16.11

Bundesrat Michael Wanner (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätztes Plenum! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier und zu Hause! Der gegenständliche Gesetzestext, der Beschluss des Nationalrates zur Ände­rung des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes (Bundesrätin Mühlwerth: Arbeits­marktpolitik-Finanzierungsgesetz! Ein schwieriges Wort!) – es ist ein schwieriges Wort, ja, danke für die Hilfe! –, soll heute im Bundesrat abgesegnet werden.

Dieses Gesetz korrigiert an und für sich ein im Frühjahr beschlossenes Gesetz und zielt darauf ab, dass zumindest in zwei Bereichen – bei den Lehrlingen und bei den freiwillig versicherten Selbständigen – die Beiträge gesenkt werden.

Schauen wir uns die Lehrlinge an! Die Senkung bei der Arbeitslosenversicherung für Lehrlinge, die 1 506 Euro bis 1 696 Euro Lehrlingsentschädigung bekommen, wird von 3 auf 2 Prozent herabgesetzt, und das bei einer relativ kleinen, überschaubaren Grup­pe. Es ist aber trotzdem eine gute Sache, denn Lehrlingen, die ihren Lehrvertrag seit 31. Dezember 2015 haben, kommt diese Herabsetzung zugute. Wir finden, dass dieser Schritt ein richtiger ist, denn Menschen, die wenig Einkommen haben und in Ausbil­dung sind, sollen gefördert und unterstützt werden.

Der zweite Teile ist die Senkung der Beiträge für freiwillig versicherte Selbständige. Da wird der Beitrag von 6 auf 3 Prozent reduziert. Das ist in diesem Bereich eine Ent­lastung von 538 Euro im Jahr, und das rückwirkend ab Mitte des Jahres. Da heißt es jetzt schon, ein bisschen genauer hineinzuschauen, denn es wird immer kolportiert: Ja, das kommt Kleinverdienern zugute, das kommt Firmenstartern, Firmengründern zu­gute! Es kommt aber auch den Gut- und Besserverdienenden zugute, die ebenfalls diesen Bonus beziehungsweise diese Beitragssenkung bekommen. Das geht in Rich­tung Okkasion. Es ist keine kostenfreie freiwillige Versicherung, aber es ist schon eine gewaltige Okkasion. Das halten wir nicht für sozial gerecht und schon gar nicht für so­zial treffsicher.

Wer muss jetzt diesen Ausfall von circa 320 000 Euro (Bundesrat Rösch: Esoteriker, das ist sozial super!) stemmen und finanzieren? – Es sind wieder einmal die Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer, denn dieser Vorschlag hat weder eine Gegenfinanzierung noch einen Gegenfinanzierungsvorschlag. Es ist, milde gesagt, für freiwillig versicherte Selbständige ein Rabatt in der Versicherung. (Bundesrat Rösch: Jetzt ist es ein rich­tiger Blödsinn! 160 000 bei 8 ...! Zwischenruf bei der ÖVP.)

In Wahrheit ist es aber der Griff in die Geldbörse der Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer und die Umverteilung von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu den Selbständigen. (Zwischenruf des Bundesrates Bader.– Ist so! Da könnt ihr schon jammern, ihr beschließt es ja. Es ist Klientelpolitik, so wie es die ÖVP immer gesagt hat, aber dass die ÖVP da mitgeht und wieder einmal den Arbeitnehmerinnen und Ar­beitnehmern eines auswischt, das verstehe ich überhaupt nicht. Ich verstehe es nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Fakt ist, dass der Arbeitsmarktförderung Mittel in beträchtlicher Höhe abhandenkom­men, und das in Zeiten, wo man zwar gute Arbeitsmarktzahlen hat, aber doch Ausbil­dung und Qualifikation in den Vordergrund stellen sollte. (Bundesrat Bader: Um wie viel geht es da?) – In dem Fall geht es um 320 000 Euro pro Jahr, aber das ist ja keine Summe. Kollege Seeber hat heute schon bei einem anderen Thema gesagt, dass in Österreich Fachkräftemangel herrscht und dass das auch die Wirtschaft so sieht. Für mich geht es völlig daneben, wenn ich dann auch noch mitkriege, dass Fachkräftesti­pendien gekürzt werden, Mittel für sozialökonomische Betriebe gekürzt werden und (Bundesrätin Ecker: Wo wird gekürzt?) bei der Lehrlingsausbildung im Rahmen über­betrieblicher Ausbildung gekürzt wird. Also da verstehe ich die FPÖ jetzt überhaupt nicht. (Bundesrätin Ecker: Ich verstehe es auch nicht!)

Um gut ausgebildete Arbeitskräfte zu bekommen, braucht es nicht nur eine klasse Aus­bildung und Geld, sondern es braucht auch gute Arbeitsbedingungen. Es braucht eine gute Bezahlung und eine verträgliche Arbeitszeit, dass man solche Fachkräfte be­kommt. Regionale Mangelberufslisten dürfen nicht dazu führen, dass sich die Gehalts­schraube immer weiter nach unten dreht. Die Verringerung von Mindestentgelten darf nicht zum Lohndumping führen, daher fordern wir eine ausreichende Finanzierung der Arbeitsmarktförderung.

Wir Sozialdemokraten könnten bei dem einen Teil mitgehen, leider geht das bei uns im Bundesrat nicht, im Nationalrat war es möglich, deswegen können wir dem gesamten Verhandlungsgegenstand nicht zustimmen. Die Okkasion bei den Beiträgen ist ein Griff in das Geldbörserl der Arbeitnehmer und kann von uns nicht mitgetragen werden. (Bei­fall bei der SPÖ.)

16.18

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Rosa Ecker. Ich erteile es ihr.