BundesratStenographisches Protokoll882. Sitzung, 882. Sitzung des Bundesrates am 11. Juli 2018 / Seite 25

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Ich bin der festen Überzeugung, dass Kinder, auch wenn sie in finanziell schwachen Elternhäusern aufwachsen, die Möglichkeit haben müssen, in einem reichen Land wie Österreich – und das sind wir – an der besten Bildung teilzuhaben, an Ausflügen teilzunehmen, gutes und ausreichendes Essen zu konsumieren, ordentliche Kleidung zu haben, sich nicht als Aussätzige fühlen zu müssen, als Benachteiligte, als Sonderlinge, nur weil die Eltern nicht genügend Geld haben. Das darf in einem so reichen Land wie Österreich nicht sein; diese Kinder müssen ein Teil der Gesellschaft in Österreich sein.

Ich bin auch der Überzeugung, dass die Regierung mit dem Familienbonus Plus versucht, Kinder und Familien bestmöglich zu unterstützen – das glaube ich, ich möchte das wirklich nicht in Abrede stellen, überhaupt nicht –, nur profitieren leider durch die fehlende Negativsteuerfähigkeit weite Teile der Bevölkerung nicht davon. Das ist ein Faktum.

Ein Drittel der ArbeitnehmerInnen und sogar 45 Prozent der Frauen – 45 Prozent, das ist nicht wenig! – verdienen so wenig, dass sie gar keine Steuern zahlen; sie profitieren daher vom Familienbonus überhaupt nicht, in keiner Weise. Dadurch gibt es Kinder, die mehr wert sind – das ist Faktum –, und wir können es nicht unterstützen, dass in einem Staat manche Kinder mehr wert sind und andere Kinder weniger wert sind; das geht nicht. Manche Personengruppen werden durch die Streichung des Kinderfrei­be­trags sogar finanzielle Einbußen erleiden.

Auch die Absetzbarkeit von Betreuungskosten, die zum Beispiel in Oberösterreich von der schwarz-blauen Regierung als Argument für die Einführung einer Kosten­beteili­gung bei der Nachmittagsbetreuung vorgeschoben worden ist, soll jetzt abgeschafft werden. Das war ein Hauptargument, und jetzt wird das abgeschafft! Die Streichung der Absetzbarkeit von Betreuungskosten ist auch aus frauenpolitischer Sicht abzu­lehnen, da dadurch weniger Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gesetzt wird. Wir wissen, was die Folgen davon sind: Abhängigkeit und Altersarmut, und das trifft wieder hauptsächlich die Frauen; das wissen wir genau, zum Beispiel aus dem Sozial­bericht.

Es gibt noch viel mehr an dieser Novelle zu kritisieren: Kindern mit besonderen Be­dürfnissen – Kollege Lindinger hat das sehr gut ausgeführt – steht nach Vollendung des 18. Lebensjahres nur ein Familienbonus von 500 Euro zu, wo doch jeder weiß, dass die Kostenbelastung für diese Familien wirklich enorm ist. Das wird in der vorliegenden Novelle überhaupt nicht berücksichtigt. An die SPÖ, die dazu noch einen Abänderungsantrag eingebracht hat: Das ist richtig und wichtig!

Herr Staatssekretär, wir würden uns erwarten, dass diese Regierung auch auf die restlichen 20 Prozent der Familien schaut, die diesen Bonus nicht erhalten, dass sie nicht einfach zurückgelassen werden, denn es sind die ärmsten Familien, die kaum etwas bekommen, und es ist wirklich schade, dass man diese Familien im Stich lässt und damit die Gesellschaft weiter spaltet.

Apropos im Stich lassen, das passt auch noch zum letzten Punkt, auf den ich eingehen möchte, nämlich das Thema Gemeinden und Länder: Diese werden wieder einmal vom Bund im Stich gelassen und mit den Kosten allein gelassen. Durch die reduzierte Steuerlast aufgrund des Familienbonus Plus haben die Bundesländer geringere Ein­nahmen, und zwar um knapp 162,9 Millionen Euro. Das bedeutet zum Beispiel für Oberösterreich ein Minus von knapp 41 Millionen Euro. Für die Gemeinden – das muss ich auch als Gemeinderat hier kritisieren – sind das wieder einmal Einnahmeausfälle, und zwar von jährlich 136 Millionen Euro. – 136 Millionen Euro weniger für die Gemein­den, das heißt, für die Gemeinden wird es immer enger!

 


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