BundesratStenographisches Protokoll882. Sitzung, 882. Sitzung des Bundesrates am 11. Juli 2018 / Seite 78

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lege? Haben Sie nicht zugehört?) – Passen Sie auf, sonst kriegen Sie noch einen Herzinfarkt! (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Mit dem Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz wird ein Paradigmenwechsel im Bereich der bisherigen Sachwalterschaft eingeleitet, mit der großen und wichtigen Überschrift Erwachsenenvertreter statt Sachwalter. Dieses neue Gesetz soll und wird in erster Linie das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen, sprich der Menschen mit Beeinträchtigungen psychischer Natur oder Ähnlichem, stärken.

Diese Menschen sollen nun so weit wie möglich in den Entscheidungsprozess ein­bezogen werden und deutlich stärker begleitet und auch betreut werden. Wichtig für die Selbstbestimmtheit des Einzelnen ist, dass Vertreter sowie Gerichte in Hinkunft nur noch rechtliche und nicht mehr Aufgabenbereiche der Sozial- und Behindertenhilfe über­nehmen. Somit wird dieses Gesetz einen enormen Beitrag dazu leisten, das Leben all jener Personen, die durch ihr Schicksal auf Hilfe angewiesen sind, zu vereinfachen, aber zugleich auch zu mehr Freiheit und Eigenverantwortung führen.

Derzeit gibt es in Österreich, wie wir schon gehört haben, circa 60 000 Personen, die besachwaltet werden. Diese Fälle werden nun bis 2023 angeschaut und dahin gehend überprüft, ob überhaupt noch Bedarf dafür besteht. Leider gibt es wegen der alten Praxis der Sachwalterschaft auch viele Beschwerden, nun aber wird mit dem in Europa modernsten Vertretungsmodell der Weg für ein freies und selbstbestimmtes Leben frei gemacht. Für diese Verbesserungen wurden nun 27 Bundesgesetze adaptiert und angepasst.

In diesem neuen Gesetz gibt es nun vier Möglichkeiten einer Erwachsenenvertretung, und man kann somit maßgeschneidert auf den Einzelfall eingehen. Sie wurden zwar vom Vorredner schon ausführlich erwähnt, doch möchte auch ich noch kurz die vier Säulen anschneiden.

Zum einen ist dies der gerichtliche Erwachsenenvertreter, der nun den Sachwalter ersetzt und durch nächste Angehörige übernommen werden kann. Zugleich wird aller­dings die gesetzliche Handlungsfähigkeit nicht automatisch eingeschränkt.

Die zweite Säule und wesentliche Änderung besteht darin, dass nun gewählte Erwach­senenvertreter durch die betroffene Person selbst, soweit möglich, bestimmt werden können, damit diese für bestimmte Angelegenheiten die Vertretung übernehmen kön­nen.

Die dritte Säule ist die Vorsorgevollmacht. Hierbei kann die jeweilige Person schon für den Fall einer etwaigen Handlungsunfähigkeit vorsorgen und eine Person aus ihrem Umfeld bestimmen, die beim möglichen Eintritt einer Handlungsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit die Vertretung übernehmen kann.

Die vierte Säule ist die gesetzliche Erwachsenenvertretung. Diese wird nur dann zur Anwendung gebracht, wenn aus bestimmten Gründen die Säulen eins bis drei nicht angewendet werden können. Dies wird allerdings auf drei Jahre befristet, und nach deren Ablauf wird erneut überprüft, ob diese überhaupt weiter nötig ist oder ob eine andere Vertretungsform nun besser geeignet ist.

Summa summarum ist dies ein qualitätsvolles Gesetz, ein Meilenstein für mehr Selbst­verantwortung, Freiheit des Einzelnen und ein historischer Schritt für den rechtlichen Umgang mit Schutzbedürftigen. Nur kurz zu vorhin: Wer austeilt, muss auch einstecken können, liebe SPÖ. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Weber: Aber welches Niveau! – Bundesrat Todt: Zur Geschäftsbehandlung!)

17.52


 


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