürlich länger, Herr Präsident, weil ich dich am Anfang circa 3 Minuten lang gelobt habe. Das müsste man einrechnen, oder?

Präsident Reinhard Todt: Die sind schon dabei!

Bundesrat Edgar Mayer (fortsetzend): Ist schon dabei, okay. (Heiterkeit der Bun­desrätin Zwazl.)

Ich bedanke mich nochmals, Herr Bürgermeister, Herr Landeshaupt­mann, Herr Präsident, für die ausgezeichnete Zusammenarbeit, für die gute Stimmung, die wir gemeinsam hatten. Ich habe es beim Städtetag in Feldkirch aus nächster Nähe erfahren können, da gibt es auch im Städtebund und im Gemeindebund ein gutes Miteinander. Die Achse Wien–Vorarlberg funktioniert auch bei den Finanzausgleichs­verhandlungen immer, das ist ein gutes Asset der Landeshauptleutekonferenz und das trägt auch sehr viel zur Finanzierbarkeit der Länder und Gemeinden bei.

Abschließend ein Bonmot (Ruf: Noch eines!) – bisher brachte ich keines –: Einer guten Tradition folgend haben die Vorarlberger und die Wiener bei den Finanzaus­gleichs­verhandlungen immer für klare Verhältnisse gesorgt. Als bei den vorletzten Verhand­lungen noch ein wesentlicher Anteil für die Spitalsfinanzierung fehlte, hat Herbert Sausgruber Michael Häupl angerufen und gesagt: Da muss der Finanzminister noch einen ordentlichen Klapf-Klapf drauflegen! – Klapf ist ein alemannisches Wort und bedeutet: Es muss ordentlich etwas dazukommen!, oder: Es darf ein bisserl mehr sein!, so wie in Wien. (Zwischenruf des Bundesrates Stögmüller.) Der Klapf für die Spitals­finanzierung hatte ein Ausmaß von 200 Millionen Euro. – So funktionieren die länder­übergreifenden Beziehungen zwischen Wien und Vorarlberg zum Vorteil von ganz Österreich.

Ich sage abschließend: Gott gebe, dass es hebe! – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

11.34

Präsident Reinhard Todt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile es ihr.