18.16.53

Bundesrat Martin Weber (SPÖ, Steiermark): Werte Frau Präsidentin! Werte Frau Staats­sekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim Tagesordnungspunkt 6, dem Sicher­heitspolizeigesetz, sind einige Themenbereiche vermischt worden.

Punkt 1, der Gafferparagraf: Dazu stehen wir voll und ganz. Ich persönlich bin auch auf Facebook aktiv, obwohl mir ein Familienleben nach wie vor wichtig ist – die Frau Fa­milienministerin ist ja jetzt nicht mehr hier –, aber der Social-Media-Bereich hat auch sehr, sehr viele negative Seiten hervorgebracht. Mit der Verbreitung von Smartphones ist das Gafferproblem an Unfall- und Einsatzorten erheblich größer geworden. Handys sind – ja! – nützlich und gut, wenn es darum geht, den Notruf zu betätigen, aber damit zu filmen und zu fotografieren ist in manchen Situationen absolut nicht angemessen.

Die Rettung behauptet, dass sie bei jedem fünften Einsatz mit Schaulustigen konfron­tiert ist und damit auch erhebliche Probleme einhergehen. Ab und zu behindern Schau­lustige sogar die Arbeit der Einsatzkräfte, und das geht absolut gar nicht. Die Wiener Berufsrettung startete gemeinsam mit der Stadt Wien eine entsprechende Kampagne gegen Schaulustige bei Notfalleinsätzen unter dem Titel: Hab Anstand, halt Abstand! Auslöser dafür war ein tödlicher Unfall in Wien-Simmering im Jahr 2017, bei dem die Gafferproblematik leider Gottes ein bis dahin unbekanntes Ausmaß angenommen hat. Seither wird in Sozialen Netzwerken immer wieder darauf aufmerksam gemacht.

Niemand will an einem Unfallort fotografiert oder gar gefilmt werden oder möchte sich später in Sozialen Netzwerken wiederfinden. Dabei geht es um die Privatsphäre der Patienten und Patientinnen. – In diese Richtung geht zum Beispiel ein Appell des Lei­ters der Wiener Berufsrettung Rainer Gottwald, der an die Vernunft der Menschen ap­pelliert.

Es ist wichtig, dass die Menschen hinsehen, ja, und, wie gesagt, mit dem Handy auch den Notruf wählen und – noch besser – auch selbst Erste Hilfe leisten. Sind die Profis am Unfallort eingetroffen, sind die Profis am Werk, so heißt es aber: Platz machen und nicht im Weg stehen! Hab Anstand, halt Abstand! – das funktioniert in anderen Situa­tionen des Lebens, wie zum Beispiel am Bankschalter, ja auch, aber anscheinend kom­men in Ausnahmesituationen die Urgene des Menschen zum Vorschein. Es ist traurig, dass wir heute so ein Gesetz brauchen.

Gemäß dieser Novelle sollen Schaulustige, die Rettungseinsätze behindern, von der Polizei vom Unfallort weggewiesen werden können, insbesondere wenn Personen durch ihr Verhalten oder ihre Anwesenheit am Ort einer ersten allgemeinen oder sons­tigen Hilfeleistung stören und behindern.

Das ist ein guter Teil in diesem Gesetz, und wir hätten diesen Teil selbstverständlich auch gerne mitgetragen. Es wurde aber wieder einmal – das wurde auch am Dienstag im Innenausschuss besprochen – ein Abänderungsantrag ohne notwendige Begutach­tung eingebracht. Argumentiert wird für die Überwachung an öffentlichen Orten mit völ­kerrechtlichen Verträgen. Es geht im Wesentlichen darum, dass Denkmäler, Kriegsgrä­ber, Kriegsdenkmäler und dergleichen überwacht werden sollen, es geht um personen­bezogene Daten, die gesammelt werden, und es soll Videoaufnahmen geben; das soll auch auf Botschaften und das Botschaftsumfeld ausgedehnt werden.

Entsprechende Fragen an den Innenminister wurden nicht beziehungsweise nicht aus­reichend beantwortet, obwohl es sehr wichtige und natürlich entscheidende Fragen sind: Wo wollen Sie überwachen? Was wollen Sie überwachen? Welche Botschaften wollen Sie überwachen? Was kostet das Ganze? Welcher Personalaufwand steht da­hinter? Welcher Sachaufwand steht dahinter? – Keine einzige dieser Fragen wurde zu unserer Zufriedenheit beantwortet. Es geht dabei um einen Freibrief für die Überwa­chung an öffentlichen Orten, und das geht gar nicht!

Am Dienstag erfuhren wir im Innenausschuss zu unserer Überraschung, dass man auf diesen Teil dieser Gesetzesnovelle, nämlich dass ja viel mehr überwacht und viel mehr gefilmt werden soll, erst mit dem Besuch des russischen Präsidenten, Herrn Putin, auf­merksam gemacht wurde. In manchen Bereichen – zum Beispiel in Deutschland bei der Reeperbahn – mag das wahrscheinlich begründet sein, aber bei einem Freibrief, ohne jegliche Einschränkung, können wir absolut nicht mitgehen.

Dieses Gesetz ist wiederum schwammig formuliert, es ist, wie gesagt, ohne Begutach­tung eingebracht worden; ein weiteres Mal. Man hat beinahe das Gefühl, dass die schwarz-blaue Regierung den Parlamentarismus absolut nicht ernst nimmt. Als Oppo­sition hat man fast das Gefühl, dass man im Weg steht. Am laufenden Band – Rudi Car­rell hätte damit seine wahre Freude – werden Abänderungsanträge ohne Begutachtung eingebracht, ohne dass sich das Experten ansehen konnten. (Bundesrätin Mühlwerth: Das hat die SPÖ natürlich nie gemacht!) – Nein, natürlich nicht!

Wir können diesem Teil des Gesetzes, daher dem Gesetz im Ganzen, nicht zustim­men, denn es geht um eine weitere Überwachung an öffentlichen Orten, und das soll nicht ohne richtige und ordnungsgemäße Begutachtung das Parlament passieren. Dan­ke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.24

Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke sehr.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Armin Forstner. – Bitte.