13.54

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte VolksanwältInnen, Frau Brinek, Herr Kräuter! Geschätzte Kolle­gin­nen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Auch ich und meine Fraktion sind der Volksanwaltschaft für diesen Bericht über das Jahr 2017, der uns vorliegt, sehr dankbar. In diesem Bericht, insbesondere im Teil „Präventive Men­schen­rechts­kontrolle“, werden Bereiche des gesellschaftlichen Lebens beleuchtet, die sonst oft auch für uns unterbelichtet wären. Das ist eine sehr wertvolle Arbeit. Es geht dabei speziell um Menschen in besonderen Lebenssituationen, möchte ich jetzt einmal sagen, also in Lebensphasen, in denen man oft nicht voll handlungsfähig ist; diese stehen hier im Fokus.

Da geht es um Menschen – wir haben es schon bei den Vorrednern gehört –, die bei­spielsweise pflegebedürftig, krank sind, die in Haft sind, die außerfamiliär wohnen beziehungsweise leben und so weiter. Für all diese Personengruppen und Einrichtun­gen tragen wir als Staat, als Gesellschaft besondere Verantwortung. Deshalb müssen wir diesen Menschen einen besonderen Schutz garantieren. Frau Brinek hat es ver­gan­genen Dienstag im Ausschuss so formuliert: Schlussendlich geht es um die Ein­haltung der Menschenrechte. Das muss unser oberstes Ziel sein.

Von all den wichtigen Themen, die in diesem Bericht behandelt werden, möchte ich ein spezielles Thema beleuchten, das mir sehr am Herzen liegt und das auch aktuell politisch sehr brisant ist, und zwar den Themenbereich Kinder- und Jugendhilfe. Im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe geht es um jene Kinder und Jugendliche, die nicht das Glück haben, in einer Familie groß werden zu können, wo ihnen alles geboten wird, was man für ein glückliches Aufwachsen, für ein gutes Leben braucht. Diese Kinder brauchen, wie wir heute schon einmal gehört haben, unseren besonderen Schutz, und wir als Gesellschaft, als Staat tragen die Verantwortung dafür.

Nun gibt es ja ein Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz, das wir hier im Parla­ment 2013 miteinander beschlossen haben. Darin wurde vereinbart, dass es ein Bundesrahmengesetz gibt und die Ausführung in den einzelnen Ländern erfolgt. Im Bericht der Volksanwaltschaft wird öfters, in allen Bereichen, beschrieben, dass das auch bedeutet, dass es eigentlich neun verschiedene Ausführungen dieser Bundes­ge­setzgebung gibt und dass es eigentlich, rein praktisch gesprochen, für eine Problem­lage eines Kindes neun verschiedene Lösungen und neun verschiedene Handhabun­gen gibt.

Das Problem dabei ist, dass auch die Qualität unterschiedlich ist, wie mit diesen Prob­lem­lagen, mit diesen Ausgangslagen umgegangen wird, und es eigentlich ein bisschen eine Glückssache ist, in welchem Bundesland ein Kind gerade wohnt oder aufwächst. Das war auch viele Jahre im Bereich Jugendschutz Thema, nämlich dass es da neun verschiedene Varianten gab. Wir haben jetzt viele Jahre hindurch versucht, diesen Jugendschutz wieder einzufangen und zu vereinheitlichen. Das ist auch weitest­gehend, bis auf Oberösterreich, geglückt, und das ist sinnvoll. Das ist leider in der Kinder- und Jugendhilfe noch nicht der Fall.

Die Volksanwaltschaft hat es am Dienstag so formuliert: Jedes Kind muss uns gleich viel wert sein. Auch die Kinderrechtskonvention, die wir ratifiziert haben, besagt, dass kein Kind aufgrund seines Wohnortes benachteiligt werden darf, was aktuell aber der Fall ist. Das heißt also ehrlicherweise auch für das bestehende Bundesgrundsatz­gesetz, dass auch das noch nicht optimal war. Wir haben das auch damals, 2013, so benannt, es ist noch nicht optimal, es war aber damals die aktuell beste Form.

Die Bundeskinder- und -jugendhilfe im Familienministerium und die Länder mit ihrer jeweiligen Kinder- und Jugendhilfe haben in den letzten Jahren sehr gut und sehr konstruktiv kooperiert und immer wieder versucht, die Standards und die Zusam­menarbeit zu verbessern. Es sind sich alle einig, dass es da noch Luft nach oben gibt und dass das auch weiter ausgebaut werden kann.

