14.09.21

Bundesrat Ewald Lindinger (SPÖ, Oberösterreich)|: Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Jahressteuergesetz – ein neuer Name, ein neuer Ausdruck; aber nicht immer ist alles, was neu ist, gut. (Bundesrätin Mühlwerth: Ja, was rot ist, schon gar nicht!) Gut für die Menschen ist dieses Gesetz sicher nicht, nämlich für die Schwächeren in der Gesellschaft, für jene, die weniger verdienen, für diese bringt es Nachteile; insbesondere benachteiligt es Kinder – und das ist ganz bedeutend, das ist in diesem Gesetz verpackt –, die Eltern haben, die weniger verdienen. Kinder von Eltern, die keine Steuern zahlen, sind benachteiligt, sind weniger wert, die Eltern bekommen weniger für die Kinder. (Bundesrat Mayer: Steuer­entlastung! – Bundesrat Rösch: Das versteht er nicht! – Ruf: Das ist ein voller Holler!)

Wer wird da bevorzugt? – Jene, die besser verdienen, die mehr verdienen, und das ist ja wahrscheinlich die Absicht dahinter. (Bundesrat Mayer: Als Erstes muss ich Steuern zahlen ...!) Das spürt man in allen Bereichen, bei vielen Husch-Pfusch-Gesetzen, die hier gemacht werden und nicht einmal ordentlich einer Begutachtung unterzogen werden. Es werden schnell, schnell Schnellschüsse gemacht, um in vielen Bereichen Klientelpolitik zu betreiben (Bundesrätin Mühlwerth: Na aber!); Klientelpolitik für jene, die bestellen, für die wird in vielen Bereichen geliefert, sei es die Versicherungs­wirtschaft, sei es die Landwirtschaft, seien es jene, die mehr verdienen. Da wird also unabhängig davon schon einmal Ungerechtigkeit hinsichtlich der Steuerverteilung, hin­sichtlich des Steuertopfs sichtbar.

Allein beim Familienbonus sieht man, dass Ungerechtigkeit besteht: Wenn Eltern kein steuerpflichtiges Einkommen haben (Bundesrat Mayer: Dann kriegen sie 250 Euro!), dann haben auch die Kinder keinen Anspruch auf irgendeine staatliche Leistung im Zusammenhang mit dem Familienbonus beziehungsweise einen so geringen, dass man fast nicht von einer Leistung reden kann. (Bundesrat Steiner: Deshalb ist es eine Steuerentlastung!) Was betreffend diesen Familienbonus noch zu bekritteln ist: Das ist ja kein Bonus, geschätzte Damen und Herren, das ist eigentlich ein Familienmalus. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Mayer: ... sozialdemokratischer Malus! – Weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Ein Familienmalus wird hier gemeinsam von Schwarz-Blau beschlossen (Bundesrat Brunner: ... selber lachen!), nämlich im Grunde genommen eine eklatante Benach­teiligung für jene Familien, die es nicht so leicht haben im Leben, die weniger ver­dienen, oder jene Alleinverdienerinnen und Alleinverdiener, die es in der Gesellschaft schwer haben; diesen gibt man nicht die Entlastung, die sie sich verdient haben, damit die Kinder genauso gerecht im Bildungssystem bedient werden und die notwendige Unterstützung des Staates bekommen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: ... Bildungssystem ist eh so ...! Ein Viertel kann nicht lesen und schreiben!)

Geschätzte Damen und Herren! Es wird immer wieder von einer Entbürokratisierung gesprochen, davon, dass alles einfacher werden soll. Ich habe mich schon lange nicht mehr mit Familiengeld beschäftigt (Bundesrat Steiner: Ah, deswegen so eine Rede! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), meine Kinder sind alle erwachsen; aber jetzt habe ich mich bemüht (Bundesrätin Mühlwerth: Ist aber nichts herausgekommen!), Klarheit zu bekommen. (Bundesrat Steiner: Das hat nicht geklappt! – Bundesrätin Mühlwerth: Und das ist herausgekommen!) Ich sage Ihnen, liebe Damen und Herren, geschätzte Kollegen von Schwarz-Blau, man muss ein Steuerexperte sein, ein Familienrechts­ex­perte, damit man die Schlupflöcher sieht: Wie bekomme ich am meisten? Wenn beide Partner, die Eltern der Kinder nicht zusammenleben, der eine mehr, der andere weniger verdient: Wer macht es geltend, wer bekommt am meisten, damit die Kinder nicht benachteiligt sind? Kommt das Geld, der Familienbonus, die steuerliche Ent­lastung bei dem Elternteil, bei dem das Kind lebt, überhaupt an? Das ist ja das Schwierige: Kommt das wirklich bei dem betroffenen Kind an?

Geschätzte Damen und Herren! Ich würde es nicht entbürokratisieren nennen und sagen: Wir sind die, die alles einfacher machen! – Es wird alles komplizierter. (Bun­desrätin Mühlwerth: Der hat aber auch schon besser geredet, der Lindinger!) Das Höchste ist ja, dass der Familienbonus nicht einmal so konstruiert ist, dass es eine Negativsteuerfähigkeit gibt. Nein, jene, die nichts in den Topf einzahlen, sollen auch nichts davon bekommen (Ruf bei der ÖVP: Ja, weil es eine Steuerentlastung ist!), nur die Tüchtigen, die Fleißigen und jene, die etwas verdienen. Sie alle, die Sie hier in der Mitte, da hinten sitzen (Ruf bei der FPÖ: Steuerentlastung! – weitere Zwischenrufe der Bundesräte Steiner und Weber) – ja, ja, ich weiß –, reden hier immer groß, tun aber nichts für die Kleinen, nichts für die Schwächeren in der Gesellschaft und haben die Wählerinnen und Wähler betrogen, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Seid doch nicht so eifersüchtig! – Bundesrat Spanring: Die Millionen, die in Österreich unter der Armutsgrenze leben ...!)

