12.38

Bundesrat Jürgen Schabhüttl (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Geschätzte Zusehe­rInnen hier und zu Hause! Ich repliziere noch ein bisschen auf meinen Vorredner. (Bundesrat Rösch: Das ehrt mich!) – Das glaube ich nicht, dass Sie das ehren wird. Ich glaube, Sie haben noch nie in Ihrem Leben eine Biomasseanlage gesehen, ge­schweige denn dass Sie eine angeschaut hätten oder drinnen gewesen wären. Ihre Rede reicht nicht einmal fürs letzte Faschingskabarett in einem kleinen Dorf, also das war unterste Schiene. (Bundesrat Seeber: Was soll diese Herabwürdigung eines klei­nen Dorfes? – Ruf: ... das war eine fachlich profunde Analyse! – Allgemeine Heiter­keit.) – Ja, fachlich profund ist gut!

Ich möchte eines gleich vorweg feststellen: Wir haben jetzt sehr viele Pros und Kontras gehört, und es steht jeder Partei frei, hier ihre Meinung anzubringen, und es steht auch jeder Partei frei, andere Zugänge zu haben. Eines müssen Sie aber zur Kenntnis neh­men (Bundesrätin Mühlwerth: Müssen tun wir gar nichts!): Die SPÖ ist für eine Bio­masseförderung. Sie müssen das einfach zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die SPÖ sagt Ja zu einer nachvollziehbaren, transparenten Förderpolitik, das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Das vorliegende Ökostromgesetz der Regierung ist eine Ge­fahr für die österreichischen und für die burgenländischen – wo ich herkomme – Bio­masseanlagen, für deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Unsere Devise lautet ganz einfach: transparentes Gesetz statt Blankoscheck. (Beifall bei der SPÖ. – Bun­desrat Seeber: Da stimme ich Ihnen eh zu, dann passt’s eh! – Ruf bei der FPÖ: In Wien ist nix transparent bei der SPÖ!)

In den letzten Tagen und Wochen wurde von der ÖVP alles versucht, Druck, im Spe­ziellen auf die SPÖ-Bundesräte, auszuüben und diesen Druck so groß werden zu las­sen, dass wir heute dieses Stückwerk von Gesetz, dieses intransparente Gesetz befür­worten oder mitunterstützen sollen; ich kann dem hier nur eine Abfuhr erteilen, das wird nicht geschehen.

Ich möchte ein Beispiel bringen, mit welchen Methoden da gearbeitet wurde. Ich habe hier (ein Schriftstück in die Höhe haltend) eine Aussendung der ÖVP Burgenland mit. (Bundesrat Rösch: Was wollt ihr denn, entweder das oder das?!) Da stehen nament­lich Frau Bundesrätin Posch-Gruska und ich ganz oben drauf, das Schreiben ist an uns gerichtet. Es ist ein offener Brief, der an alle Medien ausgeschickt wurde. (Bundesrätin Posch-Gruska: ... lesen können!) Da stehen so viele Unwahrheiten drauf, das ist un­wahrscheinlich! (Ruf: Von wem ist das?) – Von der ÖVP-Burgenland.

Wenn da draufsteht, dass wir 500 Arbeitsplätze im Burgenland gefährden – vier Anla­gen sind betroffen –, dann muss man sagen, diese Arbeitsplatzzahlen sind völlig aus der Luft gegriffen. Wenn hier drinnen steht, dass Atomstrom statt Ökostrom kommt, dass 52 777 Haushalte in Zukunft keinen Ökostrom beziehen, dann muss man sagen, Kollege Rösch hat ja vorhin mit dem Burgenland das beste Beispiel gebracht. Das Bur­genland deckt 150 Prozent seines Strombedarfs mit erneuerbaren Energieträgern selbst ab (Bundesrat Rösch: ... 24 Stunden!), und dass dann 52 777 Haushalte keinen Ökostrom beziehen können, diese Aussage ist schon ein starkes Stück und das glaubt Ihnen keiner. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Rösch.)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas – das hat mich am meisten getroffen –: Hier (das Schriftstück erneut in die Höhe haltend) steht: Wir, die SPÖ, unterstützen nicht die Ein­kommensschwachen, die befreit werden sollen. Wissen Sie, was da drinnen steht? – Wir sind verantwortlich dafür (Zwischenruf bei der FPÖ) – hören Sie zu! –, dass diese um 80 Euro umfallen. Jeder von uns, hoffe ich, weiß, dass die Deckelung bei 20 Euro liegt und wir dafür einstehen, dass diese einkommensschwachen Menschen auch in Zukunft per Gesetz befreit werden. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Na, stimmts mit!)

