BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 73

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Sie sich an, wie postwendend die Parteizentralen aktiv geworden sind, gerade Ihre! Es wurden Plakatsujets entworfen, durch die den Menschen vorgegaukelt wurde, dass die Familienbeihilfe in Länder fließe, die muslimisch geprägt seien, was absolut nicht stimmt. (Bundesrätin Mühlwerth: Ja, das gibt’s auch!)

Ihr Parteiobmann, Vizekanzler Strache, musste sich ja auch in der „ZIB“ dahin gehend verteidigen, dass er solche Unwahrheiten plakativ verbreitet hat, er hat sich da ohnehin nicht verteidigen können. (Ruf bei der FPÖ: Das ist eine Unwahrheit! Das ist Unsinn!) Schauen Sie sich diese Sendung on-demand an, da können Sie das alles nachsehen! Er konnte das nicht rechtfertigen. Sie haben wider besseres Wissen den Menschen vorgaukeln wollen, dass die Empfänger anscheinend hauptsächlich Familien in Län­dern muslimischen Glaubens sind, und den Menschen nicht gesagt, dass hauptsäch­lich Bürgerinnen und Bürger aus den Nachbarstaaten, aus den Visegrád-Staaten hier bei uns tätig sind, um Menschen zu pflegen, um diese wichtigen Arbeiten zu erfüllen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Die bekommen ja dafür bezahlt!)

Natürlich bekommen sie dafür bezahlt, und ich sage auch: teilweise zu wenig. Gerade im Pflegebereich besteht ein großer Bedarf, die Qualitätsstandards nach oben zu jus­tieren und natürlich auch die Arbeitsbedingungen zu verbessern. (Zwischenruf der Bun­desrätin Mühlwerth.– Das nur am Rande bemerkt.

Sie wollen mit dieser Maßnahme offensichtlich politisch punkten, nehmen aber in Kauf, dass Österreich immenser Schaden zugefügt wird. (Rufe bei der FPÖ: Dass Steuer­geld verschenkt wird! Das ist Angstmache!)

Wir haben 50 000 PersonenbetreuerInnen und Pflegekräfte, hauptsächlich Frauen, auf selbstständiger Basis, aber auch in den Pflegeheimen als HeimbetreuerInnen in den verschiedensten Bereichen. Sie pflegen unsere Eltern und Großeltern (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth), leisten großartige Arbeit, weil es auf diesem Gebiet auch zu wenige österreichische Fachkräfte gibt. In anderen Ländern besteht der Bedarf genau­so. (Ruf bei der FPÖ: Für die Missstände in Wien ist die SPÖ zuständig!) Das heißt, es ist auch damit zu rechnen, dass da eine Abwanderungsbewegung eintritt. (Zwischen­rufe bei der FPÖ.)

Abgesehen davon droht noch weiterer Schaden, denn Sie treiben Österreich sehenden Auges in ein Vertragsverletzungsverfahren. Wir haben im Ausschuss auch die europa­politischen Grundlagen diskutiert. Es liegt auf der Hand, dass ein Vertragsverletzungs­verfahren zu erwarten ist. Das hat uns auch der Experte im Ausschuss durchaus in Aussicht gestellt, natürlich mit der gebotenen Vorsicht.

Ich kann Ihnen einige Bestimmungen zitieren, die sicherlich nicht zu ignorieren sein werden, zum Beispiel Artikel 18 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union: Verbot jeglicher Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit.

Es gibt jede Menge Verordnungen, die die Freizügigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer innerhalb der Union betreffen, das Beschäftigungsprinzip, oder eine wei­tere Verordnung aus dem Jahr 2004, die besagt, dass Geldleistungen nicht gekürzt werden dürfen, weil Berechtigte oder Familienangehörige in einem anderen Mitglied­staat wohnen. Hier werden also jede Menge Bestimmungen einfach ignoriert.

Ebenso gilt das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Es wurde erst jüngst wieder durch die Entsenderichtlinie bestätigt und gilt natürlich auch für Beitrags­zahlungen und Beihilfen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber tragen in gleicher Höhe zu Steuern, Abgaben und Sozialversicherung bei, erhalten künftig aber nicht die gleichen Beiträge, nicht die gleiche Leistung. – Das ist unionswidrig!

Dies kommt von jenen Parteien, die sich immer wieder, insbesondere im Zuge der Ratspräsidentschaft, als glühende Europäer, glühende Europäerinnen in die Öffentlich-


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