14.23

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Mi­nisterin! Kolleginnen und Kollegen! Gleich vorweg: Wir werden dieser 15a-Vereinba­rung heute zustimmen, denn schließlich warten alle Bundesländer und vor allem auch die Gemeinden auf diese Finanzierungszusage für die elementare Bildung unserer Kin­der. Immerhin ist ja schon quasi Jahresende. Wie wir wissen, beginnt ein Kindergar­tenjahr bereits im September. Das heißt, es ist jetzt wirklich höchste Zeit, dass diese Finanzierungszusage kommt.

Das Zustandekommen dieser 15a-Vereinbarung war ja einigermaßen kurios. Zuerst wurden Kürzungen angekündigt, dann sind doch dieselben Mittel wie in den letzten Jahren auch zur Verfügung gestellt worden, diesmal für einen längeren Zeitraum, was wir auch begrüßen, weil das etwas Planungssicherheit schafft.

Dass man in diesen Bereich, in die elementare Bildung unserer Kinder weitaus mehr Mittel investieren müsste, um das ganze Potenzial der Elementarbildung zu heben, da stimmen wir, glaube ich, alle überein. Ich möchte an ein paar Beispielen verdeutlichen, was in diesem Bereich so dringend auf einen Schub, auf eine Innovation warten würde.

Vielleicht vorweg: Ich bin als Vorsitzende der Kinderfreunde in der Donaustadt für 24 Kindergärten und Horte zuständig und mache immer um den Jahreswechsel einen Besuch bei allen Leiterinnen dieser Einrichtungen, um zu hören, wo im Alltag der Schuh drückt und was gerade aktuell ist. Was ich zurzeit immer wieder höre, ist einer­seits Begeisterung und Dankbarkeit, dass die Elementarbildung endlich den Stel­lenwert in der politischen Debatte bekommt, den man sich schon so viele Jahre erhofft hat. Sie sagen: Endlich erkennt ihr den Wert unserer Arbeit! – Und gleichzeitig sagen sie: Wo bleibt die Ernsthaftigkeit? Wo bleibt die Honorierung dessen, was wir tun, und die Anerkennung, dass wir dafür ordentliche Rahmenbedingungen brauchen?

Ich möchte das noch mit einer Langzeitstudie aus England untermauern. Eine For­scherin, Kathy Sylva, hat Folgendes gezeigt: Sie hat über 15 Jahre Kinder begleitet, die unterschiedlich lange in unterschiedlichen elementarpädagogischen Einrichtungen waren. Folgendes ist sehr klar geworden: Der Erfolg der Elementarbildung ist dann be­sonders groß und nachhaltig auf die Bildungskarriere eines Menschen wirksam, wenn die Qualität der Einrichtung passt, wenn die Kinder diese Einrichtung einige Jahre be­suchen und wenn sie die Möglichkeit haben, mehrere Stunden am Tag in dieser Ein­richtung zu sein, weil die pädagogische Arbeit nur dann gut gelingen kann.

Da muss man jetzt ehrlicherweise sagen, dass mit der vorliegenden 15a-Vereinbarung eine Chance verpasst worden ist. Ich möchte aber konstruktiv sein, in die Zukunft bli­cken und auffordern, dass wir daran gemeinsam arbeiten. Was den wirklichen Unter­schied im pädagogischen Setting machen würde, ist die Änderung des Betreuungs­schlüssels, die Änderung der Gruppengröße, sprich: Wie viele Kinder hat eine Päda­gogin, ein Pädagoge tatsächlich zu bilden, zu betreuen, zu begleiten. Ich weiß, und das ist schlussendlich auch der springende Punkt, das ist eine Frage der Finanzierung, denn das kostet natürlich mehr. Ich weiß auch, dass das der Hemmschuh ist. Ich sage nur: Für die Zukunft sind das die Schrauben, an denen wir miteinander dringend dre­hen sollten.

Ein nächster Punkt sind die Rahmenbedingungen für die PädagogInnen selbst. Aktuell steht eine Elementarpädagogin im Kindergartenbereich – nicht in der Krippe – manch­mal mit 25 Kindern in einer Gruppe. Da ist zwar noch eine Assistentin dabei, aber wohl niemand von uns möchte tauschen und würde es jeden Tag lustig finden, mit 25 Kin­dern, die in diesem Alter natürlich äußerst unterschiedlich sind, all die Anforderungen an Pflege, an Bildungsangebote, die man setzen möchte, gut umzusetzen. Auch das spielt natürlich wieder in diesen Betreuungsschlüssel hinein.

Die PädagogInnen fragen mich zurzeit auch immer wieder: Was bedeutet denn dieser 12-Stunden-Tag für uns als Einrichtung? Bedeutet das, dass wir auch 12 Stunden offen haben müssen? Bedeutet das, dass wir diesen Kindergarten von 6 bis 18 Uhr offen halten müssen? Ehrlich gesagt sind da die Fahrzeiten der Eltern vom Arbeitsplatz zur Kinderbetreuungseinrichtung, um das Kind abzuholen, noch nicht dabei. Und be­deutet das für mich als Elementarpädagogin dann, dass ich noch länger brauche, weil ich dann mein Kind erst nach 14 Stunden wieder abholen kann? Diese Fragen sind also tatsächlich akut, und wir können noch nicht genau abschätzen, was diese Flexi­bilisierung der Arbeitszeit für unsere elementarpädagogischen Einrichtungen bedeutet. (Bundesrat Längle: Deswegen gibt es ja die Arbeitszeitflexibilisierung!)

