9.15.48

Bundesrätin Mag. Doris Schulz (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Frau Präsidentin, dir persönlich herz­liche Gratulation dazu, dass du jetzt unsere Präsidentin und Vorsitzende bist. Wir freu­en uns auf eine engagierte und gute Zusammenarbeit. Das Thema Kinderrechte passt ja sehr gut zu dem Thema, dem wir die heutige Aktuelle Stunde gewidmet haben, denn Kinderrechte leben heißt Selbstbestimmung für die jungen Menschen zu schaffen und zu gewährleisten, und diese jungen Menschen werden dann hoffentlich an unseren Universitäten in Österreich auch unsere Zukunft gestalten.

„Wissenschaftsstandort Österreich im Jahr der Leistungsvereinbarungs-Verhandlungen und der Ratspräsidentschaft“ – dieser Titel der Aktuellen Stunde klingt etwas sperrig. Kürzer gefasst könnte man sagen: Es ist ein Blick und vor allem ein wichtiger Schritt in die Zukunft unserer Universitäten.

Was hat Ihr Smartphone mit der Johannes Kepler Universität in Linz zu tun? – Mehr als Sie denken, denn es steckt garantiert Wissen darin, das von den Informatikerinnen und Informatikern dieser Universität entwickelt wurde. Der EU-weiten Datenanalyse unserer Volkswirtinnen und Volkswirte verdanken wir indes viele Erkenntnisse darüber, wie wir im Alter leben werden. Und Sie können sicher sein, dass die Juristinnen und Juristen der JKU, wie die Johannes Kepler Universität in Linz in Kurzform heißt, an vorderster Front stehen, wenn es um arbeitsrechtliche Herausforderungen bei der Digitalisierung der Arbeitswelt geht. Jede der österreichischen Universitäten könnte ähnliche Beispiele vorlegen.

In hoch entwickelten Volkswirtschaften ist Wissen der wichtigste Produktionsfaktor, der Wettbewerbsfähigkeit verbessert und zur Lösung gesellschaftlicher Probleme aktiv bei­trägt. Mangels Bodenschätzen in Österreich ist unsere Zukunft in den Köpfen der Men­schen zu suchen, unter dem Motto: Land der rauchenden Köpfe! Immerhin gehört Ös­terreich zu den reichsten Ländern dieser Welt, und das haben wir unter anderem der Bildung, der Wissenschaft und der Forschung sowie Innovationen und der entsprechen­den Infrastruktur zu verdanken.

Ungleichheit, Klimawandel, Ressourcenmangel, Migration, Krankheiten: Die Universitä­ten finden Antworten, um gesellschaftliche Probleme zu lösen. Forschung sowie künst­lerische und kulturelle Produktionen an den österreichischen Universitäten liefern nicht nur Wissen und Antrieb für marktfähige Innovationen, Universitäten finden auch Lösun­gen für die großen Probleme unserer Zeit.

Konkret auf den Wissenschaftsstandort Österreich bezogen bedeutet das: Universitä­ten bringen viel mehr Steuergeld, als sie kosten. Ein in die Universität investierter Euro rechnet sich schon nach drei bis fünf Jahren. Österreich ist in der Europäischen Union Spitzenreiter bei der Kooperation zwischen Unternehmen und Universitäten. 57 Pro­zent der Großunternehmen kooperieren mit heimischen Hochschulen; im EU-Durch­schnitt sind es etwa 33 Prozent. Außerdem stellen Österreichs Universitäten an den Standorten 110 000 Arbeitsplätze zur Verfügung. Ihre Forschungsergebnisse sorgen für zusätzliche hochwertige Jobs und sogar für die Entstehung gänzlich neuer Bran­chen.

Und was steckt dahinter? Warum ist das jetzt aktuell? – Es geht um die Regelung der Universitätsfinanzierung Neu. Mit 1. August 2018 tritt die Verordnung in Kraft, die die Grundlage für die Leistungsvereinbarungen der Universitäten bildet. Das heißt, ab Sep­tember tritt jede Universität zu inhaltlichen und finanziellen Zielen in Verhandlungen mit dem Ministerium beziehungsweise mit unserem Minister Dr. Faßmann.

Vieles wird möglich, das zuvor nicht möglich war: Es gibt erstens eine deutliche Bud­getsteigerung für die Universitäten, ein Plus von 1,35 Milliarden Euro, und zweitens wird ordnungspolitisch die Beliebigkeit in Bezug darauf, wie viele Studierende an Ös­terreichs Universitäten betreut werden können, beendet. Das sind die zwei Kernpunkte.

In Summe bedeutet das 11 Milliarden Euro in den kommenden drei Jahren für unsere Universitäten in Österreich. Dieser Betrag setzt sich aus 840 Millionen Euro für die Fortführung begonnener Vorhaben sowie zusätzlichen 510 Millionen Euro, um insbe­sondere die Betreuungsrelationen zu verbessern, und aus weiteren Positionen zusam­men. Es gibt also mehr Budget und alle Universitäten profitieren.

