15.08

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Lieber David Stögmüller! Diese Kompetenz­bereini­gung ist deshalb erst heute hier im Plenum, weil gerade die SPÖ im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe große Sorgen hatte und diese Zeit genutzt wurde, um die Qualitätsstandards zu sichern (Bundesrat Stögmüller: ... sichern!) – warte einmal! –, um Ungleichheiten auszutarieren und vor allem den Missstand bei den Jugendlichen im Alter von 18 plus anzupacken.

Du hast auch gesagt, jedes Kind vom Bodensee bis zum Neusiedler See ist gleich. – Ja, und jedes Kind und jeder Jugendliche in Österreich verdient den gleichen Schutz. Das ist klar! Was wir allerdings hier haben, ist, dass wir, um diese Dinge klarzustellen, von denen du hier vom Rednerpult aus gesprochen hast, in den letzten Wochen und Monaten die Notbremse gezogen haben, um genau das zu garantieren und sicherzustellen.

Heute in der Früh hast du mit deinen Einwendungen gegen die Tagesordnung einen ausführlichen Debattenbeitrag dazu abgegeben, aber irgendwie dürftest du vergessen haben, dass es gerade Inge Posch-Gruska, unsere Präsidentin, war (Bundesrat Stögmüller: Da ist es nur um ... gegangen!), die hier eine parlamentarische Enquete zum Thema „Kinder- und Jugendhilfe quo vadis?“ abgehalten hat.

Die Dokumentation darüber liegt auf allen Tischen. Ich glaube, das ist eine sehr gewissenhafte und gewissensvolle Wahrnehmung der Verantwortung – das dazu. (Beifall bei der SPÖ.)

Ja, es ist auf Tirolerisch oder Wienerisch gesagt, patschert, dass die Frau Familien­ministerin die Evaluierung heute ausschickt. Im Nationalrat wurde diesbezüglich extra noch ein Antrag gestellt, der nicht einmal, soviel ich weiß, die Mehrheit gefunden hat. Warum kommt sie heute? – Sie kommt nicht heute, weil heute im Bundesrat die definitive Beschlussfassung stattfindet, sondern sie kommt heute, weil morgen Winterbeginn ist und die Zusage war, im Herbst kommt die Evaluierung. Also heute ist der letzte Tag des Herbstes. (Bundesrat Bader: Also eingehalten!) Das ist im Sinne eines seriösen Arbeitens - - (Bundesrätin Schulz: Passt!) – Na was heißt passt? Frau Kollegin, für Sie passt das möglicherweise, dass Sie das heute Vormittag in der Post gefunden haben, ich finde, das ist keine seriöse Vorgangsweise, und vor allem keine seriöse Vorgangsweise, wenn jemand ein Gesetz, eine Kompetenzbereinigung unter­stützt und bei den Verhandlungen über die Zweidrittelmehrheit vorher die Notbremse gezogen hat. Also da wäre schon ein bisschen seriöse parlamentarische und politische Arbeit, vor allem seriöse legislative Arbeit, angebracht. Das ist ein Minimum dessen, was wir von uns gegenseitig einfordern können.

Wir sind für eine moderne Kompetenzbereinigung, nämlich dass klar ist, da ist die Auf­gabenverantwortung und da ist die Ergebnisverantwortung, und nicht, dass irgendwie alles gesplittet ist, denn dann geht es normalerweise so aus, dass sich niemand dafür verantwortlich fühlt. Wir sagen, ein klarer Föderalismus ist ein moderner Föderalismus. Frau Neurauter hat hier ganz depressiv gesprochen. (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Nein! Nein!) Nein, ich war auch im - - (Bundesrat Bader: Da haben Sie eine Wahr­nehmungsstörung!) – Okay, sie hat kein Licht am Ende des Tunnels gesehen. Ich kann nur sagen, ich war auch im Konvent. 1985 haben wir die UVS geschaffen, 2012 haben wir die Verwaltungsgerichtshöfe geschaffen. Herr Moser weiß das – er war auch im Kon­vent, federführend sogar –, dass das alles Punkte waren, die wir dort schon besprochen haben, und natürlich haben wir den Artikel 12 diskutiert, des Langen und des Breiten. Hier ist auch die klare Stellungnahme der SPÖ: Der Artikel 12 muss weg!

