12.42

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Bun­desrates! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Als freiheitlicher Bundesrat begrüße ich den nach eingebrachter Regierungsvorlage gefällten Beschluss des Nationalrates vom 26. September 2018 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Spaltung von Genossenschaften erlas­sen wird und mit dem das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997, das Genossen­schafts­revisionsrechtsänderungsgesetz 1997, das Gesetz über die Erwerbs- und Wirt­schaftsgenossenschaften, das SCE-Gesetz, das Firmenbuchgesetz und das Rechts­pflegergesetz, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Umgründungssteuergesetz und das Bankwesengesetz geändert werden.

Der vorliegende Beschluss des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, dass im Unterschied zu den Kapitalgesellschaften Genossenschaften derzeit nicht die Mög­lichkeit haben, eine Spaltung vorzunehmen, das heißt, ihr Vermögen zur Gänze oder teilweise im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf neue oder bestehende Genossen­schaften zu übertragen. Bedingt durch die bis jetzt limitierten Umgründungsvarianten war die Flexibilität von Genossenschaften eingeschränkt, was im Vergleich zu den Kapitalgesellschaften einen Nachteil darstellte.

Durch die Gesetzesänderung wird die Rechtsform der Genossenschaft insgesamt an Attraktivität gewinnen. Um eine ordnungsgemäße Spaltung einer Genossenschaft durchzuführen, hat ein Revisor vor der Beschlussfassung der Generalversammlung nach den Rechtsvorschriften für Genossenschaften ein schriftliches Gutachten zu erstellen, ob die Spaltung mit den Belangen der Mitglieder und den Belangen der Gläu­biger der an der Spaltung beteiligten Genossenschaften vereinbar ist. Die Spaltung ist nur dann zulässig, wenn ein Revisor in seinem Gutachten bestätigt, dass das allen beteiligten Genossenschaften zugewiesene Vermögen jeweils einen positiven Ver­kehrs­wert hat, der bei den neuen Genossenschaften mindestens der Höhe der dafür gewährten Geschäftsanteile entspricht.

Weiters hat das Gutachten auf die Lebensfähigkeit der neuen Genossenschaften, auf die Gewährleistung der Erfüllung des Förderungsauftrags und im Falle einer nicht ver­hältniswahrenden Spaltung auf das Vorliegen einer angemessenen Eigenkapitalaus­stattung einzugehen. Die Spaltung zur Neugründung ist nur dann zulässig, wenn die Generalversammlung der übertragenden Genossenschaften sie beschließt. Es bedarf einer Mehrheit, die mindestens zwei Drittel der abgegebenen Stimmen umfasst. Der Genossenschaftsvertrag kann eine größere Mehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen.

Vor der Beschlussfassung ist das Gutachten des Revisors zu verlesen. Der Revisor und der Revisionsverband sind berechtigt, an der Generalversammlung beratend teilzunehmen. Spricht sich der Revisor aus einem der Gründe des § 5 Abs. 1 oder Abs. 2 Z 1 bis 3 gegen die Spaltung aus, so bedarf der Beschluss einer Mehrheit, die mindestens zwei Drittel der abgegebenen Stimmen in zwei mit einem Abstand von mindestens einem Monat aufeinanderfolgenden Generalversammlungen umfasst.

Werden die Anteile der neuen Genossenschaften den Mitgliedern der übertragenden Genossenschaften nicht im Verhältnis zugeteilt, das ihrer Beteiligung an der übertra­genden Genossenschaft entspricht, so bedarf der Beschluss folgender Mehrheiten: einer Mehrheit von neun Zehnteln der insgesamt abgegebenen Stimmen; einer Mehr­heit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen jener Mitglieder, die laut Spaltungs­plan der übertragenden Genossenschaft zugeordnet sind, sofern diese fortbesteht; in Bezug auf jede der neuen Genossenschaften einer Mehrheit von zwei Dritteln der ab­ge­gebenen Stimmen jener Mitglieder, die laut Spaltungsplan dieser Genossenschaft zugeordnet sind.

