BundesratStenographisches Protokoll882. Sitzung, 882. Sitzung des Bundesrates am 11. Juli 2018 / Seite 30

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Mein Kollege Stögmüller hat es schon gesagt: In Oberösterreich ist die Situation speziell, weil seit dem heurigen Frühjahr die Betreuung der Kinder am Nachmittag noch mehr kostet. Da bleibt dann von diesem Familienbonus fast gar nichts übrig. (Ruf bei der ÖVP: Das ist eine Angleichung an österreichweite Verhältnisse!) Mit dem Kinderbetreuungsbonus, den es in Oberösterreich gibt, werden auch noch Eltern belohnt, die ihre Kinder nicht in eine Bildungseinrichtung geben. Kinder werden damit eigentlich ihrer Elementarbildung beraubt.

Wir haben einmal überschlagsmäßig durchgerechnet, was man denn mit diesen 1,5 Mil­liarden Euro, die für den Familienbonus verwendet werden, Sinnvolleres, Nach­halti­geres hätte anstellen können, das Österreich und unsere Kinder und die nächsten Generationen wirklich nach vorne gebracht hätte.

Wir hätten mit diesem Geld einerseits 37 000 zusätzliche Kinderbetreuungsplätze für unter Dreijährige, die wir dringend brauchen – das bestätigen uns alle internationalen Studien –, finanzieren können. Zusätzlich hätten wir Vollzeitkindergartenöffnungszeiten für alle sicherstellen können. Das ist angesichts des 12-Stunden-Tages, den wir offen­sichtlich noch beschließen müssen (Zwischenrufe bei der ÖVP), dringend notwendig. Wir hätten ein kostenloses zweites Kindergartenjahr für alle garantieren können. Wir hätten zusätzliche pädagogische Fachkräfte finanzieren können. Wir hätten außeror­dentliche Lohnerhöhungen für das Personal und damit eine Angleichung der Elemen­tar­pädagogInnen an die SchulpädagogInnen bewerkstelligen können. Das alles wäre sich mit diesem Betrag ausgegangen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Es wäre nachhaltig gewesen, in Kinderbildung statt in Steuerzuckerl zu investieren. Das wäre sinnvoll für unsere Zukunft gewesen.

Ich möchte noch etwas betonen und dabei auf die Aussendung des Österreichischen Städtebundes hinweisen, der tatsächlich Investitionseinbußen befürchtet, und zwar noch zusätzlich zu den Kürzungen im Bereich der Kinderbetreuung. Es ergibt sich also eine doppelte Belastung für die Gemeinden, die sich wiederum auf die Kinder­betreu­ung und die Elementarpädagogik auswirken würde. Mein Kollege hat es schon ange­sprochen: Ab 2020 würden den Städten und Gemeinden in diesem Bereich 136 Mil­lionen Euro pro Jahr weniger zur Verfügung stehen. Ich frage mich, wie sich das alles ausgehen soll und wie wir damit unseren Bildungsstandard halten, wenn nicht sogar ausbauen wollen. Ich wage zu bezweifeln, dass das möglich sein wird.

Als Fazit: Für diese Regierung gibt es Kinder, die mehr wert sind, und Kinder, die weniger wert sind. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt nicht!) Abgesehen davon, dass das dem Nichtdiskriminierungsgrundsatz und den Kinderrechten widerspricht, und abge­sehen davon, dass das der bisherigen österreichischen Tradition, dass uns jedes Kind gleich viel wert ist, widerspricht, weiß ich auch nicht, welche Gesellschaft wir damit produzieren, wenn wir diesen Familienbonus befürworten. Alle, die das tun, nehmen ein gesellschaftliches Gefälle in Kauf. Sie nehmen in Kauf, dass ein Drittel der Familien an unserem Wohlstand nicht teilhaben können. Wie wir mit den Folgen dieser Un­gleichheit und Ungerechtigkeit irgendwann einmal umgehen werden, steht wohl in den Sternen.

Wir von der SPÖ stehen für diese Ungerechtigkeit jedenfalls nicht zur Verfügung. Wir stehen dafür, dass jedes Kind eine schöne Kindheit haben soll und dass alle Kinder die gleichen Chancen im Leben haben sollen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bun­des­rätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

14.49


Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke sehr.

 


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