BundesratStenographisches Protokoll882. Sitzung, 882. Sitzung des Bundesrates am 11. Juli 2018 / Seite 29

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Stögmüller. – Bundesrat Spanring: Keine Sorge, auch Christian Kern wird profitie­ren!)

Ich arbeite in einer Familienorganisation und habe tagtäglich und sehr viel mit Familien zu tun. Wir sind im Jahr 2018, und es gibt sehr viele unterschiedliche Familien­konstel­lationen. Ich habe viel mit Elternteilen zu tun, die als AlleinerzieherInnen mit ihren Kindern im Haushalt leben. Ich habe mit Familien zu tun, bei denen beide Elternteile arbeiten, aber möglicherweise in Bereichen, in denen das Gehalt mehr schlecht als recht reicht. Das heißt nicht, dass sie nicht arbeiten; sie arbeiten, aber der Lohn reicht nicht aus, um in die Bereiche zu kommen, in denen dieser Bonus greifen wird. (Bundesrat Steiner: Aber dann muss man dazusagen, dass sie keine Steuern zahlen!)

Es gibt die verschiedensten Arten von Familien, und all diese Elternteile arbeiten und fragen mich in den letzten Tagen: Ist dieser Familienbonus auch für mich? Wie viel werde ich herausbekommen? Wann bekommt man das? Was bleibt mir? Was be­komme ich pro Monat über diesen Familienbonus dazu? (Bundesrat Mayer: ... sagt sicher, das nehmen wir nicht ...!) – Edgar, das ist unfair. (Bundesrat Mayer: Nein, nicht unfair!)

Es geht mir um die Familien, die leer ausgehen, und das sind gar nicht so wenige. Ich habe mir das Modell im Detail angesehen. Die Grundvoraussetzung ist, dass man min­destens 1 500 Euro Steuern bezahlt; dann bekommt man diese volle Unterstützung. (Bundesrätin Mühlwerth: Verdient! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das betrifft ungefähr 64 Prozent aller Familien; denen sei es vergönnt, die bekommen diesen vollen Betrag. Wir wissen aber, dass 26 Prozent der Familien viel weniger bekommen, manche bekommen etwa 250 Euro. Das betrifft eben hauptsächlich AlleinerzieherInnen, drei Viertel davon sind übrigens Frauen, es betrifft auch Studierende, und wir wissen, dass diese Gruppen nicht zu denjenigen gehören, die sich am Ende des Monats überlegen, was sie denn mit ihrem Geld noch machen könnten.

Dazu kommt noch, dass 10 Prozent der Familien nichts davon bekommen werden und nichts davon sehen werden. Die Eltern der Kinder in diesen Familien sind möglicher­weise arbeitslos oder beziehen Mindestsicherung. Wir wissen, dass zwei von drei Be­zie­herInnen der Mindestsicherung sogenannte Aufstocker sind; nur einer von drei bekommt die Mindestsicherung in voller Höhe, die anderen sind Aufstocker, das heißt, sie arbeiten, erhalten aber so wenig Lohn, dass sie zusätzlich etwas über die Min­destsicherung bekommen. Diese Kinder, die in Armut aufwachsen – und das sind in Österreich an die 116 000 (Bundesrat Rösch: Dank SPÖ!) –, sind überall benachteiligt. Wir wissen aus den Enqueten des letzten Jahres, dass sie höhere Gesundheitsrisiken haben, sie haben schlechtere Bildungschancen et cetera. Und genau diese Kinder gehen leer aus. (Bundesrat Rösch: Wer hat denn die Mittelschicht ausgehungert? – Bundesrat Weber: Schüssel I und II!)

Welche gesellschaftlichen Verhältnisse produzieren wir damit? Das möchte ich wirklich wissen! Was ist das für eine Gesellschaft, in der 10 Prozent der Familien, die jetzt schon arm sind, wieder nichts bekommen? (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Ein paar Details noch dazu: Wir wissen, dass hauptsächlich Männer Vollzeit arbeiten, das heißt, dieser Familienbonus greift hauptsächlich bei Männern. Das heißt, das ist eine männliche Förderung. (Bundesrat Steiner: Ich habe gar nicht gewusst, dass es bei Förderungen ein Geschlecht gibt!) Wir wissen, dass es für geschiedene Eltern extrem schwierig wird, herauszufinden, in welcher Konstellation sie am meisten von diesem Familienbonus haben. Man braucht schon fast einen Steuerberater, eine Steuer­­beraterin, um die beste Möglichkeit zu finden.

 


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