13.39

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass die Frau Bundesministerin heute wieder einmal bei uns zu Gast ist und wir zu einem, glaube ich, sehr spannen­den Thema mit ihr diskutierten können, nämlich den Vorhaben der Europäischen Uni­on, insbesondere hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung.

Warum freue ich mich? – Weil wir diese Diskussion zu einem herausfordernden Zeit­punkt nicht nur für die Europäische Union insgesamt, sondern auch für Österreich ha­ben.

Die Entwicklungen der vergangenen Stunden, insbesondere der jüngsten Nacht, konn­ten in diesem Bericht noch nicht vorhergesehen werden, aber ein Kapitel in diesen Vor­haben der Europäischen Union ist auch dem Thema Brexit gewidmet. Die Entwicklun­gen der vergangenen Nacht haben ja eine neue Lage für den Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union ergeben.

Sie werden über die Medien mitverfolgt haben, dass sich der Rat der 27 gemeinsam mit Großbritannien darauf geeinigt hat, den Austrittstermin auf den 31. Oktober festzu­legen – bekanntermaßen ein Datum, das bei uns auch als Halloweendatum bekannt ist –, dass das Vereinigte Königreich aber jedenfalls – sollte eine politische Meinungs­bildung es vorher ermöglichen – diesen Brexit flexibel gestalten und auch vorher aus­treten kann, dass das Vereinigte Königreich aber jedenfalls mit 1. Juni aus der Europäi­schen Union ausgeschieden ist, wenn es nicht an den europäischen Parlamentswahlen teilnimmt.

Das heißt, wir diskutieren die wirtschaftspolitische Lage und Vorhaben der Europäi­schen Union und der österreichischen Bundesregierung, im Besonderen der Wirt­schaftsministerin, am Vorabend eines möglichen Ausstiegs des Vereinigten König­reichs. Wir diskutieren diesen Bericht im Vorfeld der Entwicklungen des europäischen Budgets. Sie alle wissen, dass der Mehrjährige Finanzrahmen für die Periode 2021 bis 2027 in Diskussion steht, und das ist schwierig zu diskutieren, wenn man nicht weiß, ob diese europäischen Finanzmittel von 28 oder nur von 27 Mitgliedstaaten gespeist werden, insbesondere auch, wenn die inhaltliche Schwerpunktsetzung noch nicht ganz fix ist.

Jedenfalls hat es auch für Österreich und die Österreicherinnen und Österreicher Aus­wirkungen, weil es ja auch um die Umsetzung von Programmen geht. Im Bereich der wirtschaftspolitischen Programme ist es, glaube ich, schon ganz gut, zu wissen, ob mehr in Forschung und Entwicklung oder mehr in die Jugendförderung investiert wer­den wird, Stichwort Programme Erasmus+, wodurch ja auch die Ausbildungsprogram­me und die Mobilität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – insbesondere von den in Lehre befindlichen – entsprechend betroffen sind.

Dieser Bericht wird nicht nur am Vorabend des Brexit diskutiert, sondern ist noch dazu in eine Situation eingebettet, in der sich das allgemeine wirtschaftliche Klima etwas ein­trübt. Was meine ich damit? – Wenn Sie die Prognosen der internationalen Wirt­schaftsforschungsinstitute und der Zentralbanken verfolgen: Die Erwartungen werden sich etwas verflachen, zumindest was den Euroraum betrifft. So gesehen ist es umso wichtiger, dass eine verantwortliche und verantwortungsbewusste Wirtschaftspolitik Ak­zente setzt, um auf der einen Seite den Unternehmen Sicherheit und Stabilität zu sig­nalisieren und auch Rechtssicherheit zu vermitteln, wenn es um internationale Investi­tionen und die Bespielung internationaler Märkte geht, und um auf der anderen Seite sehr proaktiv auf aktuelle Themenstellungen eingehen zu können.

Ich möchte ein paar Schlaglichter auf diesen Bericht setzen und der Frau Bundesmi­nisterin dazu gratulieren, dass es ein sehr umfassender Bericht ist, der auch sehr deut­lich herausarbeitet, was während der österreichischen Ratspräsidentschaft an segens­reichen Initiativen gesetzt worden ist, die nun zu einem großen Teil – sofern sie noch nicht abgeschlossen wurden – von der rumänischen Ratspräsidentschaft fortgesetzt werden. So sind ja auch die Programme der drei Ratspräsidentschaften, also der ak­tuellen rumänischen, der finnischen und der kroatischen, die Grundlage für diesen Be­richt, genauso wie das Arbeitsprogramm der Kommission für 2019 und das Arbeitspro­gramm der rumänischen Ratspräsidentschaft.

Schlaglicht Nummer eins, das ich gerne setzen möchte und das ich schon kurz er­wähnt habe: Wie können diese Programme finanziert werden? – Sofern sie europäi­sche Programme sind, werden sie natürlich aus dem Haushalt der Europäischen Union finanziert, der in Diskussion steht.

