11.11

Bundesrat Robert Seeber (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Werter Herr Minister! Ich möchte ein bisschen einen Gegenpol zu meinem Vorredner bilden, der jetzt bei diesem Thema sehr emotional das Chris­tentum bemüht hat. Das, was ich nicht ganz verstehe – muss ich ehrlich sagen –, ist Folgendes: Bei diesem BBU-Errichtungsgesetz geht es um eine Reverstaatlichung. Seit wann die SPÖ gegen eine Verstaatlichung ist, verschließt sich meiner Kenntnis. Ich habe das in den letzten Jahren politisch immer anders wahrgenommen.

Aber abgesehen davon geht es bei diesem BBU-Gesetz um nichts anderes, als dass man eine Maßnahme, die immer von Privaten durchgeführt wurde, jetzt wieder in staatliche Hände legt. Und ich finde, das ist gut, denn wenn es um Flüchtlinge geht, wenn es um Asylanten geht, soll das der Staat finanzieren und auch entsprechend abwickeln. Die BBU, die hier geschaffen wurde – übrigens wurde das bereits im Jahr 2017 unter Rot-Schwarz eingeleitet –, wird also der Garant dafür sein.

Meine Damen und Herren, es geht darum, dass durch diese Gesellschaft die Men­schenrechtsbeobachtung, die Versorgung, die Dolmetscherdienste und die Rechts­be­ratung durchgeführt werden. Diese Experten, die Dolmetscher, die Menschen­rechts­beobachter müssen eine fundierte Ausbildung vorweisen können und sind weisungs­unabhängig und weisungsfrei. Jeder, der da etwas anderes sagt, spricht nicht die Wahrheit. Es ist für mich also ein logischer Schritt, dass man das wieder in staatliche Hände legt.

Ich habe auch die gesellschaftliche Verantwortung, hier in diesem Haus auf das hin­zuweisen, was Österreich weiterhin tun muss – und das gilt jetzt allgemein für alle –: Ich bin der festen Überzeugung, wir müssen den Menschen, die in Österreich wirklich Hilfe brauchen, die Hilfe bieten. Wir brauchen uns da ja nicht zu verstecken, bitte, seien wir ganz ehrlich: Wie viele Flüchtlinge haben wir denn im Vergleich zu unserer Einwohnerzahl aufgenommen? – Überdurchschnittlich viele, das ist statistisch ganz leicht nachweisbar. Wir brauchen uns in Österreich also nichts vorhalten zu lassen. Ich bin der festen Überzeugung, man muss ein wenig aufpassen, dass man in unserem Staat nicht das gesellschaftliche Klima ein bisschen vergiftet (Heiterkeit bei der SPÖ), und ich bin der festen Überzeugung, dass man diesen Fehlentwicklungen in der Flücht­lingspolitik entgegentreten muss. Sebastian Kurz, nur als Beispiel, hat mit der Schließung der Balkanroute diesen Fehlentwicklungen (Bundesrat Novak: Der hat überhaupt nichts damit zu tun!), die es gegeben hat, Rechnung getragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Gestatten Sie mir an dieser Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einen Punkt anzusprechen, der aus meiner Sicht wichtig ist. Ich bin ein Mann der Wirtschaft und für mich ist es moralisch nicht nachvollziehbar, wenn sich gemeinnützige, privatwirt­schaft­lich organisierte Gesellschaften – ich möchte es einmal vornehm ausdrücken – mit die­ser Betreuung von Flüchtlingen sehr schönes Geld verdient haben. (Bundesrätin Grimling: Die Caritas! – Bundesrat Schennach: Die Diakonie!) Ich weiß nicht, ob das im Sinne des Erfinders ist. Glauben Sie, dass das für die Menschen gut ist, wenn sie jetzt als Flüchtling zwei bis drei Jahre durch alle Instanzen gehen, mehrmals abgelehnt werden und dann einen negativen Bescheid bekommen, weil sie kein Bleiberecht haben? Ich weiß nicht, ob das im Sinne des Erfinders ist. Natürlich verdienen private Organi­sationen damit ein Heidengeld. Auch Anwälte verdienen gutes Geld. Nichts gegen Anwälte, aber es kann ja nicht im Sinne des Erfinders sein, dass diese privaten Organi­sationen und Anwälte zwei, drei Jahre damit gutes Geld verdienen. Man soll den Leuten nicht Sand in die Augen streuen. Wenn kein Bleiberecht gerechtfertigt ist, dann – da bin ich der festen Überzeugung – ist es menschenrechtskonformer, wenn man den Menschen auch so bald wie möglich die Wahrheit sagt.

Aus wirtschaftlicher Sicht muss man schon Folgendes auch wissen: Die Firma ORS hat ein Hedgefonds gekauft, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Man hat enorme Gewinne gemacht, man hat Rücklagen gebildet, 2 bis 3 Millionen Euro Gewinn jedes Jahr, dann wollte man diese Firma ORS verkaufen. Ich finde, das ist eine bedenkliche Entwicklung, da ist es allemal besser, wenn das wieder in die Hände des Staates zurückgeht. (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist die berühmte Transparenz der SPÖ!) Das Grundversorgungsgesetz wird ja durch die BBU nicht berührt, auch das möchte ich an dieser Stelle sagen.

Abgesehen davon hat mein Vorgänger und Kollege Karl Bader auch gesagt, es gibt keine negativen Stellungnahmen von den Bundesländern – also auch diese Flanke ist geschlossen, das ist auch vollkommen okay. (Bundesrätin Grimling: Aber nicht die Caritas!) Und du, Kollege Weber, hast gesagt, es gibt Probleme mit der Zeit und das wird alles nicht passen. Ich habe mich bei Experten erkundigt, und soviel ich weiß, gibt es jetzt eine Übergangsregierung, und diese Übergangsregierung kann einen proviso­rischen Geschäftsführer bestellen, kein Problem. Mit 1. Juli des nächsten Jahres kommt es dann zur Gründung. Wenn es da auch noch Probleme gibt, kann das sogar ein Jahr rückverschoben werden. Eine zeitliche Problemstellung kann ich daher nicht erkennen (Bundesrat Weber: Der Bundespräsident!), das ist wirklich herbeigeredet, und dieses Erwirtschaften von Gewinnen durch privatwirtschaftliche Organisationen über Jahre ist meines Erachtens bedenklich. Der Staat ist da der richtige Ansprechpartner. Unterstützt das bitte! – Danke. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

11.18

Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat David Stögmüller. Ich erteile es ihm.