9.03

Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA (ÖVP, Niederösterreich): „Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte.“

„Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere Jugend die Männer von morgen stellt. Unsere Jugend ist unerträglich, unver­antwortlich und entsetzlich anzusehen.“

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Nein, diese Worte stammen nicht von einer Unterhaltung, die ich gerade eben erst aufgeschnappt habe. Ich habe sie auch nicht am Stammtisch oder im Kaffeehaus so gehört. Sie stammen von Sokrates und Aristoteles, sie sind mehrere Tausend Jahre alt, und ich glaube, sie zeigen eines ganz eindrucksvoll: Wenn auch zig Generationen zwischen diesen Zitaten und der heutigen Jugend liegen, die Skepsis gegenüber der jüngeren Generation begleitet uns bis heute. Sie hat sich sozusagen zu einer sicheren Konstante unserer Gesellschaft entwickelt.

In der Wissenschaft wurde bereits vielfach der Frage nachgegangen, warum immer die heutige, die aktuelle Jugend die schlechteste aller Zeiten ist. Die Antwort lässt sich unter einem Begriff subsumieren: Angst.

Der amerikanische Soziologe David Finkelhor hat dafür sogar einen eigenen Begriff geschaffen: die Juvenoia, also die Angst vor der Jugend, aber auch die Angst um die Jugend, denn vielfach geht es auch um die Frage, welchen Effekt soziale Verände­rungen auf unsere Kinder haben werden, und dann wird gerne der Schluss gezogen, dass das schlecht ist und dass es damit auch schlecht um unsere Zukunft steht.

Wie kann man dieser Angst am besten begegnen? – Mit viel Mut und mit aktiven Maß­nahmen, die junge Menschen darin befähigen, zu selbstverantwortlichen, zu eigenstän­digen Menschen heranzuwachsen, und mit Rahmenbedingungen, die junge Menschen bestmöglich dabei unterstützen, diese Phase des Jungseins zu meistern und zu durch­wandern. Kurz zusammengefasst: mit einer aktiven Jugendpolitik. Und deswegen bin ich persönlich als Jüngste hier im Bundesrat (Bundesrat Steiner räuspert sich) sehr dankbar dafür, dass wir heute das Thema Jugendpolitik und die Österreichische Jugendstrategie in den Fokus dieser Aktuellen Stunde stellen und dass unsere Bun­desregierung und vor allem unsere Jugend- und Familienministerin seit Amtsantritt so viele Impulse im Jugendbereich gesetzt hat. – Vielen Dank, liebe Frau Bundesminis­terin! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Bereits im Regierungsprogramm wurde eine klare Zielrichtung für die österreichische Jugendpolitik festgelegt. Es geht um Jugendpolitik als Politik für Jugendliche, aber vor allem auch Politik mit Jugendlichen, Jugendpolitik als Querschnittsmaterie durch alle Ressorts und eine neue Österreichische Jugendstrategie, die mit dem Kompetenz­zentrum für Jugend, das direkt im Bundeskanzleramt angesiedelt ist, sozusagen zur Chefsache wird.

Ein erster großer Meilenstein dabei ist im vergangenen Jahr mit der Harmonisierung des Jugendschutzgesetzes gelungen – ein Thema, das uns allen als Ländervertreter, als Länderkammer hier im Parlament wohlbekannt ist. Ausgehend von neun indivi­duellen Ländergesetzen wurde mit dem Beschluss der Landesjugendreferenten im April 2018 eine gemeinsame Vereinbarung festgelegt, und seit April dieses Jahres ist diese Regelung nun auch in allen neun Landesgesetzen verankert. Jugendliche haben damit sozusagen vom Neusiedler See bis zum Bodensee die gleichen Rechte und Pflichten: beim Rauchen mit der Anhebung des Schutzalters auf 18 Jahre, beim Alkohol mit der Differenzierung zwischen 16 und 18 Jahren und sie dürfen in ganz Österreich gleich lange fortgehen.

Vielen Dank an dich, liebe Frau Bundesministerin, du hast dieses Thema sehr aktiv und federführend vorangetrieben und schließlich zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht. Danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Nach der Harmonisierung des Jugendschutzgesetzes steht nun ein weiterer jugend­politischer Meilenstein kurz vor der Umsetzung: die Weiterentwicklung und die Neuaus­richtung der Österreichischen Jugendstrategie. Diese Jugendstrategie gibt es in Öster­reich seit 2012. Diejenigen, die 2012 geboren sind, sind mittlerweile sieben Jahre alt. Sie haben im Herbst einen besonderen Einschnitt in ihrem Leben erfahren, möchte ich sagen, denn sie sind in die Volksschule gekommen, und ich glaube, es ist nur richtig und gut, dass wir auch die siebenjährige Jugendstrategie nun fit für die Zukunft machen und auch da einen Einschnitt machen.

Es geht zum Ersten darum, bestehende Angebote für junge Menschen zu evaluieren und zu optimieren. Das passiert mit einem umfassenden Monitoring, da sind alle Jugendvertreter eingebunden: die Bundesjugendvertretung, die Offene Jugendarbeit, die Österreichischen Jugendinfos, um nur einige zu nennen, die ihr Ohr ganz nahe an den Jugendlichen haben, womöglich auch noch selbst junge Menschen sind und die da kräftig mitreden.