Ein Programm, das, glaube ich, insbesondere wenn es um Forschung und Entwicklung geht, von besonderer Relevanz ist, ist das aktuell laufende Programm Horizon 2020, das in der nächsten Programmplanungsperiode, glaube ich, Horizon Europe heißen wird. Das ist ein wesentliches Programm, und zwar auch für viele Forschungseinrich­tungen in Österreich. Ich kann es für mein Heimatbundesland, die Steiermark, sagen: Wir haben in den letzten zwei Jahrzehnten sehr stark auf Forschung und Entwicklung gesetzt, wir haben sehr stark auf die Vernetzung unserer Forschungseinrichtungen in den Universitäten und in den Kompetenzzentren gesetzt, auf der anderen Seite aber auch sehr stark die Vernetzung mit der angewandten Forschung in unserer Industrie und in unserer Wirtschaft insgesamt gefördert.

Everett Rogers, der Vater der amerikanischen Innovationsforschung, hat einmal ge­meint, dass Innovation auf der einen Seite invention, also Erfindungsgeist, ist und auf der anderen Seite aber auch implementation, also die Umsetzung, die Anwendung der Erfindungskraft. In diesem Sinne: Wenn man das ernst nimmt und möchte, dass diese Produkte nicht nur im Laborstadium bleiben, sondern insgesamt dann auch in die Mul­tiplikation kommen und die Chance eröffnet wird, damit auf nationale und internationale Märkte zu gehen, um damit Wertschöpfung für das Land zu generieren, Arbeitsplätze zu sichern und, wenn es geht, neue Arbeitsplätze aufzubauen, dann ist aus diesen Mit­teln heraus ein großer Hebel gegeben.

Ich freue mich sehr, dass das auch das Ministerium und die Europäische Union so se­hen. Ich glaube, das wird, wenn es so umgesetzt wird und wenn tatsächlich mehr Geld in diesen Bereich investiert werden wird, nicht nur heuer, sondern dann auch in der künftigen Programmplanungsperiode Europa insgesamt guttun.

Ähnliches gilt für die Industriestrategie. Es ist schön, dass Europa ein Bekenntnis ab­gegeben hat, dass es sich für eine Reindustrialisierung ausspricht. An den Taten wird Europa gemessen werden, wie es diese Industriestrategie jedenfalls befördert. Es ist ein Ansatz vorgeschlagen worden, den auch Österreich, glaube ich, unterstützt, näm­lich investEU, also in Europa zu investieren. Das ist ein kluger Ansatz, weil es uns eben die Möglichkeit gibt, Wertschöpfung für unser Land zu generieren.

Es ist ein Leibthema der Frau Bundesministerin, Digitalisierung zu befördern. Wir brau­chen heute, glaube ich, nicht über das Digitale Amt zu diskutieren. Ich glaube, es ist auch eine gute Initiative, die Digital Offices in unseren Wirtschaftsbetrieben mit Ver­antwortungsträgern in unserer Verwaltung und in unseren Regierungsbüros zu ver­netzen, um damit auch der Industrie und der Wirtschaft einen möglichen Anker zu ge­ben, wenn es komplexe Themenstellungen gibt – bis hin zur Cybersicherheit –, um der Wirtschaft und damit dem Erhalt beziehungsweise der Schaffung von Arbeitsplätzen auch entsprechend dienlich zu sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, es gäbe zu diesem Bericht noch sehr viel zu sagen. Gestatten Sie mir noch ein Wort zur Außen­wirtschaftsstrategie. Ich freue mich, dass eine sehr ambitionierte Außenwirtschaftsstra­tegie des Ministeriums gemeinsam mit der Außenwirtschaftsorganisation der österrei­chischen Wirtschaftskammern angedacht worden ist. Das ist wichtig, weil es in der Hei­mat Arbeitsplätze absichert, aber gleichzeitig auch die Möglichkeiten eröffnet, mit den Produkten und Dienstleistungen auf internationalen Märkten die Wertschöpfung für die Steiermark und für die österreichischen Bundesländer – damit für Österreich – zu ge­nerieren. Damit werden dann jene Schritte beispielsweise im Bildungsbereich oder auch im Sozialwesen ermöglicht, wie wir sie heute schon diskutiert haben; das Geld muss ja irgendwo hereinkommen und verdient werden, das kann nicht alles nur am Heimmarkt geschehen. Daher ist eine ambitionierte Außenwirtschaftsstrategie, die umgesetzt werden soll, umso wichtiger.

Wir haben auch wiederholt darüber diskutiert, wie wir den Erweiterungsprozess anle­gen wollen. Ich glaube, dass es gut angedacht ist, auch den Ländern Südosteuropas, im Besonderen dem Westbalkan, eine ganz besondere Perspektive aufzuzeigen, und auch mit anderen Ländern der Welt sollen entsprechende Handelsabkommen abgewi­ckelt werden – fair und transparent, wie es im Bericht heißt –, weil es eben positive Wirkungen für das Land bringt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Bundesministerin, danke für diesen ambitionierten Bericht. Mögen möglichst viele der Maßnahmen, die darin angespro­chen worden sind, umgesetzt werden können, und das mit einem Wirkungsgrad von mehr als 100 Prozent! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

13.49

Vizepräsident Hubert Koller, MA: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Doris Hahn zu Wort gemeldet. Ich erteile dieses.