9.51

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kollegen und Kolleginnen, Zuseher und Zuseherinnen! Es ist ein seltsamer Titel für diese Aktuelle Stunde. Als ich ihn gelesen habe, habe ich zuerst an einen Scherz geglaubt. Ich nehme ihn auch gerne an, möchte aber zuerst einmal zu Kollegen Buchmann und auch zu meinem Vorredner sagen: Wir sind schon ein Parlament und nicht ein esoterischer Zirkel, der hier irgendwie der Lichtgestalt frönt – das ist sehr seltsam. (Zwischenruf des Bundesrates Köck.)

Zweitens, Kollege Buchmann, was eine Rendi-Wagner/Kickl-Koalition betrifft: Sie wissen, dass das eine Lachnummer ist und dass das nicht stattfindet. In Wirklichkeit macht ihr ja nach wie vor gemeinsame Sache, auch bei unserem Versuch, einen sehr wichtigen Tagesordnungspunkt hier zurückzusetzen und nicht zu präjudizieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Drittens: Ich weiß, dass mein Vorredner ein bisschen etwas mit Landwirtschaft zu tun hat, aber Menschen und Flüchtlinge werden nicht „gehalten“! Das ist ein unentschuld­barer Ausdruck! (Beifall bei der SPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller. – Bundesrat Krusche: Wieso heißt es dann Anhaltezentrum Vordernberg?)

Kommen wir aber zur EU und zu Europa, zum Thema der Aktuellen Stunde: Wir haben das jetzt alles gehört, wie wichtig und wie interessant die nächsten Entscheidungen sind, die auf der Ebene der Europäischen Union getroffen werden. Umso mehr müssen ein selbstbewusstes Parlament, ein Nationalrat und ein Bundesrat, die Interims­regierung und die Übergangsregierung darauf drängen, die Entscheidungen vorher mit dem Parlament zu besprechen.

Hartwig Löger hat gestern in den Interviews gesagt: wir und uns. – Wer ist wir und wer ist uns? Wie hat er diese Position erarbeitet? Hat er das noch telefonisch kurz mit Sebastian Kurz abgesprochen? Dann verstehe ich das Uns, dann verstehe ich auch das Wir. Wenn Frau Merkel aber zu einer Ratssitzung fährt, dann geht sie vorher noch in den Bundestag und stellt sich den Abgeordneten. In der Situation einer Über­gangsregierung und einer Interimsregierung ist es umso notwendiger, diesen Rückhalt im Nationalrat und im Bundesrat zu suchen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bun­desrätInnen Dziedzic und Stögmüller. – Zwischenrufe der BundesrätInnen Eder-Gitschthaler und Köck.) – Ich glaube, Demokratie und Parlamentarismus sind keine falschen Sachen, sondern sie sind genau das, was wir jetzt in dieser Situation brauchen!

Kollege Buchmann, Sie haben ja wieder auf diese tausend unnötigen Regelungen hingewiesen, und Sie waren ja Wirtschaftslandesrat. Was steht denn hinter der Pom­mesverordnung? Dass wir jetzt 27 Typisierungen für Fritteusen in jedem Mitgliedsland durchführen? – Sie wissen ganz genau, dass es nicht darum geht, sondern um die Typisierung von Maschinen. Es ist mehr Bürokratie, wenn ich das in jedem einzelnen Mitgliedsland mache. Deshalb steht genau das auf jeder einzelnen Fritteuse drauf. Das ist auch eine effiziente Vorgangsweise – von den gesundheitlichen Fragen, dass es eine bestimmte Temperatur braucht, um die Gefahr von Krebs zu verhindern, einmal ganz abgesehen.

Monika Mühlwerth, der 70. Geburtstag des Europarates und deine Rede zur Relativie­rung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes (Bundesrätin Mühlwerth: Das sind aber zwei Paar Schuhe, der Europäische Menschenrechtsgerichtshof und der Europäische Gerichtshof!) – ja, du hast den Europäischen Menschrechtsgerichtshof ständig mit dem EuGH vermischt und so weiter, das lassen wir jetzt weg –: Es ist noch nicht sehr lange her, dass Papst Franziskus den Europäischen Menschen­rechts­gerichtshof als das Gewissen Europas bezeichnet hat, und ein Gewissen funktioniert und muss sich nicht nach irgendwelchen nationalen Eigenheiten richten. Ich glaube, der Europäische Menschenrechtsgerichtshof ist einmalig in der Welt und sollte auch so weitergeführt werden. (Bundesrat Krusche: Na und? Sind wir jetzt papsthörig? – Bundesrätin Mühlwerth: Es geht nicht um den Menschenrechtsgerichtshof!)

Interessant in der Rede des Herrn Ministers war noch, dass er Nordmazedonien und die Anstrengungen dort gewürdigt hat. Ich bedanke mich namens der Regierung von Nordmazedonien dafür, weil das, wie Sie wissen, eine sozialdemokratische ist. (Bun­desrätin Mühlwerth: Bist du Regierungssprecher?) Außenminister Kurz hat noch Wahlkampf in Mazedonien für die andere Seite gemacht, die genau das zu verhindern versucht hat, was der Herr Minister jetzt gelobt hat. Das ist auch ein bisschen ein Armutszeugnis gewesen.

Gute Lebensperspektiven in Europa heißt: Das soziale Europa muss funktionieren, das Bildungseuropa, das Forschungseuropa. Es müssen Jobs geschaffen werden, es muss Mobilität, Frauengleichberechtigung geben, fernab von Krieg, und nicht zuletzt muss es ein Europa sein, in dem die Jugend ihre Perspektiven und Entfaltungsmöglichkeiten hat. Das ist die Lebensperspektive, an der wir arbeiten müssen. Was der Begriff „Ord­nung“ und die „Hausverstand“-Werbung einer Supermarktkette dabei sollen, verstehe ich nicht, aber was eine gute Lebensperspektive in Europa ist, verstehen wir alle. (Beifall bei der SPÖ.)

9.57

Präsident Ingo Appé: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Gottfried Sperl. Ich erteile ihm dieses.