20.11.34

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich setze mich natürlich weniger mit dem eigentli­chen Gesetz, dem Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz auseinander. Diese Reform der Vertretungsrechte für Personen mit psychischer Beeinträchtigung ist aus meiner Sicht unstrittig.

Es hat eine breite Diskussion im Nationalrat zum Gesetzesbeschluss zum § 716 ASVG geführt, mit dem ein Ausgabenstopp für Sozialversicherungsträger und Hauptverband normiert wird. Dieser Ausgabenstopp betrifft die Themenbereiche Liegenschafts-/Bau­angelegenheiten, Personalbestellungen im gehobenen Dienst sowie Personalaufnah­men und Höherreihungen von Ärzten, Honorarabschlüsse mit Ärzten und sonstigen Gesundheitsdienstleistern. Die Vorgaben werden für den Zeitraum ab Kundmachung bis zum Ablauf des Jahres 2019 festgelegt. Ich mache kein Geheimnis daraus, dass es konfliktfreier gewesen wäre, für diesen Zeitraum Bestimmungen einfach unter einen er­weiterten Genehmigungsvorbehalt der Frau Minister zu stellen, denn es wird genügend Maßnahmen geben, bei denen die individuelle Entscheidung ganz einfach zu einem anderen Ergebnis führen wird. Mir ist auch wichtig, dass dieses Gesetz im Rahmen der Möglichkeiten sinnvoll und zielführend interpretiert wird, denn bei Liegenschafts-/Bau­angelegenheiten sind laufende Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten weiter­hin möglich. Außerdem gibt es die Möglichkeit von Beschlüssen, die zur Abwendung eines drohenden Schadens unbedingt notwendig sind.

Wir wissen, dass Verzögerungen in der Fertigstellung von Gebäuden immer einen wirt­schaftlichen Schaden bedingen, und deshalb werden nach meinem Verständnis Fertig­stellungsarbeiten weiterhin durchgeführt und beschlossen werden. Dafür ein Danke.

Wir haben alle von unserer Gebietskrankenkasse einen Brief bekommen, in dem auf diesen Stopp von Baumaßnahmen hingewiesen wird. Ich bin selbst im Vorstand der Gebietskrankenkasse, wir haben einen sehr guten Kontakt, wir diskutieren das immer wieder aus. Ich habe es heute schon einmal gesagt, ich würde mir wünschen, dass das Klima von Niederösterreich auch in den anderen Bundesländern herrschen würde. Na­türlich hat der Herr Generaldirektor darauf hingewiesen, aber ich muss sagen, dass zum Beispiel das Servicecenter in Pöchlarn nicht in Gefahr ist. Das wird gebaut. Bei den anderen beschlossenen Baumaßnahmen geht es ganz einfach um Barrierefreiheit, also das müssen wir auch tun, und das wird auch geschehen. Darum habe ich gesagt: Das wird auch gemacht werden.

Vielleicht noch eines: Wenn man sich mit Briefen an eine Personengruppe wendet, ist es immer wichtig, dass alles, was drinnen steht, auch stimmt. Das wird es bei uns nicht spielen, dass es einen Aufnahmestopp geben wird. 50 junge Menschen, die ihr Fe­rialpraktikum bei der Gebietskrankenkasse zugesagt bekommen haben, werden es im August auch machen. Ich möchte das nur in aller Deutlichkeit sagen. Das ist bei uns in Niederösterreich so: Wir haben das gesagt, und sie werden das Praktikum auch ab­solvieren. (Ruf bei der SPÖ: Und die Lehrlinge?)

Die Gebietskrankenkasse hat Lehrlinge, wir haben auch sehr viele integrative Lehrlin­ge. Daran wird sich gar nichts ändern, denn es geht ja einfach um die Höhergestellten. Ich denke, dass unsere Ministerin alles unternehmen wird, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Trägern nicht verunsichert werden, und ich denke auch, dass das gilt, was die Bundesregierung gesagt hat, nämlich dass niemand um seine Be­schäftigung bangen muss.

Die Befristungen für den gehobenen Dienst sind wiederum nicht so problematisch, weil Befristungen in diesem Ausmaß für derartige Jobs nicht ungewöhnlich sind, nicht im öffentlichen Sektor und schon gar nicht in der Privatwirtschaft.

