15.59
Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Werte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Mit dem Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018 steigen wir jetzt in die Tagesordnungspunkte ein, die sich mit umweltrelevanten Gesetzen beschäftigen. Das Ziel der Aarhuskonvention, die Österreich 2005 ratifiziert hat, ist es, den Umweltschutz und somit die Umwelt und die Lebensqualität zu verbessern. Die Konvention hat zum Ziel, Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu erleichtern, sich in umweltrelevanten Bereichen zu beteiligen.
Die Konvention beruht auf drei Säulen, von denen die erste, nämlich der Informationszugang und die Transparenz, bereits umgesetzt ist. Die weiteren zwei Säulen, das heißt die Beteiligung der Öffentlichkeit an Umweltentscheidungen und der Zugang zu Gerichten, sollen jetzt in Umsetzung gehen. So liegt der Schwerpunkt in der Umsetzung natürlich in den konkreten Bestimmungen über die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren.
Frau Minister, die Bemühungen, das jetzt in Umsetzung zu bringen, haben unsere volle Anerkennung, wir sehen aber in der Umsetzung doch einige Problempunkte. Damit stehen wir nicht ganz allein da, das haben ja auch die österreichischen Umweltanwaltschaften so festgehalten.
In diesem Gesetz beschäftigen wir uns mit den drei Bundesmaterien Wasser, Luft und Abfall. In jedem dieser drei Bereiche gibt es einen ganz unterschiedlichen Zugang, wir haben drei Standards. Im Bereich Wasserrecht zum Beispiel kann die Öffentlichkeit – NGOs, Umweltorganisationen, die allerdings auch wieder solche sein müssen, die im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz bereits anerkannt sind – nur dann ins Verfahren eingreifen und beigezogen werden, wenn eine „erhebliche negative Auswirkung“ zu erwarten ist. – Wie wird das Kriterium ausgelegt? Wann ist eine „erhebliche negative Auswirkung“ zu erwarten? Wo ist das geregelt? Oder ist das Ansichtssache? Die Möglichkeit des Opting-in gibt es in diesem Bereich gar nicht, was jedoch sehr wünschenswert wäre.
In allen anderen Fällen steht den anerkannten Umweltorganisationen nur ein nachträgliches gerichtliches Überprüfungsrecht zu. Im Bereich der Abfallwirtschaft zum Beispiel ist es grundsätzlich so, dass es nur das nachträgliche Überprüfungsrecht gibt. Hier gibt es das Opting-in, das heißt die Möglichkeit, dass der Antragsteller eine Umweltorganisation, NGOs, Bürgerinnen und Bürger – also die Öffentlichkeit – zum Verfahren hinzuziehen kann. Ich denke nicht, dass das ausreichend ist.
Es ist auch nicht in allen Bereichen der Rechtsschutz gesichert. Bei Bestimmungen außerhalb des Immissionsschutzgesetzes – Luft, bei denen Rechtsschutz eigentlich gar nicht beansprucht werden kann, sind Unterlassungen und Verordnungen weiterhin ausgeklammert, aber Art. 9 Abs. 3 besagt, dass die Öffentlichkeit alle Verstöße gegen innerstaatliches Umweltrecht anfechten kann.
Es wird jetzt zusätzlich auch die aufschiebende Wirkung von Bescheidbeschwerden im Abfall- und Wasserrecht beschränkt. Es gibt hier doch einige nicht lückenlos geschlossene Bereiche. Die Konvention kommt nicht ganzheitlich zur Umsetzung. Das bringt zusätzliche Rechtsunsicherheit mit sich, und zwar auf beiden Seiten: Rechtsunsicherheit für Umweltorganisationen, für NGOs, für die Öffentlichkeit, Rechtsunsicherheit allerdings auch für die Projektwerber, für die Antragsteller. Dass das den Wirtschaftsstandort stärkt, nehme ich nicht an. Ich gehe davon aus, dass da dann auch mit weiteren Klagen im Verfahren zu rechnen sein wird. (Bundesrat Steiner: Bei der Wirtschaft kennt ihr euch ja auch nicht aus!)
Die Novelle bringt, wie gesagt, keine ganzheitliche Umsetzung des Art. 9 Abs. 3. Es scheint, als ob sie nur das Produkt der Überlegungen wäre, wie man das EU-Vertragsverletzungsverfahren jetzt einmal stoppen kann.
Die Chance, die Konvention gleich ordnungsgemäß umzusetzen, wurde verpasst. Völkerrechtlich bringt das gar nichts. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)
16.05
Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Wagner. Ich erteile es ihr.