BundesratStenographisches Protokoll885. Sitzung, 885. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2018 / Seite 84

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Die Familienbeihilfe soll einen Teil von erhöhten Lebenshaltungskosten abdecken. – Ich bleibe einmal bei den Dingen, worin wir uns einig sind. Ich glaube, wir sind uns da­rin einig, dass die Familienbeihilfe eine Sozialleistung und kein Gehaltsbestandteil ist. Und ich glaube, wir sind uns darin einig, dass der Hausverstand sagt, dass 100 Euro in Ungarn einen anderen Wert haben als 100 Euro in Österreich und 100 Euro in Belgien und dass man 100 Euro für Kinder in Ungarn ganz anders einsetzen kann. Ich bleibe beim Beispiel meiner Kollegin: Die Ungarn bezahlen 39 Euro, wir zahlen jetzt dann 100 Euro – das ist noch immer das Zweieinhalbfache! Wir zahlen nach Belgien mehr, denn in Belgien sind die Lebenshaltungskosten höher. Ich glaube, dass das ein euro­päisches Thema ist, dass das eine neue Gerechtigkeit in Europa zustande bringen wird.

Ich darf auch noch zum Thema Pflegenotstand, Betreuungsnotstand – wie auch immer es genannt wird – vielleicht ein, zwei Aspekte anführen. Unsere Familienministerin hat es gesagt: 75 Prozent der Pflegerinnen sind über 50 Jahre alt. Man kann sich auch wieder mit ein bisschen Hausverstand ausrechnen, wie viele davon Familienbeihilfe er­halten, nämlich an die 25 Prozent. Ich möchte aber auch anmerken, dass eine Pfle­gerin in Ungarn 700 Euro und eine Pflegerin in Österreich um die 2 000 Euro verdient. Dafür gibt es Lohndumpinggesetze, dafür gibt es ganz andere gesetzliche Richtlinien, die das regeln. Da geht es nicht um eine Sozialleistung.

Ich möchte schon anführen – und schließe mich da unserer Familienministerin an, die ist mir da zuvorgekommen –, dass es mir wirklich immer ein großes Anliegen ist, dass wir als Politikerinnen und als Politiker die Verantwortung haben, Bürgerinnen und Bür­ger zu begleiten, sie zu unterstützen, ihre Rechte zu stärken, sich für ihre Anliegen ein­zusetzen. Unser Job ist es nicht, Angst zu machen! Unser Job ist es doch nicht, Panik vor der Zukunft zu machen, unser Job ist es doch nicht, alles schlechtzureden, was ak­tuell passiert!

Der letzte Punkt: die Europarechtswidrigkeit dieses Gesetzes. Auch dazu darf ich kurz noch etwas sagen, auch wenn es eine Wiederholung ist; ich verstehe nicht, was so schwer daran zu verstehen ist. David, du kannst schon den Kopf schütteln, aber was ist so schwer daran zu verstehen? (Bundesrat Stögmüller: Du warst im Ausschuss gar nicht dabei!) – Lass mich doch einmal ausreden!

Die Europäische Kommission war es – das wurde heute schon zwei Mal angespro­chen, einmal von Juliane und einmal von Elisabeth –, die Europäische Kommission war es, die den Briten eine Indexierung der Familienbeihilfe vorgeschlagen hat. Alle Regie­rungsspitzen von allen EU-Ländern haben damals zugestimmt. Innerhalb der EU wer­den auch die Beamtengehälter an das ortsübliche Niveau angepasst. Diäten bei Dienstreisen werden aufgrund der Herkunftsländer nach verschiedenen Kriterien be­rechnet. Wenn selbst innerhalb von Europa solche Regelungen gelten, dann kann man doch jetzt nicht sagen – wie hast du gesagt? –, das ist eine Schande, wie die öster­reichische Politik da vorgeht! (Bundesrat Stögmüller: Ist es!)

Wenn es in Europa diese Indexierung schon gibt, dann, bitte, seien wir uns doch einig darin – ich sage es noch einmal –, dass 100 Euro in Ungarn und 100 Euro in Belgien und 100 Euro in Österreich einen unterschiedlichen Wert haben und dass diese Sozial­leistung an die jeweiligen Lebenshaltungskosten angepasst werden soll.

Abschließend: Ich darf die Kolleginnen und Kollegen wirklich bitten und dazu einladen, die Parteibrille abzunehmen (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling) und dem Haus­verstand mit der Zustimmung zu diesem Gesetz eine Chance zu geben. Wir werden diese Initiative selbstverständlich unterstützen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ. – Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Ich darf jetzt noch folgenden Entschließungsantrag einbringen:

 


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