Es sind aber noch immer Dinge drinnen. Ich möchte nur daran erinnern, dass wir im Artikel 12 zum Beispiel noch immer die Kompetenztatbestände Elektrizitätswesen, Armenwesen, Heil- und Pflegeanstalten haben. (Bundesrat Bader: Das hat der Herr Minister klar gesagt! – Bundesrat Stögmüller: Das sind die großen Brocken!) Ja, das sind die großen Brocken, und dann gibt es noch viele kleinere Brocken. Aber es ist, glaube ich, ganz wichtig, dass jetzt schon ein Teil der Regelungen vorhanden war; manches war totes Recht, muss man auch dazusagen. Da werden Sie mir sicher nicht widersprechen, Herr Bundesminister, wenn ich sage, dass da einige Punkte totes Recht waren.

Klar ist, dass wir heute in drei Bereichen klären, was gehört zum Bund, was zum Land. Zum Beispiel ist die Bevölkerungspolitik Bundessache, das ist heute damit definitiv geklärt. Auch die Einrichtung von außergerichtlichen Vermittlungen ist Bundessache, weil das zur Gerichtsbarkeit gehört, und Arbeitsrecht ist Bundesangelegenheit. Das sind jetzt einmal klargestellte Bereiche. Für die Länder ist völlig klar, dass zum Beispiel ein völlig veraltetes Gesetz, das wahrscheinlich mit dem Krieg zusammenhängt und die Enteignung für Pflegestätten ermöglicht, wenn man ganz viele Leute hat, die tuber­kulös oder kriegsversehrt sind, jetzt weg ist.

Allerdings geht jetzt die Mutterschafts-, Säuglings- und Jugendfürsorge, die wir jetzt schon diskutiert haben, in die Länderkompetenz über. Ebenfalls den Ländern über­tragen wird der Bereich der Kurorte und Kuranstalten. Natürliche Heilvorkommen, die Bodenreform, bitte, das ist eine Grundsatzkompetenz der Länder und das soll auch so sein, ebenso der Schutz von Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge. Da haben wir ja im EU-Ausschuss die Gelbe Karte gezeigt, nach einem sehr seltsamen Versuch der Kommission, bei den Schädlingen überall alles gleich zu regulieren, von Lissabon bis Helsinki. Was ein Schädling dort ist, muss nicht ein Schädling da sein. Ich glaube, das haben wir hier sehr gut so erledigt.

Ja, David, es gibt natürlich Einwände aus der Praxis. Wir haben sie uns angehört. Wir haben eine Enquete gemacht, haben uns diese Einwände aus der Praxis angehört und in die Verhandlungen um die Zweidrittelmehrheit eingebracht. (Bundesrat Stögmüller: Aber die 15a-Vereinbarung, die ist schlecht!) Die 15a-Vereinbarung als Instrument gibt es seit 1974. In vielen Bereichen hat eine 15a-Vereinbarung auch vieles gebracht, und der Bundesrat hat hier gemeinsam mit den Ländern auch ganz gute Erfolge gezeitigt.

Aber unbestritten bleibt, unberührt davon, was wir tun und wie jetzt die Kompetenzen und Aufgaben der Länder sind: Das hat nichts mit der UN-Kinderrechtskonvention, nichts mit der Lanzarote-Konvention und nichts mit dem Bundesverfassungsgesetz Kinderrechte zu tun. Das sind Instrumente, Schutzinstrumente, an die sich die Länder genauso zu halten haben wie der Bund.

Dass deswegen Kinder in Gefahr geraten – also da nehme ich jetzt die Länder in Schutz. (Bundesrat Stögmüller: Dann musst du den Volksanwaltschaftsbericht lesen!) Ich denke, dass so wie der Bund auch die Länder alles tun werden, um ihren Aufgaben hier gerecht zu werden. Seit wir das Kinder- und Jugendhilfegesetz haben, seit 2013, wurden 50 000 Kinder unterstützt, es wurden die Kinder- und Jugendanwaltschaften eingerichtet. Das wird auch alles so weitergehen, denn so ist es vereinbart. Eine Zwei­drittelmaterie ist keine Dutzendmaterie, eine Zweidrittelmehrheit ist kein Blankoscheck, und ich nehme an, dass bei der Umsetzung das nicht vergessen wird, was wir hier vereinbart haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.17

Vizepräsident Ewald Lindinger: Herr Bundesrat Mag. Dr. Michael Raml ist zu Wort gemeldet. Ich erteile dieses.