Allein für Personalressourcen werden 510 Millionen Euro investiert. Rund 500 Profes­suren sowie Assistenzpersonal und Ausstattungsoverhead können dadurch zusätzlich finanziert werden.

Neu ist, dass nun viel stärker auf die individuellen Rahmenbedingungen an den Univer­sitäten eingegangen wird. Qualitätsaspekte wie Studierendenzahl, Studiendauer und Betreuungsverhältnis stehen im Vordergrund. Die Anzahl der prüfungsaktiven Studien und das Forschungspersonal rücken ins Zentrum.

Digitalisierung und soziale Dimension sind die zwei neuen Schwerpunkte der kommen­den Leistungsvereinbarungen.

Geregelter Zugang für bundesweit besonders stark nachgefragte Studien wird auch ein wesentlicher Aspekt sein. Dazu gehören deutlich bessere Betreuungsrelationen zwi­schen Massenfächern und betreuungsintensiven Fächern, auch das ist ein wesentli­cher Schlüssel.

Die Universitätsfinanzierung wird transparenter und effizienter und ist als Struktur auf drei Säulen aufgebaut. Die Bereiche Forschung, Lehre und Infrastruktur beziehungs­weise strategische Entwicklung werden getrennt betrachtet und zusätzlich werden die Studienrichtungen in Fächergruppen eingeteilt. Diese unterscheiden sich durch den Bedarf an Ausstattung und Betreuung, etwa haben die Buchwissenschaften, wie mein Studium der Geisteswissenschaften, einen anderen Bedarf als die technikorientierten Mint-Fächer, wie zum Beispiel jene der Johannes Kepler Universität in Linz, oder auch bestimmte künstlerische Fächer.

Ein wesentlicher Aspekt ist auch mehr Wettbewerb, denn für die Universitäten soll es stärkere Anreize geben, zusätzliche Mittel zu erhalten. In der Forschung sind die einge­worbenen Drittmittel oder die Anzahl der angebotenen strukturierten Doktoratspro­gramme entscheidend. Je mehr Absolventinnen und Absolventen das Studium ab­schließen beziehungsweise je zügiger die Studierenden sind, desto mehr Mittel können Universitäten für die Lehre akquirieren.

Nun zurück nach Oberösterreich und Linz, zur Johannes Kepler Universität als aktuel­lem Beispiel: Die JKU besteht seit 1966, betreibt vier Fakultäten und 20 000 Studie­rende gehen hier ein und aus. Es gibt 130 Professoren, 127 Institute, und das Jahres­budget von 150 Millionen Euro wird zu drei Vierteln vom Bund und zu einem Viertel vom Land getragen.

Der Standort Oberösterreich braucht aufgrund seiner Stärke im industriellen Sektor dringend Absolventen von Mint-Fächern. Deshalb ist das oberste Ziel der JKU eine 25-prozentige Steigerung der Zahl der Mint-Studenten bis 2021, und um das zu errei­chen, muss die JKU budgetär gut ausgestattet sein. Zurzeit laufen die Budgetverhand­lungen mit dem Ministerium. In konkrete Zahlen gegossen heißt das, die JKU Linz braucht 60 Millionen Euro mehr Mittel für die Periode 2019 bis 2021, um den Fach­kräftemangel in dem Industriebundesland Österreichs nicht noch schlimmer werden zu lassen. Der Herr Minister ist darüber schon informiert.

Ein weiteres Positivbeispiel dafür, was Lehrende bewirken – auch das ist einer der As­pekte der Universitätsfinanzierung Neu –, ist: Durch den Bekanntheitsgrad von Profes­sor Sepp Hochreiter, der ein Experte für künstliche Intelligenz und Bioinformatik ist, konnte die Anzahl der Studienanfänger in Informatik innerhalb von zwei Jahren um 35 Prozent gesteigert werden. Solche Koryphäen der Wissenschaft können aber nur durch entsprechend attraktive Forschungsprojekte gehalten werden. Daher gibt es auch weitere Projekte, die das Land Oberösterreich mit Unterstützung des Bundes trägt.

Vielleicht noch ein letzter aktueller Aspekt: 2014 wurde an der JKU Linz die Medizini­sche Fakultät errichtet, in der jährlich 350 Medizinerinnen und Mediziner ausgebildet werden. Die Ausbildung ist für die Arbeitswelt wichtig und Antwort auf den prognosti­zierten Ärztemangel in ganz Österreich.

Die Universitätsfinanzierung Neu – 11 Milliarden Euro für die kommenden drei Jahre – bietet viele Möglichkeiten – viel Erfolg bei den Verhandlungen! –, damit die Zukunft un­seres Landes zu unserem Wohle gestaltet wird. (Beifall bei ÖVP und FPÖ sowie des Bundesrates Todt.)

9.26

Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke sehr.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. – Bitte.