Ich sage es ganz offen und ganz ehrlich: Mit Lügen und Unwahrheiten (Bundesrat Rösch: Hallo, hallo! – weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ) Politik zu machen wie in diesem Fall – ich kann es dokumentieren – ist sehr, sehr schäbig vonseiten der ÖVP. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Schulz: Na, so geht das nicht! – Ruf: Nimm das zurück! – Bundesrat Seeber: Das sind Tatsachen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, die Aussendung, das war eine Tatsache.

Wenn solche Schreiben in Umlauf gebracht werden, die einem dann persönlich unter die Nase gehalten werden, wenn sie per E-Mail kommen, dann muss man darauf re­agieren. Ich habe darauf reagiert und ich sage Ihnen, wie: Ich habe bei den zustän­digen Bezirksgeschäftsstellen der ÖVP angerufen, habe dort meine Telefonnummer hinterlegt und habe gesagt: Mit solchen Aktionen könnt ihr mich nicht beeindrucken, aber wenn es der zuständige Bezirksobmann richtig ernst meint, könnte er mich jeder­zeit anrufen und könnte jederzeit mit mir ein Gespräch führen! Was glauben Sie, wie viele Anrufe ich bekommen habe? (Bundesrat Brunner: ... nicht, hoffentlich!) – Null, keinen Anruf, kein persönliches Gespräch, nur Propaganda; kein Gespräch, kein ein­ziges! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Es wäre ein müßiges Gespräch!)

Eines sage ich Ihnen gleich: Wir werden Sie heute mit den Stimmen der SPÖ an den Verhandlungstisch zwingen, wir werden heute der Garant dafür sein, dass die Biomas­se in Zukunft den Stellenwert bekommt, den sie braucht. Wir werden heute mit unseren SPÖ-Stimmen sicherstellen, dass die Biomassebetreiber, die Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter und auch die Stromkunden in Zukunft Klarheit darüber haben, wie der Weg in den nächsten Jahren weitergeht, und wir von der SPÖ werden uns für ein gutes, nach­haltiges Gesetz einsetzen, die Anlagen nicht zusperren, sondern retten und die Ar­beitsplätze sichern. Das werden wir heute machen. (Beifall bei der SPÖ.)

In Wirklichkeit ist die SPÖ noch nie gegen Fördermaßnahmen für Ökostrom gewesen, sie wird es auch in Zukunft nicht sein, sondern wir sind gegen politische Willkür und gegen Intransparenz. Wir, die SPÖ, wollen eine faire, gerechte, nachhaltige Lösung für alle erneuerbaren Energieträger auch schon mit Blick Richtung 2030. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen zusätzlich eine faire Lösung für die Betriebe und die damit verbundenen Arbeitsplätze und natürlich auch für die Stromkundinnen und -kunden. Wissen Sie, was mich so sicher macht, dass das, was wir heute machen, der richtige Weg ist und dass der Weg, den die Regierungsparteien und die Frau Bundesministerin eingeschlagen haben, der falsche Weg ist? – Das waren ganz einfach die vielen Besuche in den Bio­masseanlagen und die vielen Kontakte mit den Biomassebetreibern und den Mitarbei­tern in den letzten Tagen und Wochen. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Was mir dort als Erstes attestiert worden ist: Ich war bis jetzt der einzige Politiker, der sich darum gekümmert hat, der bei ihnen in den Anlagen aufgetaucht ist, der mit ihnen gesprochen hat und sie gefragt hat, was sie davon halten und welche Rahmenbedin­gungen sie in Zukunft brauchen. (Beifall bei der SPÖ.) Während meine burgenländi­sche Kollegin hier im Bundesrat gefakte Presseaussendungen ausgeschickt hat, habe ich mich mit den Betroffenen auseinandergesetzt. – So schaut Politik für Menschen aus! (Beifall bei der SPÖ.)