Weiters geht es bei der Neuausrichtung der Österreichischen Jugendstrategie darum, neue Kooperationsfelder sichtbar zu machen. Und dazu – und das ist etwas ganz Besonderes – wird in dieser Bundesregierung erstmals ministeriumsübergreifend gear­beitet. Es werden von jedem Ressort eigene Jugendziele erarbeitet, und diese Jugend­ziele – und das finde ich ganz toll – werden auch einem sogenannten Realitycheck unterzogen, also gemeinsam mit jungen Menschen unter maximaler Einbeziehung der Jungen reflektiert und gegebenenfalls auch angepasst. Vielen Dank dafür, dass wir damit Jugendpolitik wirklich in allen Ressorts und durch alle Politikbereiche so sichtbar so aktiv machen.

Letztlich geht es bei der neuen Jugendstrategie natürlich auch darum, Handlungs­b­edarf aufzuzeigen und ganz konkrete Maßnahmen zu benennen. Diese Maßnahmen werden in vier Handlungsfeldern zusammengefasst: Bildung und Beschäftigung, Be­teili­gung und Engagement, Lebensqualität und Miteinander sowie – das ist der vierte Bereich, der ist neu, und den finde ich ganz wichtig und richtig – Medien und Infor­mation.

Immer online, ständig vor dem Bildschirm, die haben ja verlernt, miteinander zu reden – würden Sokrates und Aristoteles heute leben und würde man sie zitieren, dann wäre es mit diesen Worten.

Tatsache ist, das Medienverhalten junger Menschen hat sich gravierend verändert. Junge Menschen sind oftmals die Ersten, die neue Technologien, die Neue Medien nutzen, die Vorreiter sind, wenn es um die Digitalisierung geht, und die damit – und das ist die Kehrseite, die uns bewusst sein muss – in dieser Phase gleichzeitig auch besonderen Risiken ausgesetzt sind. Dementsprechend muss und wird es ein zen­trales Anliegen für die Zukunft sein, die Medienkompetenz, die digitalen Kompetenzen von Jugendlichen zu stärken, und zwar nicht nur die der Jugendlichen selbst, sondern auch die ihrer Familien, die von Fachpersonen, die mit ihnen in der Jugendarbeit, aber auch im pädagogischen Bereich zusammenarbeiten. Keine Frage, da braucht es gemeinsame Kraftanstrengungen, es braucht gemeinsame Maßnahmen, um Cyber­bullying, um Cybermobbing, um Fake News und Hass im Netz entschieden entgegen­zu­treten.

Das tut unsere Bundesregierung bereits mit sehr vielen Maßnahmen, wie etwa wenn es darum geht, den rechtlichen Rahmen zu setzen. Das, was in der analogen Welt strafbar ist, muss selbstverständlich auch im digitalen Bereich strafbar sein können, zum Beispiel mit dem Gesetz für Sorgfalt und Verantwortung im Netz, besser bekannt als das digitale Vermummungsverbot. Es geht aber auch darum, die Medienkompetenz und die digitale Grundkompetenz zu stärken, wie es mit dem Masterplan für digitale Bildung auch von unserem Bildungsministerium passieren wird. Und es geht darum, mit vielen Partnern in diesem Bereich, mit Experten zusammenzuarbeiten, wie der Plattform Saferinternet, wie der Beratungsstelle gegen Hass im Netz und wie mit vielen anderen mehr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aktive Jugendpolitik bedeutet aber auch, Jugendpolitik auf alle Ebenen zu tragen, auf allen Ebenen zu fördern und zu leben. Ich bin sehr froh – am heutigen Europatag besonders –, dass es unter österreichischem Ratsvorsitz im vergangenen Jahr gelungen ist, die EU-Jugendstrategie zu verab­schieden, mit elf europäischen Jugendzielen, die nicht nur von den Ministern gemein­sam erarbeitet wurden, sondern in deren Erarbeitung 50 000 junge Europäerinnen und Europäer eingebunden waren. Diese Ziele werden jetzt natürlich auch in die Öster­reichi­sche Jugendstrategie einfließen, womit maximale Synergieeffekte genutzt werden.

Jugendpolitik auf alle Ebenen zu tragen geht nicht ohne das Engagement der Länder und das Engagement der Gemeinden. Ich bin sehr dankbar dafür, dass es dies­bezüglich in vielen Bundesländern großartige Initiativen gibt. Ich möchte Niederöster­reich mit der gesetzlichen Verankerung der Jugendgemeinderäte erwähnen. Bei uns in Niederösterreich hat nun jede Gemeinde ihre eigene Drehscheibe zur Jugend vor Ort, zu den örtlichen Vereinen, aber auch zum Landesjugendreferat. Und als Jugendge­mein­derätin bin ich besonders stolz darauf, dass auch meine Heimatgemeinde Maria Enzersdorf kürzlich erst als Jugendpartnergemeinde ausgezeichnet wurde.

40 Prozent aller niederösterreichischen Gemeinden sind solche Jugendpartner­gemein­den. Sie geben damit ein ganz klares Bekenntnis zur Jugend ab, bringen aber vor allem auch große Wertschätzung gegenüber der Arbeit, die in den Jugendvereinen, in den Organisationen vor Ort passiert, zum Ausdruck, denn: Jugendpolitik fängt ganz im Kleinen an. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir mit viel Mut, mit einer aktiven Jugendpolitik in den nächsten Jahren noch sehr viel erreichen werden, und vielleicht gilt einmal das, was Salvador Dalí gesagt hat: „Das größte Übel der heutigen Jugend besteht darin, dass man nicht mehr dazugehört.“ – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

9.12

Präsident Ingo Appé: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile dieses.