Jedes Mitglied, das einer nicht verhältniswahrenden Spaltung nicht zugestimmt hat, kann durch schriftliche Erklärung seine Mitgliedschaft oder einzelne Geschäftsanteile bei der übertragenden Genossenschaft beziehungsweise bei der neuen Genossen­schaft kündigen oder verlangen, unter Berücksichtigung des vorgesehenen Umtausch­verhältnisses entgegen dem Spaltungsplan mit einem, mehreren oder allen Geschäfts­anteilen Mitglied einer oder mehrerer anderer an der Spaltung beteiligter Genossen­schaften zu werden, sofern es die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in den gewählten Genossenschaften erfüllt.

Das Kündigungsrecht steht jedem Mitglied auch bei einer verhältniswahrenden Spal­tung zu, wenn sich der Revisor gegen die Spaltung ausgesprochen und das betref­fende Mitglied der Spaltung nicht zugestimmt hat.

Kündigt ein Mitglied seine Mitgliedschaft oder einzelne Geschäftsanteile bei der neuen Genossenschaft oder macht es von seinem Wahlrecht Gebrauch, mit einzelnen, mehreren oder allen Geschäftsanteilen Mitglied der übertragenden Genossenschaft zu bleiben, so gelten die Mitgliedschaft oder die Geschäftsanteile bei der neuen Genos­senschaft als nicht erworben; dies ist bei der Eintragung des Ausscheidens in das Register der Mitglieder der neuen Genossenschaft zu vermerken.

Die Ansprüche des kündigenden Mitglieds sind innerhalb von sechs Monaten ab der Kündigung zu befriedigen, die Auszahlung darf jedoch nicht geschehen, bevor die Gläubiger, die sich nach § 18 gemeldet haben, befriedigt oder sichergestellt sind, und überdies nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit der Veröffentlichung nach § 18 Abs. 2.

Sieht der Genossenschaftsvertrag für einzelne Beschlussgegenstände eine Beschluss­mehrheit über die Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen oder ein doppeltes Mehrheitserfordernis vor, so bedarf auch der Spaltungsbeschluss dieser Mehrheiten, es sei denn, dass in den Genossenschaftsverträgen der beteiligten Ge­nossenschaften durch entsprechende Gestaltung der Beschlussmehrheiten die Rechte der Minderheit gewahrt werden.

Mit der Eintragung der Spaltung in das Firmenbuch treten folgende Rechtswirkungen ein: Bei der Aufspaltung erlischt die übertragende Genossenschaft. Bei der Abspaltung werden die im Spaltungsplan vorgesehenen Änderungen des Genossenschafts­ver­trags der übertragenden Genossenschaft wirksam. Darauf ist in der Eintragung hinzu­weisen.

Im Falle einer nicht verhältniswahrenden Abspaltung sind die Mitglieder unverzüglich nach der Eintragung der Spaltung in das Firmenbuch des Sitzes der übertragenden Ge­nossenschaft darüber zu informieren, bei welcher Genossenschaft sie laut Spal­tungsplan Mitglied sind, und von ihrem Wahlrecht in Kenntnis zu setzen. Wer durch die Spaltung in seinem rechtlichen Interesse betroffen wird, kann von jeder der an der Spaltung beteiligten Genossenschaften die Erteilung von Auskünften über die Zuordnung von Vermögensteilen verlangen.

Für die nach diesem Bundesgesetz vom Gericht zu erledigenden Angelegenheiten sind die mit Handelssachen betrauten Gerichtshöfe erster Instanz sachlich zuständig. Örtlich zuständig ist jenes Gericht, in dessen Sprengel die übertragende Genossen­schaft ihren Sitz hat oder hatte. Dieses Gericht ist bei einer Spaltung zur Neugründung auch für die erste Eintragung der neuen Genossenschaft und bei einer Spaltung zur Aufnahme auch für die Eintragung beim übernehmenden Rechtsträger zuständig. Eine besondere Bewilligung ist von der Finanzmarktaufsicht erforderlich.

Auch bei diesem Gesetz beweist die Bundesregierung wieder einmal ganz klar, dass sie die Regierung des Handelns und der Umsetzung ist. Aufgrund der vielen einge­bauten Sicherheitsmechanismen und der zu erwartenden positiven Auswirkungen des neuen Bundesgesetzes werden wir Freiheitlichen keinen Einspruch gegen den Be­schluss des Nationalrates erheben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätIn­nen der ÖVP.)

12.49

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Martin Weber. Ich erteile dieses. – Bitte.