Was ist bei diesen vielen Gesprächen herausgekommen? – Ich kann es Ihnen sagen: Die Betreiber sind unisono mit den vorgelegten Lösungen absolut nicht zufrieden. Sie wissen zum Teil selber nicht, wie es mit dem Gesetz weitergehen soll, wie es mit ihren Anlagen weitergehen soll. Es ist ihnen zu intransparent, und für viele ist es zu wenig Unterstützung zum Weiterleben; und was sie noch gesagt haben: Sie fühlen sich von der ÖVP im Stich gelassen. Es haben mich mehrere Betreiber aufgefordert, heute of­fensiv gegen dieses Gesetz zu stimmen. (Ruf bei der ÖVP: Wer war denn das? – Zwi­schenruf der Bundesrätin Hackl.) Ich zitiere Ihnen sogar einen, das ist nicht irgendje­mand, sondern der Betreiber der viertgrößten Anlage in ganz Österreich. Es ist der Be­treiber der Anlage in Heiligenkreuz im Lafnitztal.

Ich zitiere: Das Gesetz geht an der Wirklichkeit vorbei, ich ersuche Sie, bei der Ab­stimmung gegen dieses Gesetz zu stimmen. – Zitatende. Ich wiederhole: Der Betreiber der viertgrößten Biomasseanlage, jener in Heiligenkreuz, hat mich aufgefordert, offen­siv dagegenzustimmen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Noch vorgestern, geschätzte Kol­leginnen und Kollegen, hat er mir ein Mail geschickt. Ich zitiere auch aus diesem Mail: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Als Kraftwerksbetreiber aus der Praxis möchte ich Sie dringend bitten, dass Sie dem Ökostromgesetz am Donnerstag im Bundesrat Ihre Zu­stimmung verweigern. Nicht nur greift es für eine Übergangsregelung viel zu weit in die geplanten Handlungsspielräume des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes 2020 ein, es ge­fährdet auch den Weiterbetrieb eines großen Teils bestehender Kraftwerke, und damit vernichtet es volkswirtschaftliches Vermögen im Wert von mehreren Hundert Millio­nen. – Zitatende. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Rösch: Ja wenn der Genosse das sagt, muss das passen, oder?! – Ruf: Das ist kein Genosse! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ. – Ruf: Redezeit!) – Ich bin gleich fertig.

Ich sage Ihnen noch etwas: Er war nicht der Einzige, der mich aufgefordert hat dage­genzustimmen (Bundesrat Rösch: Das ist doch ein Schmäh! – weitere Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ), es waren mehrere, nur haben sie sich nicht in die Öffentlichkeit ge­traut, weil sie vielleicht von irgendjemandem abhängig sind; aber es waren mehrere, die mich aufgefordert haben, diesem Gesetz hier nicht zuzustimmen.

Sie haben gefragt, was unsere Bundesräte von der SPÖ wollen. Kollege Novak hat es Ihnen ohnedies schon gesagt, aber ich werde es Ihnen noch einmal sagen: Wir fordern ordentliche Tarife, die im Gesetz festgeschrieben sind. Wir wollen ein abgestuftes För­derungsmodell nach Effizienz, damit wir mehr Anlagen mitnehmen können. Wir fordern eine ordentliche Begutachtung, eine automatische Befreiung von der Ökostromabgabe für alle Menschen mit kleinen Einkommen, die auch GIS-befreit sind, und wir wollen natürlich, dass die Fördernehmer und alles andere, was diesen Fördervollzug betrifft, transparent werden.

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Bitte zum Schluss kommen!

Bundesrat Jürgen Schabhüttl (fortsetzend): Ja, ich bin schon beim Schlusssatz. (Ruf: Gott sei Dank!) Ich habe eine Aufforderung an die Frau Bundesministerin. Sie hat vor­hin gesagt, es sei genug Zeit damit vertan worden und die Sonntagsreden sollten be­endet werden. – Ich werde Sie wörtlich nehmen und fordere Sie auf, dass Sie die Sonntagsreden beenden. Machen wir es gemeinsam!, haben Sie gesagt. – Ich werde Sie wörtlich nehmen und schauen, ob wir es gemeinsam machen können.

Frau Ministerin, Damen und Herren der Regierungsparteien, packen wir es an! Wir ste­hen ab sofort – ich sage: ab sofort – für Verhandlungen bereit. Wenn Sie es ernst mei­nen, können wir zügig ein nachhaltiges und transparentes Gesetz machen. Wir stehen auf jeden Fall zur Verfügung. (Beifall bei der SPÖ. – Die BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ halten erneut die Tafeln mit der Aufschrift „Wer Ökostrom abdreht, dreht Atom­strom auf!“ in die Höhe.)

12.51

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat David Stögmüller. Ich erteile ihm das Wort. (Bundesrat Längle: Was ist mit dem Ordnungsruf?!)