12.10

Bundesrat Dr. Peter Raggl (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Bundesratskolleginnen und -kollegen! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Wir sprechen heute über den Grünen Bericht beziehungs­weise über den Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 2018.

Mittlerweile handelt es sich um den 59. Bericht seit Bestehen des Landwirtschaftsge­setzes, und dieser Bericht stellt auf 256 Seiten das umfangreichste Nachschlagewerk für den Agrarsektor in Österreich dar. Dieser Bericht ist daher die Entscheidungsgrund­lage für die Politik und auch eine wesentliche Faktengrundlage, auf der man auch auf­bauen kann, wenn es darum geht, wie sich unsere Landwirtschaft zukünftig entwickeln muss.

Vorab möchte ich gerne an unsere Frau Bundesminister und ihre Mitarbeiter ein gro­ßes Dankeschön für die Erstellung des Berichtes richten. Zudem muss man gleich­zeitig wissen: Auch die Landwirte leisten einen großen Beitrag zu diesem Bericht. Nicht weniger als 2 000 freiwillig Buch führende Landwirte liefern die Betriebsergebnisse ein, damit dieser Überblick geschaffen werden kann.

Was ist die Kernaussage dieses Berichts? – Es ist dies die grundsätzlich sehr erfreuli­che Aussage, dass das durchschnittliche Einkommen je Betrieb im Jahr 2017 um 14 Prozent auf 31 133 Euro gestiegen ist. Bezogen auf den Arbeitseinsatz entspricht dies im Durchschnitt 23 408 Euro je betriebliche Arbeitskraft.

Das ist, wie gesagt, sehr erfreulich. Zurückgeführt wird diese Einkommenssteigerung auf bessere Erzeugerpreise bei Milch, Getreide und auf bessere Ernten im Obst- und Weinbau. Gott sei Dank war das möglich, denn es liegen sehr, sehr schwierige Jahre hinter uns!

Die Freude über den Einkommenszuwachs wird aber durchaus auch ein wenig einge­schränkt, weil wir feststellen müssen, dass wir immer noch hinter den Einkommens­ergebnissen von 2011 oder 2012 zurückliegen.

Eine zusätzliche Einschränkung meiner Freude über das positive Ergebnis liegt auch darin begründet, dass sich das Einkommensplus leider nicht in allen Betriebssparten in gleicher Höhe niederschlägt. Gerade in dem Bundesland, aus dem ich komme, aber auch in den benachbarten Bundesländern mit vielen Bergbauernbetrieben müssen wir feststellen, dass genau Betriebe in den höchsten Erschwernisstufen gar keinen bezie­hungsweise nur einen wesentlich geringeren Einkommenszuwachs zu verzeichnen ha­ben.

In Tirol liegen nach den Auswertungen des aktuellen Berichtes die Einkünfte je Berg­bauernbetriebsarbeitskraft bei knapp 15 000 Euro. Damit liegen wir leider um 8 000 Eu­ro unter dem Bundesschnitt. Gerade diese Betriebe haben - - (Bundesrat Schabhüttl: Wer ist daran schuld?) – Ich komme nachher noch zu Kollegen Schabhüttl, denn wir haben auch schon im Ausschuss diskutiert. – Gerade die Bergbauernbetriebe haben die größten Wettbewerbsnachteile und sind eben auf diese öffentlichen Ausgleichszah­lungen angewiesen. Zukünftig müssen wir diesbezüglich unbedingt nachschärfen, wenn man erreichen will, dass diese Betriebe ihre Bewirtschaftung aufrechterhalten.

Kollege Schabhüttl! Wir haben schon im Ausschuss diskutiert, und du wirst ja auch un­mittelbar nach mir sprechen.

Die Zahlungen an die Bauern – das müssen wir jetzt festhalten – sind keine Subven­tionen oder Förderungen, sondern das sind Ausgleichszahlungen, weil unsere Landwir­te zum einen nicht mit der EU-Agrarlandwirtschaft und intensiven Massenproduktionen konkurrieren können und weil unsere Landwirte zum anderen viele Aufgaben über­nehmen, die sie auch im öffentlichen Interesse erbringen. Daher wehre ich mich wirk­lich gegen jede Neiddebatte! (Zwischenruf des Bundesrates Schabhüttl.)

Du hast im Ausschuss gesagt, dass ein Gastwirt aus deinem Freundeskreis gesagt hat, dass man eigentlich Bauer werden müsste, weil diese alles gefördert bekom­men. – Dagegen wehre ich mich im Namen unserer Landwirte wirklich aufs Äußerste! Wie ich nämlich schon gesagt habe, müssen gewisse Dinge ausgeglichen, aber auch abgegolten werden.

Ich habe auch schon eine Studie erwähnt, die aktuell in Tirol zu dem Thema gemacht wurde, was die Bewirtschaftung der Tiroler Almen im Sinne des Katastrophenschutzes monetär bringt. – Diese Auswertung hat ergeben, dass allein in einem Jahr die Bewirt­schaftung der Tiroler Almen einen Wert von 64 Millionen Euro in dem Sinne erbringt, dass man keine Wildbach- und Lawinenverbauungsmaßnahmen vornehmen muss be­ziehungsweise dass man dadurch auch Schäden verhindert.