Der zentrale Punkt, an dem man vorsichtig sein muss, sind die Honorarvereinba­rungen. Bisher waren nämlich die Zielsetzungen einer qualitativ hochwertigen Versor­gung und einer nachhaltig ausgeglichenen Gebarung des Trägers, der Krankenversi­cherung bei der Honorarentwicklung gleichwertig zu beachten. Mit der vorliegenden Änderung ist bis zum Ablauf des 31. Dezembers 2019 die nachhaltig ausgeglichene Gebarung gegenüber den Zielen einer qualitativ hochwertigen Versorgung und einer angemessenen Honorarentwicklung vorrangig zu prüfen. Konkret sind Honorarab­schlüsse dann unzulässig, wenn durch sie das Honorarvolumen stärker ansteigt als die prognostizierte Beitragseinnahmenentwicklung des Trägers. Das ist aus rein betriebs­wirtschaftlicher Sicht ein vollkommen legitimes Ziel.

Dieser Passus kann natürlich aus regional- und gesundheitspolitischer Sicht durchaus einige Fragen aufwerfen. Ich erwähne da nur das Problem der ausreichenden Versor­gung mit Landärzten und die Verhandlungen mit den Ländern zur Gesundheitsziel­steuerung. Ich erwarte mir da als Vertreterin der Landespolitik bei Bedarf ganz einfach unmittelbare Gegensteuerung, denn mir ist wie der Bundesregierung eine qualitativ hochwertige Versorgung wichtig, und die wird auch gewährleistet sein.

Entscheidend wird sein, dass sich diese Regelung mit der bereits vereinbarten Harmo­nisierung verträgt. Da müssen noch vielfach Beschlüsse gefasst werden. Ihr kennt die Thematik. Mit positiver Zustimmung der Bundesregierung ist es dem Hauptverband ge­lungen, mit allen Krankenkassen eine Harmonisierung zentraler Leistungen zu verein­baren. Das gemeinsame Ziel war und ist: Alle Versicherten sollen einheitliche Leistun­gen bekommen.

Wenig überraschend wurde im Sinne einer qualitativ hochwertigen Versorgung jeweils auf dem höchsten Niveau harmonisiert, was in Summe österreichweit Kosten von 84 Millionen Euro zusätzlich verursacht. Eine Harmonisierung mit anderen Trägern, vor allem mit den Beamten und Eisenbahnern ist nicht möglich, weil das wesentlich teurer käme. Eine 100-prozentige österreichweite Harmonisierung über alle Träger hinweg würde Mehrkosten von 1 Milliarde Euro pro Jahr verursachen. Das ist ganz einfach nicht finanzierbar.

Im letzten Jahr sind für den Bereich der Krankenkassen schon die Zahlungen für Roll­stühle, Transportkosten, Zahnspangen oder die Zeckenimpfung vereinheitlicht worden. Nun geht es um den letzten Schritt, um die Psycho- und Physiotherapie, Ergotherapie und um Hörgeräte.

Am teuersten kommt die Kassen eine Leistung, die für die meisten neu ist: Kinder zwischen zehn und 18 Jahren erhalten künftig einmal im Jahr eine Mundhygiene beim Zahnarzt, und zwar gratis, und bei einer festsitzenden Zahnspange zweimal im Jahr. Das verursacht Kosten von 30 Millionen Euro. Das ist die teuerste Maßnahme im Zuge der Harmonisierung, das wird aber aus gesundheitspolitischen Gründen getan. Wa­rum? – Weil mehr als 50 Prozent der Kinder in Österreich Karies haben. Bei der Psy­chotherapie steigt der Zuschuss nur leicht auf 28 Euro pro Stunde. Trotzdem soll es in dem Bereich eine wesentliche Verbesserung für die Patienten geben; es soll künftig deutlich mehr Psychotherapeuten mit Kassenvertrag geben.

Derzeit ist die Situation regional stark unterschiedlich. Während in Salzburg 23 Prozent aller Therapien als Sachleistung angeboten werden, also ohne Zuzahlung des Patien­ten, sind es in den anderen Bundesländern nur 5 Prozent. Ab 2020 sollen Therapien in jedem Bundesland zu mindestens 50 Prozent Sachleistung sein.

Das, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, sind alles Maßnahmen, die ich un­eingeschränkt unterstütze, und diese Maßnahmen müssen auch in der vorliegenden Änderung erfasst sein. Auch da wird es bei Bedarf ganz einfach eine Gegensteuerung geben.

Aus all diesen Überlegungen heraus ersuche ich Sie um Zustimmung, ersuche ich euch um Zustimmung zu diesem Gesetz. Gleichzeitig versichere ich, dass ich mich auch im Sinne des Gesagten einsetze. Wir alle haben unsere Funktionen in den Ge­bietskrankenkassen, und auch dort können wir gemeinsam etwas dazu beitragen. – Ich bedanke mich. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

20.20

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste hat sich Frau Bundesminis­tern Mag. Beate Hartinger-Klein zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.