Die Spitze ist ja dann noch, dass es nicht einmal Erleichterungen für beeinträchtigte, behinderte Kinder gibt. Das haben Sie bei diesem Husch-Pfusch-Gesetz betreffend den Familienbonus auch übersehen. (Ruf bei der ÖVP: ... habt ihr in 30 Jahren nicht zusammengebracht!) Ich würde mich schämen, wenn ich als Regierung hier so etwas vorlegen würde. (Bundesrat Steiner: Schämen Sie sich für diese Rede!) Geschätzte Damen und Herren! Das ist nicht würdig, Familienbonus genannt zu werden. Wir werden es in Zukunft Familienmalus nennen, denn das ist die richtige Bezeichnung für dieses Gesetz. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Das heißt Familienbonus Plus!)

Sie verstecken das auch noch im Jahressteuergesetz; ganz leicht so versteckt. Eine wichtige, eine bedeutende familienfördernde Maßnahme hätte es werden sollen – nein, ist es nicht geworden; es ist nur eine Benachteiligung der Familien geworden. Da ist jenen, die etwas Positives machen wollten – vielleicht wollte man das sogar –, wirklich ein ganz, ganz schwerer Fehler passiert (Zwischenruf bei der ÖVP), aber ich glaube, dass bestellt wurde, jene Menschen zu benachteiligen, die es nicht so leicht haben, und jene zu bevorzugen, die mehr verdienen. Ich will ja nicht von den Reichen sprechen, sondern auch von jenen, die mehr verdienen.

Benachteiligt sind die Kinder. Im Kinderrechteausschuss reden wir über die Gleichstel­lung von Kindern, vielleicht auch noch einstimmig, alle sollen gleichgestellt sein, aber im Handumdrehen machen wir Gesetze, durch die Kinder benachteiligt werden (Ruf bei der FPÖ: Das stimmt doch gar nicht!) – aber in anderen Bereichen und in der Öffentlichkeit reden wir schön, reden wir ganz anders! Hier werden mit lachendem Gesicht Kinder und Familien, die sich nicht wehren können, benachteiligt, da wird einfach drübergefahren, geschätzte Damen und Herren! (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Es ist Ihnen noch etwas passiert: dass österreichische Kinder, die im Ausland leben, auch nicht berücksichtigt werden. Geschätzte Damen und Herren, in diesem Entwurf sind Fehler passiert, er strotzt nur so davon. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man das Jahressteuergesetz dann zu Ende liest und auch die Stellungnahmen, dann sieht man, es gibt nur negative Stellungnahmen: seitens der Arbeiterkammer, des ÖGB, von Juristen. Die Europarechtskonformität wird angezweifelt. (Bundesrat Steiner: Vom ÖGB, das kennen wir mittlerweile! – Zwischenruf bei der SPÖ. – Bundesrat Samt: ... ist jetzt aufgewacht!) Es gibt Begünstigungen für Stiftungszuwendungen.

Geschätzte Damen und Herren! Nach der Begutachtung ist die Option, dass Arbeit­geber den Dienstnehmern die Monatsabrechnung auch elektronisch übergeben kön­nen, neu hinzugekommen, aber der Dienstnehmer kann es sich nicht aussuchen, er muss es zur Kenntnis nehmen. (Ruf bei der FPÖ: Furchtbar!) Es gibt vielleicht Dienst­nehmer, die zu Hause keinen Computer haben, die zu Hause kein Handy haben (Bundesrat Steiner: Na ja! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), mit dem sie das abrufen wollen – wollen; ich habe nicht gesagt, können. (Ruf bei der FPÖ: Ja, aber das ist wieder etwas anderes!) Hätte ich gesagt, können, wäre das eine Unterstellung, dass sie nicht die entsprechende Bildung haben. Ich setze voraus, dass sehr viele Menschen so gebildet sind, dass sie mit einem iPhone oder Ähnlichem umgehen können. Es geht aber um das Wollen. (Bundesrat Steiner: Aber das ist nicht unser Problem, wenn jemand nicht will!) Wir wissen ja, dass das vielleicht im Netz ver­schwindet.

Weiters gibt es zum Beispiel einen Methodenwechsel von der Befreiungs- zur An­rechnungsmethode für niedrig besteuerte Einkünfte. Das wird einfach umgestellt, es gibt eine Hinzurechnungsbesteuerung.

Die Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes bringt eine Bevorzugung aller Immo­bilienkonstruktionen und -gesellschaften, sie werden von der Grunderwerbsteuer befreit. (Bundesrat Schennach: Die haben ja auch den Wahlkampf finanziert!) – Die wer­den wahrscheinlich etwas überwiesen haben. (Bundesrat Schuster: ... von den eigenen Leuten unterbrochen!) Das wird jemand bestellt haben, da wird wohl ein Bestellschein dazwischen sein. (Bundesrat Schennach: Kick-back-System! – Bundes­rat Steiner: Das rote Lamperl leuchtet schon!) Da gibt es in vielen Bereichen Nach­teile, Nachteile, Nachteile.

Geschätzte Damen und Herren, aus besagten Gründen werden wir diesem soge­nann­ten Jahressteuergesetz mit den vielen Tücken, die dahinterstehen, die Zustimmung nicht geben. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

14.20

Präsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Marianne Hackl. – Bitte.