Was sind zusätzliche Aufgaben im öffentlichen Interesse, die unsere Landwirtschaft übernimmt? – Zum einen ist es der Erhalt der Ernährungssouveränität. Man glaubt ja, dass es im Supermarkt alles zu kaufen gibt. Es ist aber, glaube ich, nicht immer selbst­verständlich, dass wir uns tatsächlich selber versorgen können, vor allem wenn viel­leicht einmal die Zeiten schlechter sein sollten, wenn ich auch hoffe, dass das nicht der Fall sein wird!

Zudem übernehmen unsere Landwirte, glaube ich, eine ganz wesentliche Aufgabe im Sinne der Belebung der ländlichen Räume und der Erhaltung und Schaffung von Ar­beitsplätzen in den peripheren Regionen. Zudem schaffen unsere Landwirte auch durchaus die Grundlage für einen funktionierenden Tourismus in unseren Talschaften. Unsere Landwirte schaffen gepflegte Landschaften, die wir Einheimische, aber auch die Touristen gleichermaßen genießen dürfen. Schauen Sie sich beispielsweise nicht bewirtschaftete Landschaften beziehungsweise Talschaften in Norditalien oder Frank­reich an! Dort gibt es noch ein paar alte Leute und sonst nichts – keinen Handwerker, keine Betriebe und vor allem auch keine jungen Leute. Schauen Sie sich das einmal an!

Der Grüne Bericht soll, wie bereits erwähnt, Faktengrundlage für Entscheidungsträger sein, damit sie wissen, was die Landwirtschaft zukünftig braucht. Wenn wir uns jetzt den Grünen Bericht anschauen, dann sehen wir: Wir brauchen in erster Linie stabile Finanzen. Jegliche Kürzung der Agrarhaushalte auf EU-Ebene, Bundes- und Landes­ebene bringt unweigerlich weitere Betriebsaufgaben mit sich. Die Bewirtschafter tun sich, sollten Abgeltungen wegfallen, die Arbeit eines 12- oder 14-Stunden-Tages an 365 Tagen im Jahr nicht mehr an, wenn die Rahmenbedingungen nicht passen. Das kann man ihnen nicht verübeln!

In diesem Zusammenhang, liebe Frau Bundesminister, stehen die Vorzeichen aber nicht besonders gut, wie man sieht, wenn man sich den EU-Agrarhaushalt bezie­hungsweise den vorgestellten mehrjährigen Finanzrahmen ansieht. Dieser sieht vor allem unverhältnismäßige Kürzungen im Bereich der zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik vor. Darin enthalten sind vor allem unsere so wichtigen Umweltprogramme, die Bergbauernförderung und auch die Investitionsförderung.

Im Hinblick darauf folgte zwar schon massive Kritik des EU-Rechnungshofes, weil die Gesellschaft genau diese Dinge wie Bergbauernförderung beziehungsweise Umwelt­förderung will, aber der gemeinsame Agrarhaushalt vorsieht, dass da gekürzt und bei Flächenzahlungen mehr bezahlt wird. Im Hinblick darauf bitte ich die Frau Bundesmi­nister, aber auch unseren Kanzler und unseren Finanzminister wirklich um vollen Ein­satz bei den Verhandlungen, wenn es um die Finanzen der EU vor allem im Rahmen der Landwirtschaft geht!

Was brauchen wir außerdem noch in der Landwirtschaft? – Wir brauchen zusätzliche Wertschätzung für unsere regionalen Produkte. Das hat jeder von uns in der Hand, in­dem er beim Einkauf auf regionale Produkte zurückgreift. Wir brauchen aber vor allem auch eine bessere Partnerschaft mit dem Tourismus. In diesem Bereich geschieht sehr viel Positives, das muss man wirklich festhalten, aber es gibt noch Luft nach oben da­hin gehend, dass man sich gegenseitig stützt.

Es braucht auch zusätzliche Anreize für unsere Junglandwirte, insbesondere im Inves­titions- und Bildungsbereich. In diesem Zusammenhang darf ich mich als Tiroler beson­ders für den Ausbau des Bildungs- und Forschungszentrums in Rotholz bei unserer Bundesministerin bedanken. – Wir haben vorhin über das Bundesämtergesetz und über mögliche Verlagerungen gesprochen. Das wäre auch ein idealer Standort für die Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen. Ich glaube, diesbezüglich hätten wir die Kompetenz und auch gut ausgebildete Leute vor Ort.

Abschließend möchte ich sagen, dass ich wirklich hoffe, dass sich diese positive Preis­entwicklung in den nächsten Jahren fortsetzt. Das brauchen unsere Landwirte! Wenn wir uns allerdings das heurige Jahr 2018 mit den vielen Katastrophen und dem Schäd­lingsbefall ansehen, dann befürchte ich, dass wir nächstes Jahr hier stehen werden und nicht so positiv werden resümieren dürfen. Ich bin aber zuversichtlich, dass die Wertschätzung für die Leistungen und die Produkte unserer Bauern insgesamt steigt und damit auch bessere Einkünfte zu erwarten sind. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

12.20

Vizepräsident Ewald Lindinger: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Jürgen Schab­hüttl. – Ich erteile es ihm.