Ein weiteres Thema ist die Sprachförderung. Wir alle wissen, dass es in diesem Be­reich natürlich mehr Mittel bräuchte, um dem Bedarf gerecht zu werden. Alle Prakti­kerInnen wissen, dass das eine Arbeit ist, die ganz stark individuell erfolgen muss, weil die Kinder auf sehr unterschiedlichem Niveau sind und man das natürlich nur mit sehr individueller Zuwendung ausgleichen und anheben kann. Durch die Verzögerung der Verhandlungen im Sommer war es in manchen Bundesländern tatsächlich so, dass die FörderpädagogInnen, die oft befristet angestellt sind, ihren Vertrag nicht verlängert bekommen haben, weil nicht klar war, wie das im Herbst weitergehen wird. Die haben sich dann nach anderen Stellen umgeschaut, und es ist tatsächlich so, dass jetzt in manchen Bundesländern für diesen Jahrgang SprachförderInnen und Sprachförderpä­dagogInnen fehlen, was natürlich bedauerlich ist.

Ein anderes Thema, das die PädagogInnen sehr bewegt, ist die Elternarbeit, die immer intensiver wird. Dadurch, dass man der Elementarpädagogik immer mehr Aufgaben zuschreibt, ist die Notwendigkeit, die Eltern als BildungspartnerInnen ins Boot zu holen, natürlich gestiegen. Diese Elternarbeit braucht aber Zeit, und die ist in der Stundenta­belle einer Pädagogin oft nicht abgebildet. Das passiert oft nur so zwischen Tür und Angel, schnell, schnell, wenn das Kind abgeholt wird; da kann man aber nur schwer ernsthafte Gespräche führen. Es braucht auch eine Qualifizierung, man muss sich als 18-jährige Absolventin einer Bafep zutrauen, solche Gespräche zu führen, ernsthafte Themen anzusprechen. Das müssten wir in die Ausbildung der ElementarpädagogIn­nen und bei einer Anstellung auch in die Stundentabellen einplanen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Warum macht ihr das nicht dort, wo ihr alles in der Hand habt? In Wien passiert das alles nicht!)

Es gäbe noch mehrere Themen, und das Schöne ist, dass sich in der Elementarbil­dung auch die Sozialpartner eigentlich sehr, sehr einig sind. Es gibt einen gemeinsa­men Maßnahmenkatalog der Industriellenvereinigung und der Arbeiterkammer, der Ge­werkschaft und so weiter, weil allen klar ist, was es in diesem Bereich braucht. Da sind alle diese Forderungen beschrieben. Da gehört dann noch die tertiäre Ausbildung für gruppenführende PädagogInnen dazu und so weiter.

Ich möchte noch ein Wort zum Wertekatalog verlieren, weil ich auch dazu gefragt habe. Ich war mit dem Katalog unterwegs und habe gefragt: Was haltet ihr von diesem Katalog? – Die Rückmeldung war, dass eigentlich alle Dinge, die dort grob skizziert sind, ohnedies schon seit 2009 im Bildungsrahmenplan beschrieben sind. Der steht in den Einrichtungen als Grundlage zur Verfügung, und auf dieser Grundlage wird gear­beitet. Insofern ist das also durch ein anderes Dokument bereits abgedeckt.

Was das Kopftuch betrifft, habe ich nachgefragt – die Kinderfreunde haben österreich­weit ungefähr 200 Einrichtungen –: Wir haben kein einziges Kind, das ein Kopftuch trägt. (Bundesrat Steiner: Darum geht’s ja nicht!) So wie dieses Thema medial dar­gestellt wird, habe ich insgesamt das Gefühl, dass anscheinend ein großes Problem zur Lösung ansteht, ohne dass man jemals die Fakten oder Zahlen erhoben hat, um welche Größenordnungen, um welche Zahlen es dabei eigentlich geht. (Bundesrat Steiner: Es geht nicht um eure Sozikindergärten, sondern vor allem um die öffentli­chen Kindergärten!) Ein Problem so zu lösen halte ich für reichlich unseriös, aber damit halte ich mich nicht so sehr auf, weil ich den großen Raum, den das Thema einnimmt, nicht für gerechtfertigt halte.

Was wir in diesem Land für unsere Kinder wirklich brauchen würden, wäre ein einheitli­ches Bundesrahmengesetz, das für alle Einrichtungen, die gefördert werden, gilt, eine einheitliche Qualität der Ausbildung, der Öffnungszeiten, beim Betreuungsschlüssel. Ich finde, das könnten wir in den nächsten Monaten gemeinsam angehen. Da die Fi­nanzierung geklärt ist, sollte man sich auf die Inhalte konzentrieren und damit dann hoffentlich einen großen Sprung nach vorne in unserer Bildungslandschaft machen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

14.33

Präsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Rosa Ecker. – Bitte.