Noch zwei Zitate aus dem Bericht der Volksanwaltschaft. Das erste: „Einheitliche Aus­bildungsstandards sowie Qualitätsstandards in der Kinder- und Jugendhilfe müssen für ganz Österreich geschaffen werden.“

Und das zweite Zitat, das in dieselbe Kerbe schlägt: „Eine weitergehende Harmonisie­rung der Mindeststandards der Länder für die sozialpädagogische Betreuung von Kindern und Jugendlichen sollte bundesweit angestrebt werden.“

Dem stimmt die ganze Fachszene im Bereich Kinder- und Jugendhilfe zu. Das hat sich in vielen, vielen Stellungnahmen zum aktuellen Gesetz bestätigt.

Ich komme jetzt zu dem, was gerade im Raum steht: Warum ist das gerade ein so dringendes Thema? – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt steht im Raum, dass diese Kinder- und Jugendhilfe, wie wir sie kennen, aus der Bundeszuständigkeit heraus komplett in die Länderverantwortung gehen soll, und zwar all das – nur damit man das weiß – im Rahmen dieses großen Reformpaketes Kompetenzbereinigung. Schlussendlich ist das, was mit der Kinder- und Jugendhilfe geschehen soll, das Gegenteil von dem, was wir jetzt über den Bericht der Volksanwaltschaft und die vielen Stellungnahmen aus den Fachinstitutionen gehört haben.

Minister Moser hat dieser Fachwelt vergangene Woche bei einem Termin, zu dem er eingeladen hat – was sehr geschätzt wurde – und bei dem unter anderem auch die Volksanwaltschaft zugegen war, versprochen, auch in diesem Zusammenhang eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einzuführen. Das wäre nunmehr die vierte Bund-Länder-Arbeitsgruppe: Es gibt eine solche zum Thema Armenwesen, also zur Mindest­siche­rung, eine zum Thema Krankenanstalten und eine zum Thema Energiewesen. Diese nunmehr vierte Arbeitsgruppe zur Kinder- und Jugendhilfe könnte dazu beitragen, beim Thema Schutz von Kindern noch einmal genau nachzuschauen, was diesbezüglich die optimalen Rahmenbedingungen wären. – Ich würde gerne wissen – wir alle warten darauf –, wann diese Arbeitsgruppe einberufen wird und wann sie starten kann.

Noch ein Grund, warum ich auch dafür plädiere, Tempo aus diesem Beschluss zu neh­men: Es gibt im Familienministerium, wie wir wissen, eine Evaluierung zum bestehen­den Kinder- und Jugendhilfegesetz. Das wurde 2013 gemeinsam so beschlossen. Diese Evaluierung liegt vor, ist aber noch nicht veröffentlicht. Ich meine, es würde Sinn machen, wenn dieses Gesetz jetzt auf neue Beine gestellt wird, genau nachzu­schauen, welche Erfahrungen und welche Empfehlungen es im Zusammenhang mit diesem Gesetz gibt.

Das Ziel der Volksanwaltschaft – so habe ich das immer verstanden – ist es, das Leben von Menschen in besonderen Lebenssituationen konkret zu verbessern, und es ist auch das Ziel der Kinder- und Jugendhilfe, das Leben von Kindern in speziellen Lebenssituationen zu verbessern. Ich denke, das muss unser aller Ziel und unser aller Verantwortung als Staat und als Gesellschaft sein. Ich möchte daher an dieser Stelle auch Minister Moser, Ministerin Bogner-Strauß und alle EntscheidungsträgerInnen auf dieser Ebene bitten, zum Wohle und zum Schutz all dieser Kinder hier Verantwortung zu übernehmen und diese Verantwortung nicht abzugeben.

Zum Schluss möchte ich mich bei der Volksanwaltschaft noch einmal herzlich dafür bedanken, dass wir immer mit diesen Informationen versorgt werden, die für uns als Politiker und Politikerinnen so wichtig sind, um alle Menschen im Blick zu behalten, und zwar auch diejenigen, die vielleicht keine so laute Stimme beziehungsweise keine so starke Lobby haben, damit wir in der Politik, im Staat und in der Gesellschaft Verantwortung für all diese Menschen übernehmen können. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Stögmüller.)

14.03

Präsidentin Inge Posch-Gruska: Danke schön.

Ein Hinweis: Frau Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek hat mir gerade gesagt, dass im Aus­schuss von den Mitgliedern Informationen von der Volksanwaltschaft erbeten wurden. Diese Unterlagen wurden mitgebracht und liegen hier vorne, von mir aus ge­sehen rechts, zur freien Entnahme auf. – Ich darf mich recht herzlich bedanken, dass Sie uns das mitgebracht haben! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat David Stögmüller. – Bitte, David.